Barbie-Puppen

16.04.1981

Mit neckischen Verkleidungsspielchen sucht die Computer-Industrie zu vertuschen, daß viele Rechnermodelle nicht mehr Marke "Eigenbau" sind.

Gewiß, es gibt Anbieter, die sich offen zu ihrer OEM-Neigung bekennen und ihre jeweiligen Lieferanten nennen. Ruf etwa ist nur als Händler bekannt. Aber wer heute bei Ruf kauft, wird Hermes-Kunde mit Triumph-Adler-Peripherie von Pertec.

Es ließen sich beliebig viele Beispiele für derartige Distributionsphänomene aufzählen. DV-Profis finden sehr schnell heraus, wieviel Fremd-Hardware in einem System steckt. Dem ungeübten Laien bleibt dagegen meist verborgen, welches Prozessor-Herz hinter der Konsole schlägt und welcher Herkunft Drucker, Platten und Bildschirme sind.

Der "Barbie-Puppen"-Hardware wird jeweils ein anderes Kleidchen verpaßt - fertig ist das Endbenutzer-System.

Nun wäre das aus Anwendersicht an sich kein Punkt, über den man groß Aufhebens machen müßte, wenn es da nicht auch einen Preis-Aspekt gäbe. Man lasse sich einmal den ganzen Komponenten-Kram Stück für Stück von einem kalifornischen Computer-Exporteur anbieten. Da werden enorme Differenzen zu den Enduser-Preisen der System-Anbieter sichtbar. Und auch der Silicon Valley-OEM verdient noch an den Boxen.

Was läge näher, als sich auf dem grauen Markt selbst zu bedienen? DV-Neulingen freilich ist abzuraten von dieser Art, sich "einzukleiden". Computer sind leider noch hochgradig erklärungsbedürftig. So könnte es leicht passieren, daß das neue Spielzeug nach kurzer Zeit auf dem Speicher verstaubt.

Für den erfahrenen "User" braucht dieser Einwand nicht zu gelten. In seiner Ausbildung dürfte "OEM" schon vorgekommen sein.