Bildschirmtext soll Brücke zum Kunden schlagen

05.10.1984

Ein günstiges Preis/Leistungs-Verhältnis pro Interaktion und mehr "Kundennähe" beziehungsweise mehr "Bürgerservice" sind die Hauptargumente, mit denen der Einsatz von Bildschirmtext begründet wird. Bei der Stadt Düsseldorf ist man sich darüber im klaren, daß dieses Kommunikationsmedium langfristig einen festen Platz im Informationsangebot einer Kommune haben wird. Vor allem soll das Spektrum der Austauschbeziehungen innerhalb der Verwaltung und mit dem Bürger erweitert und verbessert werden. Auch Volker Canis, Geschäftsführer bei den Obi-Werken, sieht den positiven Nutzen des Mediums. Seiner Ansicht nach schaufelt Bildschirmtext den Fachverkäufer von Routineaufgaben frei. Dadurch kann sich dieser verstärkt der Kundenberatung widmen.

Jörg Breithardt

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bifoa, Köln

Die Stadt Düsseldorf, langjähriger Btx-Feldversuchsteilnehmer, erstellt derzeit ihr Programm für den Regeldienst. Im Endausbau soll dieses Programm aus drei verschiedenen Blöcken bestehen die den unterschiedlichen Interessen an Btx-Informationen entsprechen:

- Informationsangebot über kommunale Leistungen und Ereignisse

Dieses Programm wendet sich an jeden einzelnen Bürger und will unter anderem über Veranstaltungen, das komplette Freizeit-, Kultur- und Sportangebot und die (teilweise unbekannten) Verwaltungsleistungen informieren. Außerdem ist die Möglichkeit der direkten Kontaktaufnahme des Teilnehmers zur Verwaltung vorgesehen, um Dienstleistungen verschiedener Art abzurufen beziehungsweise anzufordern. Der Programmaufbau entspricht den mit erarbeiteten und via KGst bundesweit verbreiteten. Empfehlungen für die Gestaltung kommunaler Btx-Programme.

- Dialoganwendungen für Bürger

Ähnlich den erwerbswirtschaftlich orientierten Unternehmen will auch die Kommune einen Teil ihrer Serviceleistungen im Btx-Dialog anbieten. Die zu diesem Zweck erforderliche Realisierung des Rechnerverbundes ist für Anfang des nächsten Jahres vorgesehen. Derzeit wird in Zusammenarbeit mit dem Betriebswirtschaftlichen Institut für Organisation und Automation an der Universität zu Köln (Bifoa) ein von der Deutschen Bundespost gefördertes Pilotprojekt realisiert. Ziel dieses Projekts ist, ein Kartenreservierungs- und Platzbuchungssystem für kulturelle Einrichtungen der Stadt aufzubauen. Der Bürger erhält dabei die Möglichkeit, aus dem Veranstaltungskalender sich eine Veranstaltung herauszusuchen, sie direkt nach Zeit, Ort oder Art anzusprechen, sich die aktuelle Belegungssituation anzeigen zu lassen und Sitzplätze seiner Wahl zu buchen. Die Zustellung eines Berechtigungsausweises läßt sich dann ebenfalls individuell in Abhängigkeit vom Zahlungsweg festlegen. Nach der ersten Einführung soll dieses Verfahren für weitere Anwendungen (Kursbuchungen, VHS, Buchreservierungen, Stadtbüchereien) und auch für private Veranstalter in der Kommune und der Umgebung geöffnet werden. Es ist geplant, die Anwendungen dann sukzessive um weitere Dialogverfahren (zum Beispiel Konteneinsicht) zu ergänzen. Außerdem soll mittels geeigneter Suchverfahren der direkte Zugriff zu den einzelnen Programmteilen komfortabel ermöglicht werden.

- Informationsangebote und Dialogverfahren für die Verwaltung

Es wird daran gedacht, solche Verwaltungsstellen, die nicht an das städtische Datennetz angeschlossen sind, zukünftig in ein Btx-Inhouse-System einzubinden, um auch deren Leistungskraft aktuell und zeitnah zu gewährleisten.

Diesen skizzierten Anwendungen stehen natürlich noch einige Schwierigkeiten - allen voran das Kosten-/Nutzen-Problem - im Wege. Jedoch ist man sich im klaren, daß Btx langfristig einen festen Platz im Informations- und Kommunikationsangebot einer Kommune haben und so das Spektrum der Austauschbeziehungen innerhalb der Verwaltung und mit dem Bürger erweitern und verbessern wird.

Volker Canis

Geschäftsleitung Bereich

Marketing Btx und Verlagsanwendungen, Data Process Service (DPS), Wermelskirchen

Schwerpunkte unseres Hauses sind in Einzelhandelssystemen Pharma- und Verlagsanwendungen gesetzt. Neben der herkömmlichen RZ-Leistung werden Teachwareprodukte und Anwendungssoftware vertrieben.

Als Hardware des Rechenzentrums werden Großrechner der IBM-Serie 3083 mit entsprechender Peripherie und Netzwerktechnologie eingesetzt.

Schon sehr frühzeitig wurde das Konzept der "Verteilten Intelligenz" in Form von Serie/1-Rechnern bei den Kunden realisiert. Diese Systeme bedienen in den Verlagen, in Apotheken und in Obi-Märkten vor Ort den Benutzer und kommunizieren mit Datenbanken der Systemzentrale in Wermelskirchen.

Durch den Einsatz des IBM PC erfuhr dieses Konzept eine sprunghafte Ausweitung mit entsprechender Anwendungssoftware und unter Kontrolle und Steuerung der Rechner in der Systemzentrale.

Ein weiterer Baustein in dieser Konzeption ist Btx und hierbei insbesondere der Einsatz der Bildplatte in Kombination mit Btx-Anwendungen.

Die Obi-Gruppe mit über 130 Märkten im Bundesgebiet gehört zu den größten Bau- und Heimwerkermarkt-Ketten .

Mit etwa 20 000 einzelnen Artikeln als Sortiment im Obi-Markt sind nicht nur kommerzielle Probleme von der Warenbewirtschaftung bis zur Kasse zu lösen. Die Märkte werden auf dem Niveau eines Fachgeschäftes geführt, das heißt, der Kunde erwartet Auskunft und Fachberatung

Der Einsatz von Btx ermöglicht in Form von "Stücklisten und Baugruppen" eine Übersicht der im Obi-Markt geführten Artikel. Aus dieser Aufstellung werden alle für den Kunden wichtigen Informationen ersichtlich (beispielsweise Preis, Mengeneinheiten, Regal-Nummer, und so weiter)

Das Ziel der elektronischen Beratung ist, zu erkennen, wo welcher Artikel zu welchem Preis zu finden ist, welche Mengen benötige ich entsprechend meinen Maßen und welche Werkzeuge beziehungsweise Zusatzmaterialen sind erforderlich.

Über Baugruppenindex kann der entsprechende Filmausschnitt der Bildplatte angesteuert werden. Der Kunde erhält nun in Form von bewegten Bildern (Film) und Ton von der Bildplatte her eine sachkundige Anleitung zur Verarbeitung der Materialien. Der am PC erzeugte Ausdruck dient als "Einkaufszettel" auf dem Weg durch den Markt.

In einigen Standardanwendungen kann der Anleitungsfilm als Videokassette erworben werden. Die Aktualisierung und Steuerung der Daten dieser Informations- und Kommunikationssysteme geschieht zentral vom Stammhaus aus. In enger Zusammenarbeit zwischen der Obi-Zentrale und DPS-System-Zentrale ist sichergestellt, daß zukünftig unabhängig vom Standort des Obi-Marktes ein hoher Servicegrad erreicht wird.

Die Btx-Info-Shops der Obi-Märkte werden den Fachverkäufer unterstützen und mehr Zeit für Spezialberatung einräumen. Darüber hinaus wird Bildschirmtext all denen nähergebracht, die das Medium in der eigenen Wohnstube noch nicht kennen.

Günter Szameikat

mbp Mathematischer Beratungs- und Programmierungsdienst GmbH, Dortmund

Für die Anbindung eines Mikrocomputers an den Bildschirmtext-Dienst gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Eine davon besteht beispielsweise darin, den Computer einem Hardwaredecoder-Fernsehgerät parallelzuschalten. Der Rechner erhält dabei alle erforderlichen Informationen in einem vom jeweiligen Btx-Standard abhängigen Protokoll, interpretiert diese Daten und stellt sie dann der Weiterverarbeitung in geeigneter Form zur Verfügung.

Grundsätzlich bedeutet aber dieses Konzept, daß jede darzustellende Btx-Seite in gewissem Umfang eine doppelte Decodierung durchläuft. Zum einen innerhalb des Weiterverarbeitungsprogramms im Mikrocomputer, zum anderen km Btx-Decoder zur Aufbereitung für den Fersehschirm. Hinzu kommt, daß der Rechnermonitor nur für die Weiterverarbeitungsfunktionen, nicht aber zur direkten Darstellung der Bildschirmtext-Seite benutzt wird. Die Lösung dieses Konflikts erfordert Überlegungen in eine völlig neue Richtung. Denn, daß die Btx-Fähigkeit eines Rechners notwendigerweise die Verwendung hergebrachter Technologien wie Hardware-Decoder und Fernsehschirm mit sich bringen muß, trägt der "Intelligenz" und den Möglichkeiten eines Mikrocomputers in keiner Weise Rechnung. Die prinzipielle Idee war deshalb: Ergänzung der ohnehin bei der Weiterverarbeitung zur Decodierung erforderlichen Software um einen Displayteil, mit dem die Btx-Seiten auf dem an Rechner vorhandenen Sichtgerät dargestellt werden können.

Der entscheidende Vorteil einer solchen Software-Lösung besteht in der Möglichkeit, mit einem Rechner die unterschiedlichsten Aufgabenstellungen - von den üblichen Applikationen bis hin zur Kommunikation - abdecken können.

Der Computer wird einfach durch einen Programmwechsel zu einem komfortablen Btx-Endgerät und Bildschirmtext. Er läßt sich somit, ohne daß ein zusätzlicher Hardware-Decoder oder ein Fernsehschirm benötigt wird, in den vorhandenen Informationskreislauf integrieren. Der Software-Decoder umfaßt alle Funktionen, die zur Präsentation der Btx-Informationen auf dem rechnereigenen Bildschirm und zur Kommunikation mit der Btx-Zentrale erforderlich sind.

Voraussetzung für eine Weiterverarbeitung der empfangenen Btx-Informationen ist es, den Benutzerprogrammen die in den Seiten enthaltenen Nutzinformationen unabhängig vom verwendeten Btx-Standard zur Verfügung zu stellen. Innerhalb des Software-Decoders erfolgt dies durch die positionsgerechte, das heißt zeilen- und spaltenrichtige Abbildung der Zeichen und ihrer Attribute. Dieses interne Datenmodell ist standardunabhängig und kann so als Schnittstelle zwischen den einzelnen Modulen zur Weiterverarbeitung dienen. Die Darstellung einer abgespeicherten Seite eines beliebigen Standards oder auch Modifikationen einer Btx-Seite können also erfolgen, ohne daß immer wieder das Protokoll analysiert werden muß. Die eigentliche Codierung oder Decodierung der verschiedenen Btx-Standards geschieht im Online-Betrieb direkt beim Empfangen oder Senden der Seiten.

Mit dem Software-Decoder werden schon heute alle zur Zeit im Einsatz befindlichen europäischen Standards (Prestel, Antiope, CEPT) verarbeitet.

Ebenfalls Online verfügbar sind als Weiterverarbeitungsdienste:

- Abspeicherung von Btx-Seiten in einer Datei,

- Abruf und Darstellung von abgespeicherten Btx-Seiten,

- Ausdrucken des Textinhaltes abgespeicherter Seiten,

- Führen von Inhaltsverzeichnissen mit Möglichkeiten zu deren Modifikation

Diese Dienste werden durch Funktionstasten direkt angesteuert. Für Offline-Anwendungen können alle Funktionen vom Menü heraus angewählt werden. Der Benutzer kann so diese Dienste beanspruchen, ohne daß eine Verbindung zu einer Bildschirmtext-Zentrale besteht.

Zur Kommunikation mit dieser Zentrale wird die Tastatureingabe innerhalb des Software-Decoders in das entsprechende Format umgewandelt. Ebenso ist natürlich das Abhandeln der jeweils vorgeschriebenen und landesabhängigen DFU-Protokolle Bestandteil des Decoders.

Der Software-Decoder deckt damit alle für die Arbeit mit Btx erforderlichen Leistungsebene ab:

- die Präsentationsebene, das heißt das Empfangen und Darstellen der Daten,

- die Dialogebene, das heißt die Umsetzung der Tastatureingaben in die entsprechenden Zeichen oder Steuerzeizeichen für die Btx-Zentrale

- die DFU-Protokollebene.

Bedingt durch die modulare Struktur des Software-Decoders und die standardunabhängigen internen Schnittstellen sind Erweiterungen sehr leicht möglich. Im Gegensatz zu Hardware-Lösungen, wo jede zusätzliche Funktion meistens mit Hardware-Erweiterungen verbunden ist, stellt die vollständige Softwareintegration dieser Lösung eine hohe Flexibilität schon vom Konzept her sicher. An Erweiterungen werden zur Zeit vorbereitet:

- weitere Btx-Varianten, wie NAPLPS,

- zusätzliche Editorfunktionen,

- Unterstützung vom Bulk-Update-Prozeduren.

Die Vorteile des Btx-Dienstes werden durch den Einsatz des Software-Decoders unterstützt; erst die Kombination Btx, Computer und Software-Decoder ermöglicht die optimale Nutzung. Denn insbesondere für kommerzielle Anwendungen ist weniger das mikrocomputergestützte Bildschirmtext-System als vielmehr die Einbindung der Btx-Dienste in die vorhandene Datenverarbeitung von Interesse. Dies erfordert notwendigerweise:

- die Darstellung der Btx-Informationen auf dem rechnereigenen Sichtgerät,

- die standard-unabhängige Weiterverarbeitung aller über Btx empfangenen Informationen,

- die Möglichkeit, durch Erweiterungen zukünftige Anforderungen jederzeit leicht abdecken zu können.

An diesen Forderungen wird sich jede ernstzunehmende Btx-Lösung messen lassen müssen. Deshalb setzen schon heute verstärkt die Mikrocomputerhersteller auf den Software-Decoder, der sich als das marktgerechte Konzept durchzusetzen scheint.