Portable Mikrocomputer auf dem Weg zum mobilen Netzwerkterminal:

Bundespost steht Ideallösung im Wege

02.09.1983

Das Idealziel jeder mobilen Datenverarbeitung, nämlich das Leistungsspektrum eines stationären Terminalarbeitsplatzes am DV-System zu erreichen. dürfte auf absehbare Zeit Wunschdenken bleiben. Jedoch gewähren die Fertigungstechniken In der Mikroelektronik und die modernen Datenübertragungsverfahren eine mobile Datentechnik, die - richtig genutzt - bereits heute viele Aufgabenstellungen abdeckt. Harry Piel, Geschäftsführer bei Hadakon. Hamburger Datenverarbeitungskontor GmbH. beschreibt den Stand der Entwicklung.

Das Angebot reicht vom simplen Datenerfassungshandgerät für 1000 Mark bis zum portablen Personal Computer oberhalb der Grenze von 10 000 Mark. Dabei zwingt eine Reihe von Handicaps, denen mobile Mikrocomputer unterworfen sind, zur Spezialisierung auf bestimmte Aufgabengebiete. Die oftmals an erster Stelle gestellte Frage nach der freien Programmierbarkeit jedoch ist ein Pseudoproblem. Frei programmierbar sind alle Systeme am Markt - allerdings benötigt man immer ein gesondertes Programmentwicklungssystem. Portables, die mit Hilfe eines Basic-Interpreters direkt programmiert werden können, sind wegen des Speicherbedarfs und der Ausführungsgeschwindigkeit solcher Programme nahezu unbrauchbar.

Energieversorgung zwingt zu Bescheidenheit

Wirklich mobil ist ein Mikrocomputer erst dann, wenn er seinem Benutzer über einen hinreichend langen Zeitraum (Minimum zehn Stunden) netzunabhängig aktiv zur Verfügung stehen kann. Soll der Anwender nicht zum Transportarbeiter für Akupakete werden, ist der weitgehende Verzicht auf mechanische Bauteile zwingende Voraussetzung. Kleindrucker, die nur wenig zu produzieren haben, mögen gerade noch ausreichende Mobilität gewähren. Völlig indiskutabel jedoch sind Speichermedien wie Diskette oder Magnetbandkassette, die für einen sicheren mobilen Betrieb ohnehin zu empfindlich sind. Für die Speicherung von Programmen oder Daten ist der Benutzer fast vollständig auf den Arbeitsspeicher seines Mikrocomputers angewiesen.

Die Speicherchips in moderner CMOS-Technik erreichen heute eine derart hohe Packungsdichte bei minimalem Stromverbrauch, daß die Speicherkapazität problemlos bis 64 KB reichen kann. Neueste Entwicklungen, die zur Zeit jedoch noch nicht in ausreichend großen Stückzahlen verfügbar sind, lassen bei gleichem Platzbedarf 256 KB zu. Berücksichtigt man, daß auch ein mobiler Mikrocomputer ein Betriebssystem benötigt, bleiben selbst bei 64 KB Speicherplatz genügend Kapazitäten für Anwendungsprogramme, kleine Stammdatenbestände und zu erfassende Daten übrig.

Kleinere Speichermöglichkeiten sind nur für spezielle Aufgabenstellungen akzeptabel - etwa einfache Datenerfassung von relativ geringem Volumen oder überwiegend komplexe Rechenarbeiten bei kleinsten Datenvolumina.

Wichtig ist, daß die Speicherzellen auch nach Abschalten des Mobilgerätes mit Strom versorgt werden, damit der Programm- und Dateninhalt erhalten bleibt. Technisch sind Speicherzeiten von mehreren Monaten möglich. Das Umladen von Speicherinhalten etwa auf Magnetbandkassette ist lediglich im halbstationären Betrieb mit Netzanschluß sinnvoll.

Ein mobiler Mikrocomputer darf den Benutzer nicht zum Packesel erniedrigen. Die mobile Kofferschreibmaschine mit DIN-Tastatur mag für einen Zeitungsreporter geeignet sein, für einen Außendiensttechniker, der ohnehin mit Werkzeugen und Ersatzteilen schwer beladen ist, ist ein derartiges Gerät nicht akzeptabel. Was für einen am Tisch beratenden Außendienstmann akzeptabel ist, ist wiederum für den Forstbeamten im Wald unbrauchbar.

Das Gewicht als natürliche Begrenzung

Nicht jeder tragbare Mikrocomputer ist wirklich mobil. Energiebedarf und Gewicht zwingen zu Kompromissen. Anzeigendisplays sind kleiner als richtige Bildschirmgeräte sollten aber 80 Stellen (eine normale Bildschirmzeile) nicht unterschreiten.

Eingabetastaturen sind entweder winzig und nicht handhabbar oder die Geräte sind umständlich groß. Der Ausweg, hinreichend große Tasten zwei- oder gar dreimal mit Symbolen zu belegen, ist wegen der um ständlichen Bedienung zu fehleranfällig. Als Alternative setzt sich eine völlig andersartige Eingabetechnik durch: der Lesestift für Barcodes.

Im Lebensmittelbereich ist das Barcode-Etikett auf der Verpackung auch bei uns bereits Selbstverständlichkeit. Die Regierung der USA gar fordert für jede Belieferung die Auszeichnung mit Barcode. Nahezu jeder Hersteller mobiler Mikrocomputer hat bereits einen Lesestift im Angebot.

Datenaustauch- das Kernproblem

Stromverbrauch und Lesequalität unterscheiden sich allerdings stark, so daß diesem Eingabegerät besonderes Augenmerk zu widmen ist.

Mobil betreibbare Drucker können nur schmale Papierstreifen ausgeben. Der wünschenswerte EDV-gerechte Drucker ist zu groß und verbraucht zuviel Energie. Mit der herkömmlichen Drucktechnik ist keine Alternative sichtbar.

Die wenigsten Anwendungen für mobile Mikrocomputer können ohne die Möglichkeit der Datenfernübertragung auskommen. Aktuelle Programmversionen müssen geladen werden, Stammdatenbestände sind regelmäßig auf den neuesten Stand zu bringen und erfaßte Daten sind zur Weiterbearbeitung auf eine EDV-Anlage zu übertragen.

Die bisherigen DFÜ-Möglichkeiten für mobile Mikrocomputer zwangen zu teilweise abenteuerlichen Krücken-Lösungen wie etwa abnehmbare Arbeitsspeichermoduln, die per Postversand ausgetauscht wurden. Ursache war die einzig mögliche Datenfernübertragung per Telefonleitung und Akustikmuff. Der Muff gestattet die DFÜ lediglich in einer Richtung - vom Mobilgerät zur zentralen Empfangsanlage. Das Laden von Daten und Programmen in den mobilen Mikrocomputer ist nicht möglich. Eine unangenehme Begleiterscheinung ist die Notwendigkeit, einen Datenstrom komplett zur Zentrale zu übermitteln, bevor eine fehlerhafte Übertragung kenntlich gemacht werden kann.

Wie wirtschaftlich sind Akustikkoppler?

Die mangelhafte Qualität der Telefon-Fernleitungen führt entweder zu kostenaufwendigen Mehrfachübertragungen des Datenstromes oder zu programmtechnischen Klimmzügen auf dem Zentralrechner, um die Übertragungsfehler automatisch zu korrigieren.

Seit einiger Zeit kommen für die DFÜ Akustikkoppler zum Einsatz. Da diese Geräte dialogfähig sind, kann nach jedem Datenblock die korrekte Übertragung zurückgemeldet wer den, und im Fehlerfall wird lediglich der defekte Datenblock nochmals übertragen. Feldversuche haben ergeben, daß mit dieser Methode bei einer Übertragungsrate von 300 Baud zirka 76 Prozent der theoretisch möglichen Maximalausbeute der Leitungskapazität erreichbar ist. Bei einer Steigerung der Übertragungsrate auf die postalisch maximal zulässigen 1200 Baud ist im Fernbereich nach den Angaben der Deutschen Bundespost mit einem um den Faktor 10 schlechteren Ergebnis zu rechnen. Für große Datenmengen oder einen häufigen Dialog ist diese Art der Datenübertragung nicht befriedigend. Zudem sind aufwendige Programme im mobilen Mikrocomputer und in der zentralen EDV-Anlage notwendig, um den Dialog zu steuern. Obwohl einige Anbieter von Mobilgeräten hierfür die Software und spezielle zentrale Empfangsstationen im Lieferprogramm haben, stellt sich für kleinere Installationen sehr schnell die Frage nach der Wirtschaftlichkeit.

Mobilgerät wird zum Bildschirmarbeitsplatz

Relativ neu ist das Angebot der Deutschen Bundespost, das Datex-P-Netzwerk von jedem Telefonapparat aus zu benutzen. Voraussetzung hierfür ist das Arbeiten mit Akustikkoppler. Es wird der nächste Datex-P-Vermittlungsknoten der Post angewählt (immer häufiger bereits im Nahbereich) und die Daten werden asynchron mit 1200 Baud (im Nahbereich vertretbar) per Telefon der Post übergeben, die daraus "Datenpakete" bildet und dem Empfänger übersendet.

Zu diesem Zweck muß in der Zentrale ein Computer stehen, der Datex-P-fähig ist.

Vorteile dieses Verfahrens sind: hohe Übertragungsqualität, niedrige, zeitunabhängige Kosten, Gebühren übernimmt die Zentrale sowie volle Dialogfähigkeit mit Zugriffen auf die zentrale Datenbank.

Das Nachladen von gerade benötigten Programmen, der Zugriff auf aktuelle Datenbestände und das Updating von zentralen Datenbeständen ist damit problemlos möglich.

Die Anbindung des mobilen Mikrocomputers via Datex-P an den Zentralrechner, wobei die notwendige Betriebssystemsoftware vorausgesetzt ist, läßt das Mobilgerät zu einem intelligenten Bildschirmarbeitsplatz werden. Der unzureichende Arbeitsplatzdrucker läßt sich nicht wegdiskutieren, wohingegen das armselige Display schon bald der Vergangenheit angehören wird: LCD-Anzeigen (und nur solche sind aus Energiegründen vertretbar) mit zehn Zeilen zu 40 Zeichen werden demnächst am Markt verfügbar sein, womit ein halbwegs akzeptabler Bildschirm verfügbar wäre. Mit den neuen Anzeigen nachrüstbar werden aber wohl die wenigsten der vorhandenen Mobilgeräte sein.

Teure Überraschungen für den Anwender

Der Programmieraufwand für eine Installation von mobilen Mikros mit DFÜ per Datex-P wird sich in Grenzen halten, weil den Herstellern der Mobilgeräte die Post den Protokollaufwand abgenommen hat und dem zentralen Rechner die Mikros wie ganz normale Dialogbildschirme erscheinen. Zu schön, um wahr zu sein!

Leider sind die meisten installierten EDV-Anlagen nicht ohne weiteres Datex-P-fähig und leider sind häufig die Rechner ohne Aufrüstung nicht mehr in der Lage, die zusätzliche Last zu fahren.

Leider sind auch viele Betriebssysteme nicht darauf ausgelegt, simple Start/Stop-Terminals (und so stellen sich die mobilen Mikros ohne Spezialsoftware dar) als Dialogbildschirme zu emulieren.

Eine Reihe kostenträchtiger Überraschungen werden sich also wie gewohnt einstellen.

Mögliche Alternativen

Der Traum, auf den mobilen Mikrocomputer zumindest dort verzichten zu können, wo ein Telefon ständig verfügbar ist, wird noch lange nicht Wirklichkeit werden.

Sprachspeichersysteme sind bereits heute verfügbar. Jedoch wird die Interpretation des menschlichen Wortes auf absehbare Zeit den Computern noch Probleme bereiten. Allzu leicht sorgt das vom Dialekt verzerrte Wort für Fehlinterpretationen. Die Nutzung der zentrale Rechnerkapazität über ein analoges Medium "Sprache" als Dialogterminal wird also zunächst noch Utopie bleiben.

Der Tag, an dem hinter jedem Telefon ein- Bildschirmtext-Terminal stehen wird, ist ebenfalls noch sehr fern. Über Bildschirmtext (Btx) ist der Dialog mit einem angewählten Rechner überaus komfortabel möglich Allerdings liegt es oftmals nicht in ausreichendem Maße im Einfluß eines Unternehmens, die Btx-Ausstattung im erforderlichen Umfang am Ort der Dialognachfrage sicherzustellen.

Die Kombination Btx mit mobilen Mikrocomputern kann in vielen Anwendungen als ideal gelten. Es fehlen aber weitgehend noch die Progammvoraussetzungen, und ohne Zustimmung der Bundespost ist dieser Weg verbaut.