Fortune 500: Der US-Wirtschaft geht es wieder besser als im Vorjahr:

Big Blue hängt beim Gewinn selbst Exxon ab

13.05.1988

MÜNCHEN (dow/ujf) - Mit einem Profit von knapp 5,3 Milliarden Dollar hat es die IBM im vergangenen Jahr geschafft, sich vor Exxon an die Spitze der Top Ten unter Amerikas bestverdienenden Konzernen zu setzen. In der alljährlich von dem amerikanischen Wirtschaftsmagazin "Fortune" aufgestellten Rangliste der 500 größten US-Unternehmen rangiert der Primus der DV-Industrie in punkto Umsatz jedoch nur auf dem vierten Platz.

Nach fünf mageren Jahren stiegen 1987 die Umsätze der 500 größten US-Unternehmen insgesamt um neun Prozent auf fast 2 Billionen Dollar. Mit weniger Leuten - die Zahl der Beschäftigten sank um 300 000 auf 13,1 Millionen - konnten die Gesamtgewinne gegenüber dem Vorjahr um 41 Prozent auf über 90 Milliarden Dollar gesteigert werden.

Als gewinnstärkste Branchen der US-Wirtschaft nennt Fortune die Elektronikindustrie, zu der auch der Telekommunikationsriese AT&T gezählt wird sowie die Autoindustrie. In der Skala der profitabelsten Branchen zeigt ein dritter Platz für die Computerhersteller, daß sich das Geschäft mit Hard- und Software trotz Dollarkrise immer noch lohnt. Mit 15,5 Prozent mehr Umsatz als im Vorjahr die DV-Unternehmen auch 1987 wieder mehr zu als der Durchschnitt der US-Wirtschaft. Lediglich die Textilbranche und die holzverarbeitende Industrie schnitten mit 16 und 17,9 Prozent Umsatzplus noch besser ab.

Cray: Beste Rendite der Branche erwirtschaftet

In der Hitliste der DV-Unternehmen hat sich im Vergleich zum Vorjahr auf den ersten acht Plätzen wenig getan. Lediglich Unisys und DEC haben die Plätze getauscht. Der Grund für die Beförderung von Unisys zum Branchenzweiten hinter der IBM ist, daß sich die der Fortune-Rangliste zugrundeliegende Berechnung am Geschäftsjahr und nicht am Kalenderjahr orientiert.

Die beste Rendite der Branche erwirtschaftete mit 21,4 Prozent vom Umsatz der Supercomputer-Hersteller Cray Research. Auch der Laufwerkproduzent Seagate, den Fortune nicht zu den Computer-, sondern zu den Elektronik-Unternehmen zählt, steht mit 14,6 Prozent glänzend da. Über dem Fortune-500-Branchenmittel von 8,1 Prozent liegen bei der Umsatzrendite des weiteren DEC, Compaq, Intergraph, Tandem, IBM, Amdahl, Telex, Apple und Newcomer Atari, während Firmen wie Hewlett-Packard, NCR und Unisys oder die erstmals vertretene Sun Microsystems unterdurchschnittlich verdienten.

In der Produktivität, gemessen an Umsatz und Gewinn pro Beschäftigtem, besteht die Spitzengruppe aus Cray, Compaq, Apple und Amdahl. Bei dem Mac-Lieferanten aus Cupertino zum Beispiel erreicht der Pro-Kopf-Umsatz - wie schon in den Vorjahren - weit mehr als das Doppelte dessen, was die IBMer schafften: Auf jeden Apple-Mitarbeiter entfielen im Durchschnitt Einnahmen in Höhe von gut 368 000 Dollar, von denen wiederum mehr als 30 000 Dollar als Gewinn verbucht werden konnten. Bei Big Blue lag der Profit pro Kopf bei etwa der Hälfte, obwohl der Armonker Konzern im vergangenen Geschäftsjahr seine Belegschaft um mehr als 14 000 Personen verringerte und gleichzeitig der Gewinn um fast zehn Prozent stieg.

Bei einigen Unternehmen deuten die Kennzahlen darauf hin, daß weitere Rationalisierungsmaßnahmen anstehen: Unisys und der Zusammenschluß Prime/Computervision haben einen unterdurchschnittlichen Pro-Kopf-Umsatz, obwohl sie viele Produkte gar nicht selbst fertigen, sondern auf dem OEM-Markt zukaufen; ähnlich wie bei Wang ist ein weiterer Personalabbau denkbar. Unisys hatte sich im Jahr 1987 von 5800 Mitarbeitern getrennt; Wang reduzierte den Stab um mehr als 1 300 Beschäftigte.

Hingegen stockte der zweitgrößte Arbeitgeber der Branche, Digital Equipment, im betreffenden Geschäftsjahr die Belegschaft um 15 800 auf 110 500 Personen auf. Diese Expansion bescherte DEC einen sehr schlechten Wert beim Pro-Kopf-Umsatz - nämlich nicht einmal 85 000 Dollar. Denn die neuen, noch auszubildenden Kräfte tragen zunächst einmal nichts zur Wertschöpfung bei, sondern verursachen Kosten. Allerdings zeigte Compaq auch hier wieder einmal, daß es anders geht: Der rasant wachsende PC-Hersteller aus Texas mußte mit einem 81prozentigen Zuwachs des Personalstandes auf 4000 Personen fertig werden, hielt sich aber trotzdem bei Einnahmen und Rendite pro Kopf auf dem zweiten Platz innerhalb der Branche. Ware Berechnungsgrundlage die durchschnittliche Zahl der Beschäftigten im Laufe des Jahres, sähe der Wert noch günstiger aus.

Vielleicht ist solcher geschäftlicher Erfolg auch damit zu erklären, daß die Manager dieses Unternehmens etwas bescheidener sind als der Durchschnitt. Das US-Wirtschaftsmagazin "Business Week", das sich mit voluminösen Statistiken neben den berühmten "Fortune five-hundred" profilieren will, gab Compaq-Boß Rod Canion und seinem deutschen Senior Vice-President Eckhard Pfeiffer jüngst die Note "1": Sie hätten im Interesse sowohl der Aktionäre als auch des Unternehmens gute Arbeit geleistet und sich dafür nicht zu üppig selbst bedient.

Am schlechtesten kamen bei der Beurteilung die Top-Manager von Control Data und Wang weg: CDC-Chairman Robert Price und sein Vize N.R. Berg sowie An Wang galten den Juroren als mangelhafte Sachwalter der ihnen unterstellten Unternehmen. Der absolute Bösewicht allerdings heißt Jim Manzi: Der 36jährige Boß des Softwarehauses Lotus kassierte binnen drei Jahren über 30 Millionen Dollar an Gehalt und Erfolgsprämien. Zum Vergleich: Canion bekam in derselben Zeit "nur" 2,3 Millionen Dollar Gehalt - und keinen Cent "long-term compensation".