Buendnis auf Bewaehrung

17.12.1993

Nun haben sie also doch noch zueinandergefunden, die beiden Mauerbluemchen im Spiel um weltweite TK-Allianzen. Wer ueber Jahre hinweg dermassen konzentriert aneinander vorbeigeschaut, -geplant und -spekuliert hat, gleichzeitig jedoch in einer von der Politik verordneten Seilschaft aufeinander angewiesen war, darf sich allerdings nicht wundern, wenn das ploetzliche Haendchenhalten wenig ueberzeugend wirkt.

Den Franzosen kann da immerhin noch attestiert werden, dass sie aufgrund ihrer geostrategischen Ausrichtung fuer sich alleine nie ein besonders attraktiver Kandidat im Sinne eines "Liebst Du mich, lieb ich Dich!" waren. Anders hingegen die deutsche Telekom, die es bis dato meisterhaft verstand, Gelegenheiten ungenutzt zu lassen. BT kam zu frueh, MCI war zu teuer, und mit AT&T redete man lange Zeit ueberhaupt nicht. Auch die europaeischen Fanfarenstoesse, mit denen das grosse Joint-venture nun aus der Taufe gehoben wurde, erhoehen nicht unbedingt dessen Glaubwuerdigkeit in puncto Funktionstuechtigkeit und Effizienz. Die deutsch-franzoesische TK- Allianz ist und bleibt in erster Linie eine politische Kopfgeburt - mit einer ganzen Reihe offener strategischer Fragen.

Angesichts der "offenen Flanke" Nordamerika und Fernost wird man - wie auch immer - mit AT&T (oder Sprint) ins Geschaeft kommen muessen. Interessanter ist da schon, was mit dem internationalen Joint-venture Infonet passiert, und welche Rolle eine Telekom- Tochter Detesystem im Grosskundengeschaeft dann noch spielen soll, bleibt bis auf weiteres das Geheimnis der, wie Insider munkeln, in ein Pro-France-Telecom- und ein Kontra-France-Telecom-Lager gespaltenen Mannschaft um Helmut Ricke. Das Entscheidende aber ist: Beide Partner muessen - trotz gegenteiliger Beteuerungen - erst noch lernen, miteinander umzugehen. Wenn in diesem Zusammenhang von der Outsourcing-Tochter Eunetcom (einem Papiertiger, der bis dato nichts als ein Memorandum of Understanding mit einem einzigen Kunden vorweisen kann) als Keimzelle kuenftiger Zusammenarbeit die Rede ist, gibt dies wenig Anlass zu Optimismus.

Die Wuerfel im internationalen TK-Business sind jedenfalls gefallen und die Claims der einzelnen Player abgesteckt. Vielleicht gelingt es nun allmaehlich, zu den eigentlich wichtigen Themen zurueckzukehren. Wie sieht eine von Monopolen befreite europaeische TK-Landschaft aus? Ist die sich abzeichnende Konzentration auf einige wenige grosse Anbieter so viel besser als das, was heute zu Recht in Sachen Monopol kritisiert wird? Was ist mit kuenftigen Anwendungsszenarien und Techniken? Brauchen Europa und die Welt einen Information-Highway, und wenn ja, wozu und zu welchem Preis? Alles Fragen, die anlaesslich der deutsch-franzoesischen Feierstunde nicht besonders populaer sind, aber man wird sie demnaechst immer haeufiger stellen muessen.gh