Europäische Allianz im Outsourcing-Markt vereinbart

British Telecom wird HPs Juniorpartner

14.05.2004
MÜNCHEN (jha) - Hewlett-Packard (HP) und British Telecom (BT) haben zwei Outsourcing-Projekte sowie eine strategische Allianz vereinbart. Während die Betriebsabkommen für beide Seiten sinnvoll erscheinen, nutzt der darüber hinaus geplante gemeinsame Auftritt im Servicemarkt vor allem HP.

Die künftige Partnerschaft zwischen BT und HP wurde auf höchster Management-Ebene vereinbart. Carleton Fiorina, CEO von HP, und Ben Verwaayen, der in gleicher Position den britischen Carrier lenkt, unterzeichneten insgesamt drei Abkommen, zwei davon beziehen sich auf gegenseitige Betriebsdienstleistungen, eines gründet eine strategische Allianz. Als ausgewogen dürfen die zwei Managed-Service-Vereinbarungen gelten, die für die nächsten sieben Jahre geschlossen wurden. 290 BT-Mitarbeiter wechseln im Zuge des Deals unter das HP-Dach, umgekehrt übernimmt BT 40 Angestellte von HP. Das Gesamtvolumen des Vertrags beläuft sich auf 1,5 Milliarden Dollar und geht in etwa gleichen Teilen an HP und BT. Dabei handelt es sich auch nicht um einfache Umsatzverrechnung, versicherte zumindest Bill Halbert, Managing Director ICT-Services bei BT: "Wir stellen HP unsere Dienste in Rechnung, und HP macht es ebenso." BT kassiert künftig für das Management von HPs Sprach- und Datennetzen in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika (Emea) sowie der Call-Center, die den Kundensupport für HP-Produkte liefern.

HP wird nicht BTs gesamte IT-Infrastruktur übernehmen, sondern nur die Midrange- und Desktop-Systeme. Die Großrechner betreibt bereits IBM, und rund 100 000 Desktops wurden erst im März 2002 für die nächsten fünf Jahre an Computacenter ausgelagert. Wie ebendiese - aktuell spricht BT von 91 000 - PCs nun dennoch von HP verwaltet werden sollen, erläutert Halbert folgendermaßen: "Der Computacenter-Vertrag wird weitergeführt. HP übernimmt für diesen Bereich aber die Verantwortung und ist im Desktop- sowie Midrange-Bereich unser erster Ansprechpartner." Die Tatsache, dass Computacenter einer der größten Reseller von HP-PCs ist, dürfte diese komplizierte Konstruktion etwas vereinfacht haben. Trotz des vertrackten Vertrags loben Marktbeobachter die beiden Managed-Services-Abkommen. "Das ist eine sinnvolle Übereinkunft", kommentierte Ovum-Analyst Anthony Miller. "Beide Unternehmen tun genau das, was sie anderen immer predigen."

Zurückhaltender bewerten Experten das Abkommen über einen gemeinsamen Auftritt im Outsourcing-Markt. Die Partner wollen HPs Stärken im IT-Geschäft und BTs Erfahrung im Telekommunikationsmarkt zu konvergenten ICT-Offerten (ICT = Information, Communication, Telecommunication) etwa im Call-Center-Betrieb zusammenführen. Ein vergleichbares Angebot hat sich seit längerem schon die Telekom-Tochter T-Systems auf die Fahnen geschrieben. "T-Systems ist sicher ein Wettbewerber für uns, im lokalen Markt", erklärt BT-Mann Halbert. Adressaten der kombinierten BT- und HP-Angebote sind international ausgerichtete Konzerne aus Europa.

HP strebt in die oberste Outsourcing-Liga

Für Fiorina stellt die Zusammenarbeit mit BT eine wesentliche Komponente in der eigenen "Adaptive-Enterprise"-Strategie dar, mit der HP seit geraumer Zeit Großkunden anspricht. "Die Unternehmen benötigen eine nahtlos integrierte IT- und Kommunikationsinfrastruktur, um auf Änderungen schnell und effizient reagieren zu können", so die HP-Chefin. Diese Einschätzung teilt sie mit den Marktforschern. Wachsendes Interesse großer Firmen an Sprach- und Datenkonvergenz bestätigt Andreas Burau, Director Consultant bei der Meta Group: "Die großen Unternehmen haben ein offenes Ohr für Konvergenzthemen, und insbesondere die Nachfrage nach Voice over IP ist gestiegen."

Als Nutznießer der Partnerschaft für ICT-Konvergenz sehen die Marktbeobachter vor allem HPs aufstrebende Servicesparte. Sie rundet ihr Portfolio ab und hievt sich mit BTs Hilfe auf das Niveau von IBM, EDS und CSC. Dabei verwendet HP die gleichen Mittel wie die Konkurrenz, so unterhält IBM eine Partnerschaft mit AT&T, und EDS pflegt Beziehungen zu MCI Worldcom. "HP ist schon fast in die Liga aufgestiegen, in der über große Outsourcing-Aufträge entschieden wird. Damit erfüllt das Unternehmen den eigenen Anspruch", schildert Burau.

BT wird HPs Sublieferant

Die Vorteile, die BT aus der Allianz zieht, liegen weniger klar auf der Hand. Zwar spekulieren BT-Manager offen auf neue, sprudelnde Einnahmequellen aus gemeinsamen Auslagerungsprojekten. Auf einer Analystenveranstaltung zeigte sich beispielsweise Andy Green, Chef von BTs Global-Services-Sparte, überzeugt davon, dass der aus dem gemeinsamen Marktauftritt gewonnene Umsatz die Einnahmen des Managed-Service-Vertrags mittelfristig bei weitem in den Schatten stellen wird. Doch Ovum-Mann Miller scheint skeptisch: "Diese Einschätzung zeugt von sehr viel Optimismus. Ich denke, die Partnerschaft spielt vor allem HP in die Hände." Schließlich sei normalerweise der Outsourcer für den Kunden der wichtigste Ansprechpartner, nicht der Lieferant von TK-Dienstleistungen

BT wird in dieser Allianz also den Juniorpartner geben, weil in großen Outsourcing-Deals immer der IT-Anbieter als Generalunternehmen verpflichtet wird und das Sagen hat. "Partnerschaften sind abhängig vom Kundenprojekt", weiß Miller. HP werde sich deshalb kaum einen viel versprechenden Auftrag entgehen lassen, wenn der Kunde BT als Provider ablehne. Gleiches gilt selbstredend umgekehrt, allerdings wird BT höchstens in Großbritannien die Möglichkeit haben, Großkunden federführend zu begleiten. Zudem verlassen sich beide Anbieter nicht nur auf einen Partner. Beispielsweise kooperiert BT mit Capgemini, Accenture und CSC.

Überaus verwirrend erscheint Ovum-Analyst Miller die Servicestrategie des britischen Carries. Mit dem Geschäftsbereich Global Services und der Tochtergesellschaft BT Syntegra als Anbieter von Systemintegrations-Leistungen hat British Telecom in den letzten Monaten deutliche Ambitionen im IT-Service- und -Outsourcing-Markt gezeigt. "Die neue Allianz stellt das in Frage, doch BT ist bislang mit keinem Wort darauf eingegangen, ob und wie sich ihre Strategie ändert", rätselt Miller. "Wir und andere Marktbeobachter werten die Allianz mit HP als klaren Strategiewechsel." Über die Richtung, in die das Unternehmen künftig steuern wird, mutmaßen die Marktbeobachter noch, und das Schweigen BTs lässt viel Raum für Spekulationen. Die Ovum-Analysten fragen bereits: "Könnte dies HPs erster Schritt zur Übernahme von BT Global Services sein?"

Gemeinsamer Marktauftritt

Im Rahmen der jüngst vereinbarten strategischen Allianz planen BT und HP gemeinsame Angebote im Outsourcing-Markt. Angaben über konkrete Serviceprodukte gibt es noch nicht, nur die Zusage, die Kunden mit konvergenten Services, also mit integrierten IT-, Kommunikations- und Telekommunikationslösungen, anzusprechen. Dazu werden HP und BT eine gemeinsame Plattform und Architektur einrichten und die jeweils von den beiden Dienstleistern verwendeten Tools, Methoden und Prozesse aufeinander abstimmen.

Ab kommenden Sommer werden erste Angebote für große international aufgestellte Unternehmen verfügbar sein. Das Abkommen ist für Kunden aus der Emea-Region (Europa, Mittlerer Osten, Afrika) gedacht, beinhaltet aber das Versprechen, Services weltweit bereitzustellen. Speziell für den britischen Markt wollen HP und BT Servicepakete für kleine und mittlere Unternehmen sowie für den Consumer-Markt etwa im Bereich Voice over IP schnüren.