DV-Markt Österreich: Importüberhang rund 3 Milliarden Schilling

Big Blue beherrscht Großcomputer-Geschäft

17.09.1982

WIEN (eks) - Für drei Milliarden Schilling kauften Österreichs Anwender im Jahr 1981 importierte EDV-Systeme, Peripheriegeräte und entsprechendes Zubehör. Die Daten der letzten "Diebold-Statistik" sowie eigene Aufzeichnungen wertet Professor Fritz Neeb vom Österreichischen Statistischen Zentralamt aus, jeweils nach sektoraler und regionaler Verteilung der Installationen. Ergebnis: Bei Großcomputern führt auch hierzulande unangefochten IBM.

"Mother Blue" konnte sogar bei Privatrechenzentren und Sozialversicherungen der bisherigen Nummer eines Univac die Führung abknöpfen. Nurmehr in zwei Branchen hat ein anderer Hersteller mehr Parkwert installiert als IBM - in der Elektroindustrie und an den Hochschulen.

Laut Österreichs offizieller Außenhandelsstatistik wurden 1981 EDV-Systeme, Textverarbeitungssysteme, Peripheriegeräte und Zubehör im Wert von 4,6 Milliarden Schilling importiert, um etwa 15 Prozent mehr als im Vorjahr (Tabelle).

Ein Teil davon geht allerdings wieder ins Ausland, hauptsächlich nach Osteuropa. Zusammen mit Österreichs eigener Hardwareproduktion sowie dem Re-Export gebrauchter Geräte macht im Jahr 1981 der Export rund 1,4 Milliarden Schilling aus. Die genaue Ziffer ist nicht feststellbar, da die Angaben zum Export sogenannter vollständiger EDV-Systeme auf Antrag einiger Hersteller geheim gehalten werden. Der Importüberschuß oder häßlich ausgedrückt: das Handelsbilanzdefizit bei EDV-Systemen belief sich somit auf rund drei Milliarden Schilling.

Die größte Einzelposition machen die Ein-/Ausgabegeräte mit einer Milliarde aus. Ersatzteile und Zubehör sowie vollständige EDV-Systeme mit 840 beziehungsweise 700 bis 800 Millionen liegen auf den Plätzen zwei und acht. Überaus gering ist der Anteil von Zentralrechnern nämlich mit 20 Millionen Importwert und 10 Millionen Importüberhang nicht einmal ein Prozent. Daraus läßt sich schließen, daß erstens die Lust zum Hardware-Mix nicht sehr ausgeprägt sein dürfte und zweitens, daß hauptsächlich bereits installierte Systeme um periphere Einheiten erweitert werden. Die größten Zuwachsraten verzeichnete auch die Speicherperipherie (+ 18 Prozent) sowie Ersatzteile und Zubehör (+ 15 Prozent) - wenn man von den Zentralrechnern wegen des geringen absoluten Wertes absieht.

Stark rückläufig sind Import und Export von Textverarbeitungssystemen und Speicherschreibmaschinen. Aber auch bei Ein/Ausgabegeräten ist die Entwicklung insofern rückläufig, als die Ausfuhr wesentlich stärker stiegen als die Einfuhr, so daß der Wert der in Österreich verbliebene Geräte um rund ein Fünftel geringer war als 1980.

Trotz eines Wertrückgangs von über 100 Millionen beziehungsweise 6 Prozent gegenüber dem Stichtag 1. 1. 81 führt das Kreditwesen beim Wert der installierten Großanlagen (Kaufpreis höher als 1,75 Millionen Schilling) völlig unangefochten. Banken und Sparkassen haben mehr als doppelt soviel an Parkwert installiert wie die am zweiten Platz liegenden Bundesdienststellen. Handel und Chemie liegen ex equo auf Platz drei.

Ein wenig überraschend ist, daß die nicht herstellereigenen Rechenzentren fast doppelt soviel an Anlagenwert betreiben wie die Hersteller-Rechenzentren. Bei der Anlagenzahl stehen sogar viermal soviel Großcomputer bei den "freien Datentankstellen". Groß ist allerdings hier der Unterschied zwischen der IBM und der Nicht-IBM Welt. Die IBM-eigenen Rechenzentren weisen einen um 50 Prozent höheren Parkwert aus, als die herstellerunabhängigen, die mit IBM-Anlagen arbeiten, so daß IBM hier die eigenen Kunden kräftig konkurrenziert. Die anderen Hersteller halten es umgekehrt. Siemens betreibt überhaupt kein eigenes Rechenzentrum. Und unabhängige Rechenzentren haben fünfmal soviel Univac-Kapazität beziehungsweise 2,4mal soviel Honeywell Bull Kapazität installiert wie die Hersteller selber.

Die "sonstigen Hersteller", in diesem Fall hauptsächlich NAS und CDC laufen IBM in dieser Branche den Rang als erstem Lieferanten ab.

Öffentliche Hand zurückhaltend

Sehr zurückhaltend bei der Installation zusätzlicher EDV-Großsysteme waren im Vorjahr alle öffentlichen Stellen. Sie verzeichneten absolute und relative Rückgänge, nur Länder und Gemeinden weisen ein geringes und unterdurchschnittliches Wachstum auf.

Sehr expansiv hingegen sind die Sozialversicherungen. Die neuen Glaspaläste erforderten wohl auch neue Computer. Mit 126 Millionen Wertzuwachs in einem Jahr übertrafen die öffentlichen Versicherungen alle anderen Branchen. Damit Hand in Hand ging auch ein massiver Rutsch bei den Marktanteilen der Hersteller. Hatte am 1. Januar 81 noch Univac mit 43 Prozent gegenüber 35 Prozent bei IBM die Konsole vorn, so drehten die emsigen Verkäufer des Marktführers dieses Verhältnis innerhalb eines Jahres auf 36 zu 48 um.

Fairerweise sollte hier auch noch das Wachstum seit 1980 berücksichtigt werden, denn budgetbedingte Spitzen können das Bild verfälschen. Über die letzten beiden Jahre betrachtet, verzeichneten auch die Hochschulen ein überdurchschnittliches Wachstum. Die Sozialversicherungen hingegen "bescheiden" sich mit einem um insgesamt 168 Millionen höheren Parkwert. Fragt sich trotzdem, ob der beträchtliche Zuwachs bei einer Institution unumgänglich war, der Optimisten den bevorstehenden Zusammenbruch prophezeien. (Pessimisten meinen, er habe schon stattgefunden.

Beim absoluten Wachstum im Vorjahr führen auch Handel und Nahrungsmittelindustrie. Die prozentuell stärkste Zunahme bezogen auf den eigenen Vorjahreswert verzeichneten Bauindustrie, Dienstleistungsbranche und eben die Sozialversicherungen.

Siemens führend bei der Elektroindustrie

Hatte Univac den ersten Platz bei den Sozialversicherungen verloren, so konnte Siemens in der Elektroindustrie den bisherigen Leader IBM ablösen.

Ferner gibt es noch bei den Hochschulen einen Hersteller mit höherem Parkwert als IBM. Es handelt sich um die Control Data Corporation (CDC), die allerdings, da sie insgesamt nur rund ein Prozent des in Österreich installierten Anlagenwertes stellt von Fritz Neeb unter "sonstige" gereiht wurde.

Nach Bundesländern gereiht stehen rund 60 Prozent der Großrechnerkapazität in Wien. Oberösterreich mit dem Industriezentrum Linz liegt mit rund 11 Prozent des Parkwerts am zweiten Platz.

Es gibt kein Bundesland, in dem nicht IBM absoluter oder zumindest relativer Marktführer bei Großanlagen wäre. Das blaue Stück vom Marktkuchen schwankt allerdings zwischen 70 Prozent in Kärnten und 66 Prozent in Wien einerseits und 37 Prozent in Niederösterreich (einschließlich Burgenland). In drei Bundesländern (Wien, Vorarlberg und Steiermark) ist Siemens Zweiter. In vier (Nieder- und Oberösterreich, Tirol und Kärntern) Univac und in Salzburg Honeywell.

Der durchschnittliche Anlagenwert bei Universalrechnern sank seit 1980 um fast eine Million Schilling auf 3,5 Millionen. Die größeren Rechner mit Kaufpreisen über 1.75 Millionen aufwärts verloren im Schnitt sogar 1,5 Millionen.

Die im Mittel teuersten Rechner standen 1982 bei den Sozialversicherungen und den Bundesdienststellen. Sie waren um 20 Prozent teurer als die mit rund 18 Millionen Wert der einzelnen Anlage auch nicht kleinen Rechner bei Banken und Versicherungen.

Verhältnismäßig bescheiden gab sich die Industrie. Etwa 4,5 Millionen kostet im Schnitt ein dort eingesetzter Großrechner. Und sogar mit nur rund drei Millionen kommt die Bauindustrie aus.

Information: Österr. Statistisches Zentralamt, 1150 Markgraf, Rüdiger Str. 8, Professor Fritz Neeb, 1210 Schipperg. 49, Tel: 3 94 56 15