X.25 für öffentliche Datennetze:

"Bernet" mit kanadischer Technologie

21.09.1979

In den letzten Jahren ist der Anteil der Datenfernverarbeitung in der EDV rapide gestiegen. Viele Gründe sprechen dafür, daß die Entwicklung langfristig anhält: dezentrale Datenerfassung bei Filialgeschäften, Timesharingservice durch Großrechenzentren und Electronic mail in Großunternehmen. Das sind nur einige Beispiele für die neue Art der Datenfernverarbeitung. Mit den herkömmlichen Methoden der Datenfernverarbeitung, wie zum Beispiel Standleitungen, Wählleitungen oder Telex- oder Datexnetzen, ist modernes Distributed processing finanziell nicht mehr tragbar.

Durch die Verabschiedung der weltweiten Standardisierung von Datenfernverarbeitungsprotokollen (X.25, X.28, X.3, X.29) für die neue Technologie das Packed switching durch die CCITT (Commitee consultativ international telephon-telegraphing) ist in der Datenübertragung eine neue Epoche angebrochen.

Packet-switching-Datennetze teilen den zu übertragenden Datenstrom in einzelne Pakete auf. Pakete von vielen an einem Netz beteiligten Benutzern können dann über wenige physikalische Leitungen zum jeweiligen Paketempfänger übertragen werden (siehe Abbildung 1).

Mit dieser Technologie können nun öffentliche Datennetze geschaffen werden, die dem Benutzer eine Reihe von Vorteilen schaffen:

- keine hohen permanenten Leitungskosten, sondern Gebühren den übertragenen Datenpaketen entsprechend;

- keine fest geschalteten Verbindungen, sondern frei anwählbare Teilnehmer, die über sogenannte Virtual circuits für die Zeit einer Datenübertragung verbunden sind;

- keine starren Anschlußparameter, sondern Flexibilität in den Übertragungsgeschwindigkeiten und frei wählbare Verbindungscharakteristika;

- sichere digitale Datenübertragung und Netzkontrolle.

In den letzten Jahren sind schon mehrere solcher öffentlichen Datennetze in Betrieb genommen worden, die alle der standardisierten X.25-Technologie entsprechen:

Land X.25-Datennetz

Kanada DATAPAC

USA Telenet, Tymnet

Frankreich Transpac

Europa EURONET

Japan Nippon, Tel. +Tel.

In der Bundesrepublik ist nun auch eine Entscheidung

gefallen: Ab Sommer 1980 wird ein öffentliches Datennetz mit kanadischer Technologie von der Deutschen Bundespost betrieben werden. Erste Erfahrungen wurden damit in dem Pilotprojekt "Bernet" in Berlin seit 1978 gemacht.

Die DBP nennt ihr öffentliches Datenpaketvermittlungsnetz Datex-P und bietet folgende Anschlußleistungen:

Anschluß von X.25-packetorientierten Terminals (intelligente Terminals und Rechner) mit Geschwindigkeiten von bis zu 48 KBaud und Anschluß von herkömmlichen asynchronen (Teletype etc.) und synchronen (BSC) Terminals über die Konzentrationseinheit PAD mit Anschlußgeschwindigkeiten von 1200 Baud.

Wie schließt man sich nun als zukünftiger Benutzer an das öffentliche Datennetz an? Viele Hersteller bieten schon die notwendige Hard- und Software für ihre Rechner an, die die entsprechenden X.25-Protokollebenen realisieren (HDLC, X.25, X.29). Die Pakete sind eng an die jeweiligen Betriebssysteme gekoppelt und ermöglichen so den Zugang vom Datennetz zum Programmsystem (zum Beispiel Timesharingsystem). Auf der Terminalseite sind schon solche Konzentratoren erhältlich, an die eine Anzahl von herkömmlichen Terminals anschließbar ist und die die Packetierung von X.25-Bearbeitung in Netzrichtung ermöglichen.

Für den Anschluß von PDP 11-Rechnern an das öffentliche Datennetz bietet die kanadische Firma Cableshare einen LSI-X.25 Front-End-Processor an, der die gesamte X.25-Abarbeitung übernimmt und die Daten über DMA zum PDP 11-Memory überführt. Somit ist die PDP 11 durch X.25 kaum belastet und kann ihre eigentlichen Aufgaben unter dem Betriebssystem RSX oder RSTS durchführen. Für den Anschluß von Terminals an das Datennetz bietet Cableshare, die in Deutschland durch die Firma Softec in Berlin vertreten ist, den intelligenten Konzentrator LSI-X25 an, der bis zu 32 asynchrone Terminals bedient und mit bis zu 19.2 KBit an das X.25-Netz angeschlossen werden kann. Die Abbildungen 2 und 3 zeigen einen möglichen Netzanschluß des LSI X.25-FEP und des Konzentrators.

Um abschließend zukünftigen Benutzern einen Eindruck von der Kostenreduzierung zu geben, die durch die Benutzung von öffentlichen X.25-Datennetzen möglich wird, geben wir hier ein Beispiel aus Kanada:

Datenübertragung von Vancouver nach Montreal mit jeweils 1200 bps

Hieraus ergibt sich, daß erhebliche Gebühreneinsparungen für alle Benutzer zu erzielen sind. Besonders hohe Einsparungen sind zu erwarten, wenn wegen kurzer Antwortzeiten Leitungen gemietet wurden, andererseits die Auslastung der Leitungen jedoch gering ist, so zum Beispiel bei Anfrage- und Buchungssystemen. Bei 1000 bis 3000 Paketen pro Monat ergibt sich etwa Kostengleichheit.

*Berthold Butscher ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am HMI, Berlin, Bernhard Koehne ist Geschäftsführer der Firma Softec GmbH