Bei einem Systemwechsel ist eigenes Know-how Gold wert

25.09.1981

Die Hardware-Umstellung bei einem Systemwechsel macht IBM-Anwendern keine Probleme. Wechselt der Anwender auch das Betriebssystem, sollte er sich mehr auf seine eigenen Leute als auf die

Unterstützung durch den Hersteller verlassen. Bernhard Rech rät allen Anwendern, die ihr Betriebssystem ändern müssen, soviel eigenes Wissen und eigene Leistung wie möglich einzubringen. Hans-Jörg Peemann empfiehlt, lieber Geld für einen qualifizierten Systemberater hinzublättern, als auf den Bauch zu fallen. Peter Staiger warnt davor, sich nicht auf terminliche Zusagen des Herstellers zu verlassen. Nur ein eingebauter Zeitpuffer könne Pannen und Hektik vermeiden.

Bernhard Rech

DV-Leiter, Schenker + Co GmbH, Frankfurt (IBM 370-138, 4341, DOS/VSE)

Die Hardware-Umstellung verlief im Prinzip problemlos. Die SCPU einschließlich einer Plattensteuereinheit war in zwei Tagen installiert. Eine Panne gab es lediglich bei der Datenverarbeitungssteuereinheit. Wir hatten nicht bedacht, daß die 3704 programmiert werden muß. Dadurch waren wir gezwungen, nachträglich einen höheren Level DOS/VSE zu generieren, und es gab eine Verzögerung.

Mit der Hardware-Umstellung war die Umstellung des Betriebssystems auf DOS/VSE verbunden. Und hier ist es entscheidend, einen guten Systemprogrammierer im eigenen Haus zu haben. Sich nur auf den Hersteller zu verlassen, reicht auf keinen Fall, sondern man muß sich selbst ganz stark organisatorisch einschalten. IBM hat uns bei den Vorarbeiten unterstützt, das heißt sie stellten uns einen SE-Spezialisten zur Seite, mit dem unser System-Mann im IBM-Service-Rechenzentrum die Grundgenerierung des Systems durchführte - allerdings nur für die Zeit, die wir laut Kaufvertrag erhalten hatten. Nach dieser Vorbereitung muß der eigene Mann das Ganze in die Hand nehmen. Das bedeutet schon einen gewissen personellen Overhead. Die Umstellung auf das neue Betriebssystem hat ungefähr ein halbes Jahr gedauert.

Erschwerend wirkte sich aus, daß bei uns den ganzen Tag umfangreiche Teleprocessing-Anwendungen laufen. Dadurch konnten wir tagsüber überhaupt nicht generieren. Also blieben uns nur der Abend oder die Wochenenden. Wenn ein Anwender keinen guten Systemspezialisten im Hause hat, wäre es das Beste, daß man diese Beratungsleistung vom Hersteller kauft.

Mein Tip an Anwender, die diese Umstellung noch vor sich haben: Knallhart die Installation durch eigene Leute betreuen lassen. Soviel wie möglich eigenes Wissen einbringen. Empfehlenswert wäre es, das VSE auf der /138 anzustarten. Da hatten wir zwar Antwortzeitprobleme, größere als unter VS. Aber die kann man hinnehmen.

Peter Staiger

DV-Leiter, Alfred Kunz GmbH & Co., München (IBM 4331, DOS/VSE)

Eine entscheidende Rolle, damit die Umstellung ziemlich glatt verläuft, spielt die Schulung der Mitarbeiter. Das heißt aber nicht, daß die betroffenen DV-Leute einfach nur Herstellerkurse besuchen sollen, sondern Training beim Hersteller, zumal die Kurse nicht alle geeignet sind. Vor allem die Systemleute müssen die Möglichkeit haben, beim Hersteller die Systemgenerierung durchzuführen und zu üben. IBM bietet hierfür Workshops an, an denen zwei oder drei Firmen teilnehmen können.

Ferner ist es wichtig, eine genaue Planung - vor allem Zeitplanung - vorzunehmen, mit viel viel Zeitpuffer. Wir haben beispielsweise an Jahresende umgestellt und die Erfahrung gemacht, daß dieser Termin Probleme mit sich bringen kann. Das bedeutet, auch an Kleinigkeiten denken - die Speditionen sind beispielsweise zum Jahresende sehr ausgelastet. Der Anwender sollte sich also nicht unbedingt auf die terminlichen Detailzusagen des Herstellers verlassen, sondern Luft einbauen.

Gefährlich ist es auch, gleichzeitig Hardware mit neuem Betriebssystem und eine Anwendung umzustellen. Wir haben damals auch noch ein Anwendungsgebiet im kommerziellen Bereich umgestellt. Da kann die Belastung der Mitarbeiter doch sehr groß werden. Um diese Hektik zu vermeiden, sollte man diese Dinge nicht parallel laufen lassen.

Die hardwaremäßige Unterstützung durch IBM war gut. Es verlief fast alles planmäßig und mit relativ kurzem Aufwand. Es gab zwar ein paar Kinderkrankheiten bei den Bändern und Platten, die lagen aber im Rahmen des Üblichen und waren auch relativ schnell behoben. Kopfzerbrechen bekamen wir, als Änderungen am Mikroprogramm zu machen waren, und zwar mit der Mikroprogrammdiskette.

IBM hatte hier eine viel zu lange Reaktionszeit von sechs bis acht Wochen. Das ist einfach zu lange für den Benutzer. Darum sollten sich DV-Leiter, die umstellen, gut überlegen, welches Mikroprogramm, welche Peripherie sie benötigen. Vor allem müssen sie rechtzeitig darüber nachdenken, denn mitten in der Umstellungsphase zu ändern, bringt Probleme. Der Techniker von IBM kann es nicht ändern, sondern es muß irgendwo in einem Labor von IBM gemacht werden.

Es wäre auch besser, wenn der Kunde den sogenannten persönlichen SE in der Umstellungsphase an seiner Seite hätte. Der würde zumindest einige Probleme der Firma kennen, wäre nicht so anonym und bräuchte sich nicht hinter seiner Literatur verstecken. Also viel empfehlenswerter als die Seelenmassage durch den Antwortbeantworter oder die Anrufzentren der IBM-Softwareunterstützung. Daß diese Unterstützung durch einen persönlichen SE mit Kosten verbunden ist, läßt sich nicht vermeiden. Aber hier fragt sich, was für den Kunden besser ist: Zeit zu sparen und eine effektive Hilfe zu haben oder einen anderen Weg zu finden.

Hans-Jörg Peemann

DV-Leiter, Berliner Wasserwerke, Berlin (IBM 4341, DOS/VSE)

In unserem Unternehmen war die Umstellung in drei Tagen erledigt. Es gab kaum Probleme, denn das Betriebssystem hatten wir schon vier Monate vorher umgestellt. Daß es bei uns so gut wie keine Probleme gab, lag zum großen Teil an unseren Mitarbeitern. Sie waren gut vorbereitet, und Planung ist nun mal entscheidend.

DV-Anwender sollten eigentlich wissen, wann die von ihnen bestellte Anlage geliefert wird, schließlich haben sie den Termin mit ihrem Hersteller verabredet. Planung und Vorbereitung sollten generell bis zu dem Tag, an dem die Anlage installiert wird, abgeschlossen sein. Ich habe in den letzten Jahren viele Umstellungen erlebt und immer wieder festgestellt, daß die Planung, die Schulung der Mitarbeiter und deren Ausbildungsstand wichtig ist, wenn eine Installation glatt über die Bühne gehen soll. IBM hat uns bei der Umstellung in allen Bereichen unterstützt. Die Stuttgarter waren letztendlich jedoch selber erstaunt, wie reibungslos alles lief.

Mein Rat für Anwender, die nicht so gut wie wir vorbereitet sind, heißt: Sie sollten in den sauren Apfel beißen und obendrein noch beispielsweise 10 000 Mark hinblättern. Damit können sie zusätzliche qualifizierte Systemberater anheuern, die dann die Mannschaft bei der Umstellung voll unterstützen. Für 4300-Aufsteiger ist es wichtig, wenn der Anwender von DOS/SE auf DOS/ VSE umstellen muß, das neue Betriebssystem schon vorher auf der alten Anlage zu fahren - auch wenn diese dadurch etwas langsamer wird. Falls etwas schiefgeht, besteht immer noch die Möglichkeit, auf DOS/VS zurückzugehen und erneut zu testen. Wenn all diese Vorbereitungen getroffen wurden, kann davon ausgegangen werden, daß die Umstellung reibungslos über die Bühne gehen wird.