Strategie für die 90er Jahre präsentiert

Bull integriert GCOS in ein Open-Systems-Konzept

12.04.1991

HANNOVER (hv) - Die französische Groupe Bull hat - dem Branchentrend folgend - ihre Unternehmensstrategie für die 90er Jahre vorgestellt. Mit dem "Bull Distributed Computing Model" (BDCM) will das Unternehmen bis 1994 eine verteilte Informationsverarbeitung auf der Basis offener Systeme realisieren. Bulls proprietäre Systemumgebung soll in das Konzept integriert werden.

Die Franzosen präsentieren ihr Gerüst für die verteilte Verarbeitung als ein Sechs-Schichten-Modell, auf das der Anwender je nach Bedarf zurückgreifen kann, um eine verteilte Informationsverarbeitung über herstellereigene und -fremde Systeme sicherzustellen. MS-DOS-Anwender sollen sowohl mit Nutzern des proprietären Betriebssystems GCOS als auch mit standardorientierten OS/2- und Unix-Systemen im Verbund arbeiten können. Geplant ist ein unternehmensweites Informationsmodell auf der Basis verteilter Datenbanken.

Zuoberst befindet sich eine Anwendungsebene, die sowohl mit horizontalen als auch vertikalen Softwareprodukten bestückt ist. Hier kommen Anwendungen für die Bürokommunikation und das Rechnungswesen, aber auch anwenderspezifische Branchenpakete zum Einsatz. Ergänzend werden als zweite Ebene die sogenannten Application Services eingeführt, die verteilte Anwendungen unterstützen und unter anderem Bausteine für die elektronische Post, den Dokumentenaustausch sowie für die Archivierung von Dokumenten enthalten.

Systemfunktionen im Rechnerverbund

Zur CeBIT stellte Bull mit "Imageworks" eigens ein Produkt für die Verwaltung, Archivierung und Wiedergewinnung von Dokumenten vor, das auf dieser Ebene eingesetzt wird.

Die dritte Schicht nennt Bull "Distribution Services" oder auch Verteilerdienste. Hier geht es darum, Systemfunktionen wie den Fernaufruf von Programmcode im Rechnerverbund (Remote Procedure Call) zu realisieren. Auch das Handling von verteilten Datenbanken findet

in diesem Bereich statt. Schlüsseltechnologie ist die Distributed Computing Environment (DCE) von der Open Software Foundation (OSF). Als Basis steht unter diesen drei Ebenen die vierte Schicht "Kommunikations- und Systemservices".

Zwei weitere Module werden für die Anwendungsentwicklung und für Sicherheits- und Systemverwaltungs-Elemente fertiggestellt. Zum Baukasten für die Software-Entwicklung gehören neben einem Satz von CASE-Tools auch Produkte für die Programmentwicklung in verteilten Systemen. Die für den Systemadministrator vorgesehenen Sicherheitsprodukte sollen den Überblick über alle Funktionsbereiche eines unternehmensweiten Netzes ermöglichen.

Mit einem konkreten Zeitplan haben sich die Franzosen bei der Realisierung des Projektes selbst unter Druck gesetzt: Spätestens 1994 soll das "lntegrationsmodell" fertiggestellt sein. Bis dahin will Bull die Interoperabilität zwischen dem eigenen proprietären Betriebssystem GCOS und der Unix-Welt sowie den gängigen PC-Betriebssystemen realisiert haben.