Bewegungsfreiheit

11.03.1988

Das Referentenpapier aus dem Hause Schwarz-Schilling liegt termingerecht vor-und das Gerangel der unterschiedlichen parteipolitischen, ministeriellen, Lobbyisten-und sonstigen Interessen kann losgehen. Die Kritiker dürften es freilich nicht ganz leichthaben, bewegen sich doch die Reformvorschläge weitgehend im Rahmen der von der EG-Kommission im "Grünbuch" abgesteckten Liberalisierungsschritte.

Die Gewinn-und Verlustrechnung sieht derzeit, in umgekehrter Reihenfolge, so aus: Sperrfeuer ist-außer von der Deutschen Postgewerkschaft-aus drei Ecken zu erwarten: aus dem von der FDP geführten Wirtschaftsministerium, dessen Einfluß auf die Fernmeldepolitik reduziert wird; aus dem Stoltenberg-Ministerium, das auf die Postablieferung und damit auf lukrative Einnahmen verzichten muß; und vom Postverwaltungsrat, der das Ende seiner Gremienherrlichkeit aufziehen sieht.

Die Bundespost selbst gewinnt erheblich an Bewegungsfreiheit. Sie bietet nach dem neuen Modell weniger Angriffsfläche, den wichtigsten Kritikpunkten wurde Rechnung getragen, auch wenn hier und da noch Feinschliff vonnöten ist, und die Trennung zwischen hoheitlichen und Dienstleistungsaufgaben verläuft klarer.

Als weitere Gewinner können sich die Großanwender aus Wirtschaft und Industrie sowie die internationalen DV-und Nachrichtentechnik-Multis fühlen: Ihnen kommen die Tarifsenkungen bei Mietleitungen zugute, sie können nun endlich mit Volldampf in die vielgepriesene goldene Ära der Mehrwert-Dienste starten und Kasse machen. Warten wir es ab!