Bundesregierung will Lizenzierungsverfahren einfuehren Personalberater fuerchten um Die schwer erkaempften Pfruende

15.10.1993

MUENCHEN (hk) - Als "Skandal erster Guete" bezeichnet der Bundesverband deutscher Unternehmensberater (BDU) die von der Bundesregierung vorgelegte Novelle zum Arbeitsfoerderungsgesetz (AFG). Unter dem Deckmantel der kuenftigen erleichterten Zulassung privater Dienstleister werde das Monopol zunaechst ausgedehnt, so der Vorwurf, um anschliessend die privaten Vermittler durch die Bundesanstalt zulassen und kontrollieren zu koennen.Im Rahmen des geplanten Bonner Spar- und Konsolidierungsprogramms sollen auch Teile des AFG geaendert werden. Mit einigen Veraenderungen und deren moeglichen Konsequenzen beschaeftigte sich eine Podiumsdiskussion auf dem deutschen Beratertag in Muenchen.Besonders erbost sind die Personalberater laut BDU-Vorstandsmitglied Bernd Blasberg darueber, sich kuenftig der Kontrolle durch die Arbeitsaemter, also des Wettbewerbers, unterwerfen zu sollen. Denn die Neuregelung sieht vor, dass private Vermittler eine Lizenzierung bei der Bundesanstalt fuer Arbeit (BA) beantragen muessen. Um diese zu erteilen, darf das Arbeitsamt Einsicht in die Buecher nehmen sowie die Raeumlichkeiten und die Zuverlaessigkeit des Antragstellers kontrollieren.Bundesanstalt fuer Arbeit ist zu verbuerokratisiert"Die BA kann nicht zugleich Schiedsrichter und Mitspieler sein", meinte in diesem Zusammenhang der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Rainer Haungs. Er plaedierte fuer ein "fruchtbares Zusammenleben" von privater und staatlicher Vermittlung. Letztere sei bereits zu verbuerokratisiert und koenne die Probleme allein nicht loesen. Auf die Frage aus dem Publikum, wie das Gesetz denn zustande kommen konnte, meinte Haungs nur, dass sich fraktionsintern der Bluemsche Fluegel durchgesetzt habe. Der Abgeordnete hofft aber, dass die Vorlage in der entscheidenden Beratung nicht verabschiedet wird."In Wahrheit geht es der Bundesanstalt fuer Arbeit um den Erhalt und die Vergroesserung von Verwaltungsmacht", unterstellt BDU-Mann Blasberg den Nuernbergern. 1000 neue Planstellen fuer Kontrollbeamte seien offenbar wichtiger als die Wahrung der Rechtsordnung.Herbert Pfuhlmann, Praesident des Landesarbeitsamtes Suedbayern, konnte die ganze Aufregung nicht verstehen. In den letzten fuenf Jahren habe er einen einzigen Fall geahndet, bei dem es um Leistungsmissbrauch gegangen sei. Der Beamte meldete aber Zweifel an, ob die privaten Berater Problemgruppen, etwa Langzeitarbeitslose, vermitteln koennten und schloss mit der fuer Berater provokativen Bemerkung: "Sie picken sich doch nur die Rosinen aus dem Kuchen heraus und tragen so eher zu einer hoeheren Fluktuation bei als zu einer Loesung der Arbeitsmarktprobleme." Blasberg wiederum konterte mit der Bemerkung: "Auch der Staat besitzt kein Rezept fuer die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen." In England gebe es Jobagenturen, die sich auf die Vermittlung von Problemgruppen spezialisiert haetten.Blasberg wies auf einen weiteren Punkt hin, der die Arbeit der Berater erschweren wird. Bisher war es so, dass sich die Headhunter im Management-Umfeld tummeln konnten - das war gesetzlich fixiert. Nun aber soll in der AFG-Neufassung dieser Begriff durch den des "leitenden Angestellten" ersetzt werden. "Damit duerfen wir auch keine Spezialisten mehr vermitteln, die von Unternehmen nach wie vor gesucht werden", glaubt Blasberg. Seine Empfehlung an die Kollegen lautet: Keine Lizenzierung zu beantragen, denn "schliesslich sind wir Berater und keine Vermittler".