Geschäft mit IBM-kompatiblen Hitachi-Maschinen läuft nur zögernd an:

BASF Rechnercrew mit Startschwierigkeiten

22.01.1982

LUDWIGSHAFEN - Knapp zwei Jahre nach seinem Debüt auf dem Mainframe-Parkett hat der BASF-Rechnervertrieb immer noch nicht Tritt gefaßt. Ganze 15 IBM-kompatible Hitachi-Maschinen konnte das Ludwigshafener PCM-Verkaufsteam hierzulande bisher an den Mann bringen: insgesamt 40 wurden europaweit ausgeliefert. Die wenigen BASF-Anwender sind indes zufrieden: Kein anderer PCM-Anbieter sei zu ähnlichen Preisnachlässen bereit - In der Branche spricht man von 54 bis 30 Prozent.

Wenn es um die Zahlen des Hitachi-Vertriebes geht, gibt die BASF-Zentrale nur ungern Auskunft. Sie verstummt ganz, wenn von dritter Seite nach den erzielten Preisen für die japanischen Zentraleinheiten gefragt wird. Aus gutem Grund, wie Marktkenner vermuten. Glaubt man BASF-Anwendern, so sind nämlich Preisnachlässe von 50 bis 60 Prozent bei den Ludwigshafenern keine Seltenheit.

Exakte Zahlen werden freilich nur hinter vorgehaltener Hand gehandelt. Wolfgang Böttcher allerdings, RZ-Chef der Rechentrum Hansa GmbH, Bremen, macht kein Hehl daraus, wie er die Geschäftspolitik des "Plug Compatible Manufacturers" (PCM) einschätzt: Von allen Computerlieferanten, mit denen Hansa verhandelte, habe sich BASF am schnellsten bereit erklärt, mit dem Kaufpreis herunterzugehen. Böttcher freut sich, daß das Hansa-RZ beim Kauf einer BASF 7/60 einen "außerordentlich guten Deal" machen konnte. Er fahre heute ein System, das von der Leistung her mit einer IBM 4341 vergleichbar sei, jedoch nur etwa die Hälfte koste.

Nachlässe von bis zu 60 Prozent kann auch der BASF-Wettbewerb bestätigen. In einem Fall, so ist von der Frankfurter National Advanced Systems GmbH (NAS) zu hören, habe bei einem BASF-Kunden die Preissenkung höher gelegen als die Gestehungskosten der entsprechenden von NAS angebotenen Maschine. Die PCM-Konkurrenz wirft den Ludwigshafener Vertriebsleuten "eigenbrötlerische und verbissene" Handlungsweise vor. Das BASF-Team halte sich in kleinster Weise an die Spielregeln der steckerkompatiblen DV-Anbieter, räsoniert ein Frankfurter PCM-Manager: "Wir tun uns alle keinen Gefallen, wenn wir uns in einer IBM-Welt gegenseitig die Aufträge abluchsen und die Preise unterschrauben." Die BASF-Verkäufer gingen außerdem "völlig hemmungslos" vor und würden selbst dort akquirieren, wo Amdahl, NAS oder Siemens bereits etabliert sind. Ein süddeutscher PCM-User bestätigt: Mit denen kann man handeln wie im orientalischen Basar."

Branchenkenner fragen sich, wie die Computerabteilung des Chemiegiganten bei diesen Preisabstrichen und den bisher verkauften Maschinen über die Runden kommen kann. Der Ludwigshafener Rechnerbereich umfaßt BASF-Insidern zufolge derzeit annähernd 500 Leute, rund hundert davon seien als Vertriebsbeauftragte tätig. In den sieben deutschen Geschäftsstellen werden zwar acht verschiedene Systeme in Größen von der IBM 4341 bis zur IBM 3081 angeboten, aber bisher wurden überwiegend Maschinen des kleinsten Typs 7/60 (1,2 Mips, 1 bis 8 MB) an den Mann gebracht. Erst zwei 7/70-Maschinen seien momentan in Deutschland installiert; dieser Japan-Jumbo ist in der relativen Leistung einer NAS 7000 vergleichbar.

Obwohl die BASF-Truppe nach wie vor "unbändigen Optimismus" (Branchenhäme) zur Schau trägt, wird das Hitachi-Geschäft selbst im Ludwigshafener Stammhaus als relativ schleppend bezeichnet. Außenstehende Beobachter sind der Ansicht, daß sich das BASF-Geschäft - verglichen mit den Erfolgen von Amdahl, NAS oder Siemens - eher bescheiden ausnimmt, insbesondere, wenn man sich den riesigen Organisationsapparat der Ludwigshafener vor Augen halte.

So wundern sich vor allem die Mitbewerber, warum der BASF-Rechnercrew ein durchschlagender Erfolg bisher versagt geblieben ist. Der Chemiegigant hat nicht nur durch seine langjährigen Peripherie-Aktivitäten zahlreiche Kontakte knüpfen können, er verfügt als eines der größten deutschen Unternehmen auch über - in den Augen der Konkurrenten - "unschätzbare" Verbindungen zu anderen großen Konzernen. "Wenn man irgendwo schon eine Platteneinheit stehen hat", erläutert ein PCM-Profi, "ist es meist kein Problem, noch einen Rechner nachzuschieben." Und: Um aus den Startlöchern herauszukommen, hätte das BASF-Team mindestens 50 Maschinen verkaufen müssen.

Ganz schweres Geschütz fährt ein Münchner DV-Marktanalyst auf. Er wirft dem Ludwigshafener Hitachi-Team mangelndes Know-how im Großrechnerbereich vor. Begründung: Der weitaus größte Teil der Manpower im Computerbereich käme aus den eigenen Peripherie-Reihen. Die CPU-Problematik sei jedoch eine völlig andere als die bei Platten- und Bandeinheiten.

Obwohl die BASF 7/60-Anwender generell mit ihrer Maschine zufrieden sind, negative Kritik äußern sie in einem speziellen Punkt: Ihre Maschine besitze eine veraltete /370-Technologie. Ein nordrhein-westfälischer DV-Benutzer, der eine 7/60 von den Ludwigshafenern kaufen wollte, entschied sich schließlich doch für eine IBM 4341. Er stellte fest, daß der Hitachi-Rechner etwa den doppelten Energieverbrauch aufweise wie das System des Marktführers. Das westfälische DV-Team habe, ausgehend von den Werten der 4341, errechnet, daß der Mehrverbrauch (einschließlich Klimatisierung) innerhalb von fünf Jahren rund 50 000 Mark betragen würde.

Schwierigkeiten hatte auch das Rechenzentrum Hansa in Bremen mit ihrer BASF-Maschine. Weil die Plattenlaufwerke der Ludwigshafener für die 7/60-CPU zu langsam gewesen seien, habe es Timing-Probleme gegeben. Die BASF-Leute hätten den Fehler nicht finden können, schließlich mußte ein Spezialist aus Tokio eingeflogen werden.

Trotz kleinerer Macken sind die Hitachi-Anwender über ihre Entscheidung nicht unglücklich. Die Schnitzer der Ludwigshafener entschuldigen sie damit, daß die BASF-Truppe sich noch in der Lernphase befinde. Dazu ein niedersächsischer 7/60-User: "Kommt Zeit, kommt Rat."