Falscher Internet-Auftritt kann zur Image-Pleite geraten

Bei der WWW-Gestaltung werden einfachste Regeln mißachtet

29.11.1996

Obwohl die WWW-Technologie bereits seit gut zwei Jahren - für die schnellebige DV-Welt also schon fast eine kleine Ewigkeit - bekannt ist, kann sich der Surfer im Cyberspace nicht des Eindrucks erwehren, daß diese Methode wohl erst gestern erfunden wurde. Triste Seiten, oft ohne sonstigen Nutzwert nur den Inhalt der gedruckten PR-Broschüren wiederholend, laden eher zum Abschalten als zum Verweilen ein. Grund genug also für die Deutschen Interessengemeinschaft Internet (Digi), auf ihrer Jahreskonferenz Opennet in Berlin einen Grundkurs in Sachen WWW-Präsentation zu veranstalten.

Einen Teil der gescheiterten WWW-Projekte führt Rainer Klute, Geschäftsführer der NADS GmbH in Dortmund, darauf zurück, daß Softwarehäuser und Werbeagenturen oft der Meinung seien, so nebenbei ein WWW-Konzept anbieten zu können, ohne das nötige Fachwissen zu haben. Laut Klute gibt es einige Grundregeln, die ein Unternehmen, gleich aus welcher Branche es kommt, nicht vernachlässigen sollte. So sei es unabdingbar, die Interaktions-Features im WWW zu nutzen. Neben Möglichkeiten wie E-Mail-Formular, Gästebuch oder Informations-Abo sollte dazu eigentlich selbstverständlich die Option gehören, Detailfragen zu stellen. Hierfür ist allerdings zusätzliches Personal notwendig, um die Auskünfte in einem dem Medium angemessenen Tempo zu erteilen.

Ebenso selbstverständlich sollten die multimedialen Fähigkeiten des Mediums genutzt werden. Dementsprechend ist ein am Papier orientiertes Layout nicht gefragt. Gerade hier bietet das WWW Möglichkeiten, um beispielsweise eine neue Musik-CD gleichzeitig mit einem Audioclip zu päsentieren, oder das Einsatzgebiet eines neuen Produkts visualisiert ein kurzes Video.

Standards sollten beachtet werden

Doch bei aller Multimedia-Begeisterung sollte der Anbieter nicht vergessen, daß gerade die Consumer, die er ansprechen will, nicht über eine leistungsstarke Standleitung ins Internet verfügen. Im besten Fall kann er davon ausgehen, daß seine potentiellen WWW-Besucher via ISDN rund 8000 Zeichen pro Sekunde übertragen können. Bei den weitverbreiteten 14000- und 28800-Modems sinken die Übertragungsraten dagegen auf 1800 beziehungsweise 3600 Zeichen pro Sekunde. Deshalb sollte an der anfangs weitverbreiteten Praxis, sich ein WWW-Angebot nur als Text anzeigen zu lassen, auch im Zeitalter der grafischen animierten Oberflächen festgehalten werden, da wohl nur die abgehärtesten Modem-Freaks Download-Zeiten von zehn Minuten pro Seite akzeptieren.

Einen anderen Fallstrick bieten die Tools zur Seitengestaltung selbst, die teilweise eine bestimmte Browser-Version voraussetzen oder bereits einen Schritt weiter sind als die allgemeingültigen Standards. Hier empfiehlt es sich laut Klute zwar, alle aktuellen Techniken wie Active X oder Java zu verwenden, gleichzeitig aber auch Seiten für die Besitzer alter Browser-Generationen anzubieten, um möglichst vielen Anwendern die Nutzung des Angebots zu ermöglichen. Zudem rät der Dortmunder potentiellen Web-Designern zu bedenken, daß die meisten Werkzeuge nur über WYSIWYMG-Fähigkeiten (What you see is what you might get) verfügten.

Doch nicht nur auf Anwenderseite droht Ungemach, ebenso kann der WWW-Anbieter selbst Probleme bekommen. So weisen beispielsweise die als einfach gelobten CGI-Scripts für den Host-Zugriff einige Sicherheitslücken auf, wenn die Variabeln nicht sorgfältig definiert werden und die Shell Ausführung und Auswertung übernimmt. Zwar hat die neue Java-Sprache keine solchen inhärenten Sicherheitslücken, doch auch hier ist der Anwender nicht vor Schwierigkeiten gefeit. In der Theorie laufen die Applets zwar in einem Käfig, doch es soll bereits Applets gegeben haben, die fast unbemerkt das gesamte Netz im Hintergrund für den Anwender öffneten. Klute empfiehlt deshalb, vor der Verwendung einzelner Java-Klassen genau zu prüfen, ob diese aus einer vertrauenswürdigen Quelle stammen. Zudem bergen die Java-Klassen für Softwarehäuser, die damit Funktionen ihrer neuesten Applikationen im Web präsentieren wollen, eine ganz andere Gefahr: Mit wenig Aufwand kann sie ein Anwender dekompilieren und so den Quellcode zurückgewinnen, wodurch Unternehmen, die damit Geld verdienen wollen, vor einem ernsten Problem stehen dürften.