Jedes dritte Programm in Deutschland läuft illegal

BSA: Schaden durch Raubkopien erreicht 1,2 Milliarden Mark

01.11.1996

Das Mitte 1993 in Kraft getretene Urheberrechtsgesetz zum Schutz von Computerprogrammen scheint unter Softwarepiraten kaum Wirkung zu zeigen. Nach einer ersten gemeinsamen Studie der Business Software Alliance (BSA) und der Software Publishers Association (SPA) verzeichneten die Verbände im vergangenen Jahr nur einen leichten Rückgang der Raubkopierrate. In Westeuropa beispielsweise sank der Anteil illegaler Kopien 1995 lediglich um drei auf 49 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, in der Schweiz ist er sogar um neun auf 47 Prozent gewachsen. In Osteuropa betrug die Raubkopierrate 83 Prozent (85 Prozent).

Privatanwender bleiben außen vor

In Deutschland ist der Anteil laut BSA und SPA von 48 auf 42 Prozent gesunken. Der Schaden sei aber wegen des erhöhten Marktvolumens auf rund 1,2 Milliarden Mark (776 Millionen) gestiegen. Die "Spitzenplätze" in Westeuropa nehme Griechenland mit einer Raubkopierrate von 86 Prozent und Spanien mit 74 Prozent ein.

"Man muß bedenken, daß der Markt der Heimanwender bei der Ermittlung der Zahlen in weiten Bereichen unberücksichtigt blieb", klagt Niels Finn, Sprecher der BSA und European Licensing Manager bei Symantec. Doch werde man auch in Zukunft Privatanwender nicht zur Rechenschaft ziehen, so der Manager des Utility-Anbieters aus Düsseldorf - eine Aussage, die mancher Teilnehmer der Veranstaltung nicht so recht glauben mochte.

Internet: Spielwiese für moderne Piraten

Mitglieder der BSA sollen in der Vergangenheit zusammen mit der umstrittenen Münchner Rechtsanwaltskanzlei Gravenreuth gegen einzelne private Anwender vorgegangen sein. Dazu Finn: "Mir ist das nicht bekannt." Im Fadenkreuz der BSA bleiben professionelle Softwarepiraten, die Produkte duplizieren und vermarkten, sowie kommerzielle Anwender, die Fälschungen einsetzen.

Die Jagd auf die schwarzen Schafe der Branche gestaltet sich immer schwieriger. Vor allem die neuen Medien CD-ROM und Internet bieten modernen Softwarepiraten eine Spielwiese für ihr illegales Treiben, so Andreas Zeitler, Geschäftsführer des BSA-Mitglieds Novell. Das Netz der Netze sei "ein Umschlagplatz für raubkopierte Software", da es "schwierig ist, international aktive Piraten ausfindig zu machen". Anbieter der "heißen Ware" träfen sich heutzutage hauptsächlich in den diversen Chat-Foren (Internet Relay Chats=IRC), um ihre Fälschungen anzupreisen. Die rechtliche Haftbarkeit für Internet-Aktivitäten sei nicht einheitlich geklärt.

Darüber hinaus lasse die Kooperation mit den Behörden noch zu wünschen übrig: "Die Strafverfolgungsbehörden haben das Thema nicht ernstgenommen", klagt Adobe-Geschäftsführer Frank Steinhoff. So habe erst im Juli dieses Jahres die erste zivilrechtlich begründete Durchsuchung stattgefunden. Aufklärung lautet jedoch die primäre Devise, um gegen den Einsatz illegaler Programme vorzugehen. So hat die BSA ein sogenanntes "Software-Management Handbuch" veröffentlicht, das Steinhoff zufolge als Leitfaden für DV-Leiter und Firmenchefs gedacht ist.