Im Labor - Wie ein Handy entsteht

Blackberry made in Bochum

24.11.2009
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
AEG, Bosch, Siemens, Hagenuk, Motorola und Nokia - einst war Deutschland eines der führenden Länder im Handy-Bau. Das schien vorbei. Doch warum die Kanadier von Research in Motion (RIM) Blackberries in Deutschland entwickeln lassen, lesen Sie hier. Wir zeigen, wie in Bochum das aktuelle Modell "Bold 9700" entstand.

Bochum steht bei deutschen Handy-Anwendern vor allem für ein Ereignis: Nokias Flucht vor den angeblich zu hohen Arbeitskosten nach Rumänien. Mit dem Weggang der Finnen schien es nach dem Siemens-Mobile/Benq-Desaster endgültig um den Handy-Standort Deutschland geschehen - bis der kanadische Blackberry-Hersteller RIM sein Engagement in Bochum bekannt gab.

Grönemeyer statt Nokia

Der Blackberry-Think-Tank befindet sich gut versteckt auf dem Campus der Ruhr Universität Bochum.
Der Blackberry-Think-Tank befindet sich gut versteckt auf dem Campus der Ruhr Universität Bochum.
Foto: RIM

Euphorisch wurden die Kanadier in etlichen Medien als Nachfolger von Nokia gefeiert. Wer RIM jedoch in den ehemaligen Nokia-Hallen sucht, wird dort nichts von der "deutschen Tüchtigkeit" finden, die RIM-Chef Mike Lazaridis an seinen Bochumer Mitarbeitern schätzt. Die Suche nach dem deutschen Blackberry-Think-Tank führt vielmehr auf den Campus der Ruhruniversität Bochum. Doch selbst dort ist der Besucher gut beraten, wenn er ein aktuelles Smartphone mit Location-based Services mit sich führt. Während das medizinische Grönemeyer-Institut, geleitet von Dietrich Grönemeyer, dem Bruder des Sängers Herbert G., von überall zu sehen ist, scheint sich der Handy-Bauer in Luft aufgelöst zu haben. Erst in einem schmucklosen, schon als trist zu bezeichnenden Gebäude, das zahlreiche Universitäts-Spinoffs beherbergt, werden wir fündig: Auf einigen Etagen hat sich RIM eingemietet.

Der Freude folgt schnell die Ernüchterung: Statt futuristischem Hightech-Ambiente begrüßt uns ein Eingangsbereich, der den Charme einer besseren Warenausgabe hat. Doch was sollen die seltsamen Armbändchen auf den Tischen? Bei näherem Hinsehen entpuppen sie sich als Antistatikbänder, die zwischen Kleidung und Schuhen zu fixieren sind, damit die Besucher im Labor die empfindliche Elektronik nicht zerstören. Hurra, wir sind also richtig an der Geburtsstätte des neuen Bold, des ersten Blackberry aus Bochum. Hinter der nächsten Tür muss endlich der Reinraum sein.