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Bitkom: ITK-Förderung gehört ins Grundgesetz

16.02.2005
Das Thema Innovation gehört aus Sicht von Bitkom-Präsident Willi Berchtold nicht nur in die Parteiprogramme, sondern in die Verfassung.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Trotz der rasant steigenden Anzahl von Handy- und Internet-Nutzern hinken die Deutschen bei der Anwendung viel versprechender Technologien international hinterher. Bei schnellen Breitbandanschlüssen, dem Herunterladen von Musik und Spielen oder dem neuen Mobilfunkstandard UMTS seien andere europäische Staaten und die USA weiter, teilte der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) mit. Daher sei es wichtig, Innovation als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern. "Das Thema Innovation gehört nicht nur in die Parteiprogramme, es gehört in die Verfassung", sagte Bitkom-Präsident Willi Berchtold. Er reagierte damit auf eine Bilanz, die der Bitkom nach zehn Jahren IT-Politik und zahllosen Innovationsprogrammen zog. Wesentliche Gründe für den Vorstoß des Bitkoms sind die Schwächen Deutschlands bei der Modernisierung des öffentlichen Sektors, bei der Reform des Bildungswesens, der Forschungsförderung und der Mittelstandspolitik. Der Staat müsse seine Verantwortung bei der technologischen Modernisierung des Landes stärker wahrnehmen, partei- und fraktionsübergreifend.

Nach den Ergebnissen der aktuellen Bitkom-Studie "Daten zur Informationsgesellschaft" liegt Deutschland bei der Hightech-Ausstattung im internationalen Vergleich in einigen zentralen Feldern zurück. Im Vergleich zu den USA, der Schweiz, Skandinavien oder Japan habe Deutschland noch in zu vielen Bereichen Nachholbedarf, sagte Berchtold. Nur 17 Prozent der Haushalte hier zu Lande hätten schnelle Internet-Zugänge, in den Vereinigten Staaten aber 35 Prozent. Während der deutsche Online-Handel vor allem dank starker Aktivitäten der Unternehmen an der europäischen Spitze steht, gäben Briten und Spanier mehr für Musik, Videos oder Spiele aus dem Internet aus. Mit derzeit 250.000 Nutzern sei die UMTS-Technik in Deutschland gut gestartet, in Italien seien es aber bereits drei Millionen.

Im herkömmlichen Mobilfunk gebe es ebenfalls noch Spielraum nach oben, auch wenn sich das Wachstum verlangsame. Im vergangenen Jahr hatten 87 Prozent der Bundesbürger ein Mobiltelefon, 2005 sollen es 91 Prozent sein und 2007 sogar 98 Prozent. In Schweden kamen dagegen bereits im vergangenen Jahr 102 Handys auf 100 Einwohner. "Der Trend geht zum Zweit- oder sogar Dritt-Handy", sagte Berchtold.

Nach Ansicht des Bitkom könnte eine besser entwickelte Infrastruktur in Verbindung mit einer ressortübergreifenden Technologiepolitik das Wachstum weiter vorantreiben. "Die ITK-Industrie kann ein Plus von fünf Prozent pro Jahr erreichen, wenn die Politik für ein innovationsfreundliches Umfeld sorgt", sagte Berchtold. Derzeit rechnet sein Verband mit einem Zuwachs von gut drei Prozent auf 136 Milliarden Euro im laufenden Jahr. "Statt der erwarteten 10.000 zusätzlichen Jobs könnte die Branche weitaus mehr neue Mitarbeiter einstellen."

Um den Markt anzukurbeln, sei eine bundesweit abgestimmte Politik für Informations- und Telekommunikationstechnik nötig, so der Bitkom. Zu den Projekten, die stärker vorangetrieben werden müssten, gehörten die Jobcard, der digitale Polizeifunk, die Modernisierung der Bundeswehr-IT und die elektronische Verwaltung, das so genannte E-Government. "Wir fordern keine Subventionen. Wir fordern den modernen Staat", sagte Berchtold. Viele Projekte ließen sich trotz des Geldmangels von Bund, Ländern und Gemeinden realisieren. "Die Gesundheitskarte, zum Beispiel, wird sich nach wenigen Jahren durch die erzielten Einsparungen selbst finanziert haben."

Als Wachstumsbremse sieht der Verband hingegen die politische Diskussion um Themen, wie Urheberabgaben auf PCs, Rundfunkgebühren für Handys, zusätzliche Auflagen für Telekommunikationsfirmen und längere Abschreibungsfristen für betrieblich genutzte Software. Berchtold: "Das summiert sich auf mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr. Solche Auflagen bremsen das Wachstum und verhindern, dass die Jobmaschine wieder anspringt." (mb)