Bertelsmann-Aufsichtsrat Lahnstein wendet sich gegen "Trittbrettfahrer" Plaene zur Media Service GmbH finden in Bruessel keinen Anklang

18.11.1994

FRANKFURT/M. (gh) - Die (Multimedia)-Bluetentraeume der drei Mediengiganten Telekom, Bertelsmann AG und Kirch-Gruppe werden vorerst nicht reifen. Der in Bruessel fuer Wettbewerbsfragen zustaendige EU-Kommissar Karel van Miert verweigerte die kartellrechtliche Genehmigung der im Fruehjahr gegruendeten gemeinsamen Tochter MSG Media Service GmbH.

"Dies ist ein schwerer Schlag fuer den Standort Deutschland", kommentierte ein Telekom-Sprecher die Entscheidung der Bruesseler Wettbewerbshueter gegenueber der COMPUTERWOCHE. Die drei Partner wollten im Rahmen der MSG bekanntlich einen einheitlichen Decoder fuer das kuenftige digitale Pay-TV entwickeln und vermarkten sowie das entsprechende Gebuehreninkasso abwickeln. Darueber hinaus sollte das Unternehmen Programmanbieter gewinnen.

Letzteres war nun unter anderem ausschlaggebend fuer das Bruesseler Veto. Die Beamten um EU-Kommissar van Miert sahen es bei der gegenwaertigen MSG-Konstruktion als nicht gewaehrleistet an, dass anderen Programmanbietern ein diskriminierungsfreier Zugang zur Infrastruktur und zum Dienstleistungsangebot der MSG ermoeglicht wird. Zudem beanstandete Bruessel die von den Joint-venture- Partnern proprietaer konzipierte Decoder-Technologie, die die Pay- TV-Kunden gezwungen haette, die kuenftige "Set-top-Box" ausschliesslich von der MSG zu beziehen. Wie es nun mit der MSG weitergeht, ist ungewiss. Bei der Telekom will man zunaechst die schriftliche Begruendung aus Bruessel abwarten. Bertelsmann und die Kirch-Gruppe ziehen offensichtlich auch andere Pay-TV-Alternativen in Erwaegung.

Manfred Lahnstein, Aufsichtsratsmitglied der Bertelsmann AG, erteilte jedenfalls einer etwaigen Aenderung der MSG- Gesellschafterstruktur eine Absage. "Wir legen keinen Wert auf Trittbrettfahrer, die aufspringen, wenn wir bereits investiert haben", betonte Lahnstein am Rande einer von der Duesseldorfer Euroforum GmbH und dem "Handelsblatt" veranstalteten Konferenz in Frankfurt am Main.