Erste serienreife Produkte noch in diesem Jahr

Bluetooth: Rosige Aussichten, aber technische Probleme

24.03.2000
MÜNCHEN (CW) - Mobilität ist Trumpf. Auch das Kurzstrecken-Funkverfahren Bluetooth profitiert von dieser Entwicklung - das Produktangebot wächst zusehends. Zwar handelt es sich dabei oft noch um Prototypen, doch versprechen viele Hersteller trotz bisher ungelöster Probleme, serienreife Lösungen noch in diesem Jahr zu liefern.

Wer noch Zweifel daran hatte, dass Bluetooth das Zeug hat, sich als drahtloses Kurzstrecken-Übertragungsverfahren zu etablieren, den dürfte die diesjährige CeBIT eines Besseren belehrt haben. Rund 30 Anbieter rührten in Hannover unter anderem in einem eigenen Bluetooth-Pavillon kräftig die Werbetrommel für Lösungen auf Basis der Technologie.

Die Palette der Lösungen ist ziemlich breit und deckt sowohl den professionellen Einsatz als auch die Verwendung im eher privaten Umfeld ab. Allerdings sind nicht alle Angebote serienreif, viele liegen erst als Prototypen vor. So hat etwa Palm Inc. ein Bluetooth-fähiges Vorserienmodell seines erfolgreichen Kleinstrechners entwickelt. Die Technologie soll Palm-Benutzern sofortigen und unkomplizierten Zugriff auf persönliche und öffentliche Daten im Internet oder dem Unternehmensnetz ermöglichen. Auch die Synchronisation von Daten könnte dadurch einfacher werden. Fuji und Nokia haben ein Verfahren erarbeitet, um via Bluetooth mit einer digitalen Kamera aufgenommene Fotos auf einen PC zu übertragen. IBM hingegen verfügt mit der "C-Mouse" über ein drahtloses Eingabegerät, das neben dem Bewegen des Cursors auf dem Bildschirm auch dazu dient, Texte einzuscannen und an den Rechner zu schicken.

Die Aachener Elsa AG etwa will zum Jahresende einen ISDN-Adapter ausliefern, der für die Verbindung zum Client auf Kabel verzichten kann. Letzterer benötigt lediglich einen USB-Adapter, die Übertragung der Daten erfolgt dann drahtlos. Anbieter wie Ensecure oder First Access arbeiten an Sicherheitsprodukten für den professionellen Einsatz: Nähert sich ein Anwender mit einem Bluetooth-Gerät (etwa einer Smartcard) einem PC, erkennt dieser dank Bluetooth, ob der User zugriffsberechtigt ist oder nicht. Entsprechend wird der Rechner gesperrt, wenn der Anwender den Raum verlässt.

Angesichts der Fülle von Einsatzmöglichkeiten sehen die Analysten von Frost & Sullivan einiges Potenzial für das Kurzstreckenfunkverfahren. Mit den dafür notwendigen Chips soll sich bereits in diesem Jahr in Europa ein Umsatz von 36,7 Millionen Dollar erzielen lassen. Bis zum Jahr 2006 könne dieser Wert auf etwa 700 Millionen Dollar steigen, was einer Wachstumsrate von 63,4 Prozent entspricht.

In dieses positive Szenario der Auguren mischen sich aber auch dunkle Untertöne. So warnen sie vor möglichen Schwierigkeiten, die durch die Weiterentwicklung des Standards in verschiedene Richtungen entstehen könnten. Außerdem seien Kompatibilitätsprobleme mit konkurrierenden Funkverfahren, etwa Home RF oder drahtlosen LANs, nicht auszuschließen. Rüdiger Meisenburg, Geschäftsführer der Firma Radiolan, bestätigt das gegenüber der CW: Der Spezialist berichtet von Tests, denen zufolge Bluetooth die Leistung von auf dem Standard 802.11 des Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) basierenden Funk-LANs um bis zu 45 Prozent reduzieren kann.

Einen Hemmschuh für die Entwicklung von Bluetooth könnten außerdem die Kosten für die Technologie darstellen. Die Special Interest Group (SIG) peilt eigenen Angaben zufolge an, dass ein mit der Technologie auszustattendes Gerät sich dadurch lediglich um fünf Dollar verteuern darf. Nur so könne sich das Verfahren auch im Breitenmarkt durchsetzen. Derzeit liegt dieser Wert jedoch noch um ein Vielfaches höher. Eine Sprecherin von Silicon Wave, einem Entwickler und Hersteller von Bluetooth-Komponenten, rechnet mit einem Preis unter zehn Dollar erst für nächstes Jahr. Ob die Industrie diesen Zeitplan tatsächlich einhalten kann, wird sich zeigen müssen.

Die Bluetooth-SIG jedenfalls spricht in Anlehnung an den Namensgeber des Verfahrens, den dänischen Wikingerkönig Harald Blauzahn, schon von einem "Eroberungszug", den das Verfahren ihrer Meinung nach antritt. Dies suggeriert auch ein Bildschirmschoner, der von den Web-Seiten von Ericsson, einem der Gründungsmitglieder des Gremiums, heruntergeladen werden kann (http://www.ericsson.com).

Handy-KnebelEine kuriose Anwendungsmöglichkeit für Bluetooth bietet der Anbieter Bluelinx aus dem US-amerikanischen Bundesstaat North Carolina: Dessen "Q-Zone" soll Handys daran hindern, in Restaurants oder Kirchen, im Theater oder bei Konferenzen durch ihr Klingeln zu stören. Betritt der Besitzer eines Bluetooth-fähigen Handys einen derart geschützten Raum, werden die Voreinstellungen seines Gerätes automatisch auf akzeptable Werte heruntergesetzt, beim Verlassen stellt Q-Zone die ursprünglichen Einstellungen des Mobiltelefons wieder her.

Abb.: Wachstumsraten von bis zu 63,4 Prozent stellt Frost & Sullivan dem Markt für Bluetooth-Chips in Aussicht. Quelle: Frost & Sullivan