Serviceunternehmen sehen sich durch IBM-Strategie ernsthaft bedroht:

Big Blue buhlt um US-Wartungskunden

29.05.1987

FRAMINGHAM (CWN) - Unter enormen Zugzwang sind die herstellerunabhängigen Wartungsfirmen in den USA durch die Bekanntgabe der neuen IBM-Servicepolitik geraten. Branchenbeobachter fordern nun die Anwender auf, dem mächtigen Konzern gegenüber erst einmal in der Reserve zu bleiben und abzuwarten, wie IBMs Mitbewerber im Maintenance-Geschäft reagieren.

Auf den ersten Blick scheinen die Anwender die lachenden Dritten zu sein bei dem Vorstoß des Armonker DV-Giganten gegen die Branche der "Third-Party Maintenance" (TPM). Um die lästige Konkurrenz im lukrativen Servicesektor abzuschütteln, ersannen die Strategen von Big Blue das Corporate Service Amendment (CSA), eine Ergänzung zu der Servicevereinbarung mit Großkunden. Die CSA zeichnet sich vor allem durch ein deutlich geringeres Risiko von Konventionalstrafen für den Anwender aus, aber auch durch die kostenlose Option auf einen 24-Stunden-Service an sieben Tagen pro Woche. Die Neuregelung suggeriert dem Kunden größere Unabhängigkeit vom großen Lieferanten und verspricht gleichzeitig mehr Nutzen fürs Geld.

Diese Attacke konnten bislang die wenigsten der TPM-Gesellschaften, von denen die meisten keiner kapitalstarken Muttergesellschaft angehören, parieren. Skeptische Marktbeobachter sehen daher IBMs Ziel darin, den Wettbewerb auszuschalten, um anschließend die Preise wieder diktieren zu können.

Dem Abwärtstrend bei den HW-Kosten folgen

Doch es gibt auch gutwillige Interpretationen: Big Blue wolle mit der Entwicklung der Servicekosten dem Abwärtstrend bei den Hardwarekosten folgen, denn der Anwender solle nicht den Eindruck gewinnen, daß seine anteiligen Aufwendungen für die Wartung unverhältnismäßig wüchsen. Dies sei für den Konzern machbar, weil die Zuverlässigkeit der Systeme steige und sich viele Probleme ohne Eingreifen eines Außendiensttechnikers lösen ließen.

Zudem gilt es als gesicherte Erkenntnis, daß die Servicegebühren zumindest in den Vereinigten Staaten nicht an den tatsächlichen Kosten orientiert sind. Vielmehr sei es branchenüblich, so viel zu verlangen, wie der Markt hergibt. Demnach verdiente nicht nur die IBM bisher zuviel an der Wartung, sondern auch die Konkurrenz, die sich bei der Preisgestaltung stets nach dem Vorbild der IBM-Liste richte. Logischerweise wäre dann auch das Argument entkräftet, die Existenz der kleinen Mitbewerber wäre gefährdet.

Welche Interpretation auch der Wahrheit näherkommen mag - die Anwender sollen, so die Branchenauguren, auf jeden Fall den TPMs genug Zeit geben, zu reagieren. Wenn Big Blue es schaffe, zu den unabhängigen Anbietern abgewanderte Kunden wieder zurückzugewinnen, werde nur eine wünschenswerte Portion Wettbewerb im DV-Markt preisgegeben. In dem Fall wären die User Freiwild; wenn sie heute richtig reagierten, könnten sie IBM und die TPMs gegeneinander ausspielen.