Berater betonen One-Stop-Angebote

25.09.2006
Anwender finden den Mix aus Beratung und Betrieb interessant, doch nur wenige nutzen ihn.
Gut ein Drittel erachtet die Zusammenarbeit mit Komplettdienstleistern für wichtig und sehr wichtig.
Gut ein Drittel erachtet die Zusammenarbeit mit Komplettdienstleistern für wichtig und sehr wichtig.

Die Anwenderunternehmen sind zunehmend bereit, einem externen Anbieter Gestaltung und Erneuerung ihrer IT- und Geschäftsprozesse zu übertragen, um ihm anschließend auch die Umsetzung und den Betrieb zu überlassen. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie zum Thema Business Innovation/Transformation Partner (BITP), die das Marktforschungshaus Lünendonk aus Bad Wörishofen angefertigt hat (siehe Kasten: "BITP-Modell - bekannt, interessant und selten angewandt").

BITP-Modell - bekannt, interessant und selten angewandt

Zum dritten Mal nach den Jahren 2004 und 2005 hat das Marktforschungshaus Lünendonk eine Studie zum Thema Business Innovation/Transformation Partner (BITP) betrieben. Dazu führten die Marktforscher Interviews mit 26 Managern der ersten und zweiten Führungsebene, also etwa mit Geschäftsführern, IT- und Fachabteilungsleitern, aus großen deutschen Unternehmen.

38,5 Prozent kannten den etwas sperrigen Begriff, der das Angebot von Dienstleistern umschreibt, mit Innovations- und Transformationsleistungen unternehmerische Verantwortung ihrer Kunden zu übernehmen, die möglichst in eine langfristige Partnerschaft in Form von Betriebsdiensten mündet. Nach einer entsprechenden Erläuterung für die Unwissenden unter den befragten Managern äußerten 80 Prozent ihre Zustimmung zu diesem Konzept. Immerhin die Hälfte aller Teilnehmer denkt über eine Zusammenarbeit mit einem BITP nach. 34,6 Prozent sagten, eine entsprechende Partnerschaft wäre für den Erfolg ihres Geschäftes wichtig oder sehr wichtig (siehe Grafik). Über die tatsächliche Verbreitung macht die Studie keine Aussage.

Für 60 Prozent der befragten Manager ist der Kostendruck das wichtigste Motiv für die Zusammenarbeit mit einem BITP. Doch auch die Folgen des weltweiten Handels und Wettbewerbs treiben die Unternehmenslenker dazu, die Hilfe externer Beratungs- und Betriebsdienstleister zu suchen. Ins Pflichtenheft schrieben sie den BITP-Dienstleistern, die Leistungen deutlicher zu machen, die positiven Effekte eindeutiger zu beschreiben und vor allem, die Nutzen der Angebote messbar zu gestalten.

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Elf deutsche BITP-Anbieter

BITP beinhaltet vor allem, auf die Innovations- und Transformationsleistungen eines externen Dienstleisters zu vertrauen und eine langfristige Partnerschaft mit ihm anzustreben. Nur wenige Anbieter in Deutschland sind laut Lünendonk-Einschätzung zu entsprechenden Diensten in der Lage. Die aktuelle BITP-Liste umfasst die Firmen Accenture, Atos Origin, Capgemini, CSC, EDS, Hewlett-Packard, IBM, Logica CMG, SBS, T-Systems und Unisys. In die Liste werden Unternehmen aufgenommen, die mehr als 60 Prozent des Umsatzes mit Beratung und Dienstleistungen erwirtschaftet. Von diesen Umsätzen müssen jeweils mindestens zehn Prozent auf die drei Leistungskategorien Management- und IT-Beratung, System-Realisierung und -integration sowie Outsourcing entfallen.

Was ist ein BITP-Projekt

Welcher Anbieter sich BITP nennen darf, ist damit geklärt, welches Projekt oder Vorhaben auf Anwenderseite den Ansprüchen genügt, ist dagegen nicht so scharf umrissen. "BITP bedeutet, innovative neue Prozesse zu gestalten, mit einer Transformation der Abläufe die Produktivität zu verbessern und mit einem Partner beispielsweise technische Neuerungen zu diskutieren", erläutert Stephan Scholtissek, Deutschland-Chef von Accenture, anlässlich der Präsentation der Lünendonk-Studie. "In diesen Projekten unterhalten wir uns über neue Geschäftslösungen." Eigenen Angaben zufolge erzielen die Unternehmen bereits erhebliche Einnahmen mit entsprechenden Diensten. Michael Hartmann, Leiter von IBMs Beratersparte Business Consulting Services (BCS), beziffert den Anteil auf rund 50 Prozent. Beispielhaft nennt er Projekte bei Bayer und Procter & Gamble, in denen IBM Umgestaltung und Betrieb der Prozesse verantwortet.

Die IT, Basis der Geschäftstätigkeit nahezu aller BITP-Anbieter, spielt dabei keine entscheidende Rolle, sie ist lediglich Vehikel und Basis für die Umsetzung der Ideen und Konzepte. "Wir müssen verstehen, was die Manager auf oberster Führungsebene umtreibt - das hat nichts mehr mit IT zu tun", erklärt Axel Knobe, Vorstandsmitglied bei T-Systems. Ein wichtiges Thema auf der Management-Agenda ist demnach die Reduzierung der Fertigungstiefe. Als Vorreiter dieser Entwicklung gilt Porsche in der Herstellung des Geländewagens "Cayenne": Nur neun Prozent fertigt der Sportwagenhersteller selbst, den Rest steuern Partner bei. "Unternehmen, die alles selber machen wollen, sind in Zukunft nicht mehr wettbewerbsfähig", warnte Antonio Schnieder, Capgemini-Deutschland-Chef.

Die Grenze zwischen Prozessen des Kerngeschäfts, die in jedem Fall im Haus bleiben müssen, und solchen Abläufen, die lediglich unterstützende Funktionen erfüllen und daher ausgelagert werden können, verschieben sich stetig. War für Banken vor Jahren das Outsourcing ihrer Transaktionsprozesse undenkbar, ist dies heute gang und gäbe. Auch der Fremdbetrieb von Personalabteilung, Buchhaltung, Einkauf und Logistik ist heute keineswegs mehr abwegig, wenngleich nur wenige Unternehmen diesen Schritt bereits gewagt haben.

Eindeutig grenzen sich die BITP-Dienstleister von Outsourcing-Vorhaben ab, in denen es um den günstigsten Betrieb geht: "Es geht darum, das Geschäftsmodell zu beeinflussen", betont IBM-Manager Hartmann. Ihr Angebot, den Wandel in den Unternehmen aktiv mitzugestalten, ist auch eine Reaktion der hiesigen IT-Dienstleister auf die Herausforderung indischer Anbieter mit ihren günstigen Service-Offerten und ausgefeilten Betriebsstrukturen: "BITP ist unsere Antwort auf die Herausforderung der Offshore-Anbieter", schildert Edgar Aschenbrenner, Leiter von HP Services in Deutschland.

Selbstmedikation muss warten

Während die Dienstleister eine reduzierte Fertigungstiefe auf Anwenderseite beschwören, gehen sie selbst den umgekehrten Weg - zumindest vorerst. Um die Prozesse der Anwenderunternehmen betreiben zu können, bauen sie eigene Lieferkapazitäten als Basis für ihr Kerngeschäft auf. Nur zaghaft binden sie selbst Sublieferanten ein, an die sie Teile der Betriebsdienste auslagern. Dazu, so Capgemini-Chef Schnieder, sei die Zeit noch nicht reif. Thomas Lünendonk, Gründer und Geschäftsführer des gleichnamigen Beratungshauses sowie Mentor der Studie, wagt eine Prognose: "In acht bis zehn Jahren werden die Dienstleister selbst die Medizin einnehmen, die sie heute ihren Kunden verordnen."