Ökonomisches Kriterien- "Unterfutter" als Bewertungshilfe (Teil 3 und Schluß):

BK-Systeme und Wirtschaftlichkeitsanalyse

18.09.1987

Das Thema "Wirtschaftlichkeitsbewertung" wird beim Einsatz von Bürokommunikations- oder Office-Automation-Systemen gerne links liegengelassen oder allenfalls flüchtig gestreift. Rolf Lauser, Mitarbeiter der Fraunhofer Gesellschaft in München, geht in einer dreiteiligen Serie der Frage nach den Ursachen dafür nach. Im dritten und letzten Teil stellt er ein mögliches Entscheidungsmodell vor.

Aus den bisher angeführten Punkten soll nun nicht abgeleitet werden, daß Wirtschaftlichkeitsrechnungen zum Thema Office-Automation-/Bürokommunikations-Systeme unmöglich sind oder daß der Einsatz solcher Systeme betriebswirtschaftlich falsch ist. Es sollte vielmehr nur auf die Schwierigkeiten hingewiesen werden, die der Ersteller einer Wirtschaftlichkeitsanalyse zu gewärtigen hat.

Die Hauptursache für diese Schwierigkeiten liegt darin begründet, daß die betriebswirtschaftlichen Techniken der dynamischen Wirtschaftlichkeitsrechnung das Vorliegen von monetär bewerteten Aufwendungen und Erträgen voraussetzen. Qualitative Kosten oder Nutzen können nicht ins Wirtschaftlichkeitskalkül einfließen, es sei denn, sie werden über Hilfskonstruktionen monetär bewertet. Dies ist aber in der Regel so problematisch, daß die Ergebnisse zweifelhaft ausfallen.

Von daher gesehen kann heute nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ob der Einsatz von Office-Automation- oder Bürokommunikations-Systemen in betriebswirtschaftlichem Sinn wirtschaftlich ist oder nicht. Dies liegt aber nicht in den Systemen und deren Auswirkungen begründet, sondern vielmehr im Instrumentarium, das für die Analyse zur Verfügung steht. Trotz der angeführten Einschränkungen bezüglich der Einsetzbarkeit der Nutzwertanalyse dürfte die Lösung des Problems im Feld der heuristischen Techniken zu suchen sein. Dabei muß allerdings sehr sorgfältig bei der Festlegung, der Gewichtung und der Bewertung der Entscheidungskriterien vorgegangen werden, da sonst diese Techniken zu keinem akzeptablen Ergebnis führen.

Zu überprüfen wäre auch, ob es nicht sinnvoll ist, die Nutzwertanalyse mit einer der Techniken der dynamischen Wirtschaftlichkeitsrechnung zu verknüpfen, um zumindest die zweifelsfrei monetär anfallenden Kosten und Nutzen adäquat behandeln zu können. Dabei wäre folgen des Vorgehen denkbar:

- Aus den monetär anfallenden Aufwendungen und Erträgen wird zunächst der Kapitalwert der Maßnahme errechnet.

- Sodann wird ein Katalog von Zielen erstellt, die mit der Maßnahme erreicht werden sollen.

- Unter diesen Zielen ist eines der Kapitalwert der Maßnahme.

- Danach werden die Kriterien gewichtet, so daß die Summe der Gewichtungen gleich 100 ist.

- Daraufhin werden die Entscheidungsalternativen (zum Beispiel: Einführung System X, System Y und keine Einführung) bezüglich der Erfüllung der Kriterien benotet (etwa mit Punkten zwischen 10 und 0 in Zweierschritten, wobei 10 Punkte die positive Bewertung darstellt).

- Nach dieser Benotung der Alternativen, die sehr kritisch durchgeführt werden muß, beginnt das eigentliche Nutzwertkalkül. Dabei fallen folgende Arbeitsschritte an:

- Die Benotung der einzelnen Alternativen wird mit den Gewichten der Kriterien multipliziert.

- Danach werden die Nutzwerte der Alternativen durch Aufsummierung der gewichteten Benotungen errechnet.

- Sodann werden die Alternativen nach ihren Gesamtpunktwerten in eine Rangfolge gebracht.

- In einem letzten Schritt wird jetzt noch errechnet, ob der Unterschied zwischen den Gesamtpunktwerten verschiedener Alternativen signifikant ist, also so groß ist, daß mit hinreichender Sicherheit gesagt werden kann, eine Alternative sei besser als die andere. Diese Signifikanz wird mit der Formel

- errechnet. Nur wenn der Abstand der Gesamtpunktwerte zwischen zwei Alternativen größer ist als die errechnete Signifikanz, kann davon gesprochen werden, daß eine Alternative besser ist als die andere.

Im einzelnen wird die Nutzwertanalyse mit einer Bewertungsmatrix durchgeführt, die folgendes Aussehen hat:

Das oben vorgeschlagene Verfahren könnte ein der Komplexität des Analysegegenstandes angemessenes Vorgehen zur Feststellung der Vorteilhaftigkeit von Office-Automation- beziehungsweise Bürokommunikations-Systemen sein. Die Vorteile liegen darin, daß einerseits die monetär anfallenden Größen mit einer adäquaten Technik behandelt werden und andererseits die qualitativen Ziele und deren Erreichung mit ins Entscheidungskalkül einfließen.

Notwendige Voraussetzungen

Voraussetzung für eine sinnvolle Anwendung des vorgeschlagenen Vorgehens ist allerdings, daß:

- mit großer Sorgfalt die Kriterien der Bewertung, die ein Abbild der zu erreichenden Ziele darstellen sollen, festgelegt werden;

- der Stellenwert der einzelnen Ziele kritisch analysiert wird, da er die Grundlage der Gewichte ist,

- die Benotung der Alternativen nicht nach der erhofften, sondern nach realistischer Einschätzung bezüglich der Erreichung der Kriterien vorgenommen wird.

Gründliches Durchdenken der Probleme

Aber auch bei einem sorgfältigen Vorgehen, unter Beachtung dieser drei Punkte, führt das vorgeschlagene Vorgehen zu keiner eindeutigen Aussage für oder wider Office-Automation-/Bürokommunikations-Systeme. Sein Vorteil liegt vielmehr darin, daß Ziele definiert und Alternativen anhand dieser Ziele bewertet werden müssen. Dadurch wird gewährleistet, daß die Entscheidungsproblematik gründlich durchdacht und den Entscheidungsträgern in einer überschaubaren und nachvollziehbaren Form vorliegt.