Fördermillionen sollen CIM beim Mittelstand vorantreiben, aber:

BMFT kann für Innovationen nur den Anstoß geben

22.04.1988

Mit dem Bundesminister für Forschung und Technologie Dr. Heinz Riesenhuber sprach CW-Redakteur Wolf-Dietrich Lorenz

- Der Vorläufer des jetzigen CIM-Programms des BMFT - das CAD/ CAM-Förderpaket aus den Jahren 1984 bis 1987 - hat sich in den vergangenen Jahren bewährt. Beobachter meinen sogar, es habe "eine technologische Lawine losgetreten": Immerhin erhielten über tausend Firmen Fördergelder. Zudem war in der Vergangenheit eine besondere Investitions-Sogwirkung zu beobachten. Unternehmen stellten nämlich die Frage, ob sie es sich überhaupt leisten könnten, nicht in Fertigungsautomation zu investieren, wenn es die Konkurrenz tue? Besonders durch den Wunsch, nicht den Anschluß zu verlieren, liefen mehr Projekte an als tatsächlich gefördert wurden. Wird das CIM-Paket ebenso wirkungsvoll sein, da doch CIM weniger handfest zu definieren ist?

Es waren etwa 1200 Unternehmen, die im vorangegangenen Programm Fertigungstechnik eine Förderung bei der Einführung von CAD/CAM erhalten konnten. Dabei handelte es sich im wesentlichen um kleine und mittlere Unternehmen. Damit sind die technischen Voraussetzungen für einen Erfolg des CIM-Förderangebots vorhanden. In rund 90 Prozent der angesprochenen Firmen wird mindestens ein Rechner zur Erleichterung der täglichen Arbeit eingesetzt, sei es im kaufmännischen oder im technischen Bereich. In etwa zwei Drittel der Betriebe wird die Konstruktion beziehungsweise Produktionsplanung vom Rechner unterstützt. Der Gedanke an eine Vernetzung vorhandener Systeme ist daher naheliegend, besonders im Hinblick auf die möglichen Nutzeffekte. Wahrend die Einführung von CAD als eine Einzelinvestition betrachtet werden kann, - wie zum Beispiel die Beschaffung einer CNC-Bearbeitungsmaschine - ist der Schritt in Richtung CIM eine mehr strategische Entscheidung. Die Organisation eines Unternehmens wird hierdurch in ungleich höherem Maße beeinflußt als durch die bloße Einführung eines neuen technischen Arbeitsmittels.

- Die Investitionseuphorie hierzulande scheint inzwischen abgeklungen, Anwenderunternehmen verhalten sich zögerlich, Hersteller beginnen sich, an einstellige Zuwachsraten zu gewöhnen.

CIM bewirkt einen Entwicklungsprozeß der gesamten Betriebsstruktur mit einer Laufzeit von mindestens fünf oder zehn Jahren. Wir müssen heute beschleunigt mit Zukunftsinvestitionen zur Erhaltung und zum weiteren Ausbau unserer Wettbewerbsfähigkeit und des Lebensstandards sowie zur Sicherung unserer Arbeitsplätze beginnen. Zu diesem Zweck ist es notwendig, einen breit angelegten, zukunftsorientierten Innovationsprozeß in der industriellen Fertigung, der vor allem auch kleine und mittlere Unternehmen einbezieht, einzuleiten und weiterzuführen.

Der Staat kann dabei nur Anstöße geben. Mit dem neuen Programm Fertigungstechnik, das auch die CIM-Förderung enthält, wollen wir hierzu einen Beitrag leisten. Industrie und Wissenschaft sind zu einer zukunftsorientierten Produktivitätsoffensive aufgerufen.

- Wie hoch wird die Latte der Kriterien für das, was mit CIM gemeint ist, bei der Förderung gehängt? Welche technischen Komponenten müssen mindestens eingesetzt - integriert - werden?

In dem Förderprogramm wird CIM als ein ganzheitliches, das ganze Unternehmen durchdringendes Konzept verstanden. Die informationstechnische Vernetzung soll also keinesfalls auf den technisch-fertigenden Bereich beschränkt bleiben. Entsprechend offen sind auch die Voraussetzungen, die ein Unternehmen erfüllen muß, um eine Förderung beantragen zu können. Zum Zeitpunkt der Antragstellung braucht nur eine Rechneranwendung vorhanden zu sein, wobei es gleichgültig ist, ob dieser Rechner betriebswirtschaftliche oder technische Funktionen unterstützt.

Nach Abschluß der Planungsphase, also spätestens nach zwei Jahren, muß dann eine zweite Rechneranwendung in dem Betrieb vorhanden sein, damit man überhaupt sinnvoll von einer Vernetzung sprechen kann. Wie gesagt, 90 Prozent der angesprochenen Unternehmen haben bereits mindestens einen Rechner im Einsatz.

Zwei CIM-Grundbausteine müssen also für die Realisierungsphase vorhanden sein, mit welchen CIM-Komponenten die Vernetzung beginnen soll, bleibt dem Unternehmen überlassen.

- Das CAD/CAM Programm enthielt Einschränkungen für den Teilnehmerkreis der insgesamt in Frage kommenden rund 20 000 Industrieunternehmen. Es wurden lediglich die "Hersteller fertigungstechnischer Anlagen und Einrichtungen" ausgewählt, also nur eine Zahl von etwa 3800. Wird diesmal wieder nur eine kleine - möglicherweise dieselbe - Gruppe bevorzugt? Sind nicht andere Sparten dagegen vernachlässigt?

Zweifellos kann die Rechnerintegration in allen produzierenden Betrieben von Nutzen sein, ebenso auch im Dienstleistungsbereich. Wenn sich die neue CIM-Fördermaßnahme auf die Hersteller von Ausrüstungsgütern konzentriert, die fertigungstechnische Geräte, Maschinen und Einrichtungen herstellen, die für den Einsatz im verarbeitenden Gewerbe, in der Landwirtschaft, im Bergbau oder in der Bauwirtschaft bestimmt sind, so geschieht dies aus mehreren Gründen:

Erstens muß ein solches Programm finanzierbar bleiben, insbesondere vor dem Hindergrund, daß die Bundesregierung weiterhin eine Konsolidierung des Bundeshaushalts verfolgt.

Zweitens handelt es sich bei dem angesprochenen Adressatenkreis um Lieferanten von Produktivität. Bei uns ist diese Industrie ausgeprägt mittelständisch strukturiert. Mit ihren technisch hochwertigen Produkten sind sie stark exportorientiert und damit in besonderem Maße dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt.

Und drittens geht, wie Sie eingangs erwähnten, von dieser Schlüsselindustrie eine große Sogwirkung aus. Die fertigungstechnische Industrie als einer der volkswirtschaftlichen Kernbereiche in der Bundesrepublik Deutschland ist für eine Schrittmacherrolle im technologischen Fortschritt bestens geeignet.