Balanceakt zwischen Anwender und Haendler Neuer Support- und Lizenzplan bringt Novell in die Zwickmuehle

17.02.1995

FRAMINGHAM (CW/IDG) - Die Umstrukturierungsplaene der Novell Inc. in Sachen Lizenzierung und Support sind umstritten. Zwar versprechen die Netzwerker aus Provo flexiblere Preise und einen besseren Kundendienst, jedoch hat sich aus diesen loeblichen Ansaetzen ein Eiertanz zwischen Anwendern und Wiederverkaeufern entwickelt.

Kundendienst und Lizenzpraxis sollen nach dem Novell-Willen kuenftig jeweils zweigeteilt behandelt werden (siehe auch CW Nr.6 vom 10. Februar, Seite 17:

"Novell und Microsoft suchen nach neuen Supportkonzepten"). So wollen die Netzwerker die Supportklassen "Priority" und "Premium" mit unterschiedlichen Preisen einfuehren. Der hoeher positionierte und teurere Premium-Kundendienst kostet rund 20000 Dollar pro Jahr und bietet dem Anwender persoenliche Beratung durch einen eigens dafuer abgestellten Account-Manager sowie schnelle Antwortzeiten mit hoher Qualitaet, so Novell. Die Priority-Klasse beginnt bei 2000 Dollar und wird pro Minute oder pro Vorfall abgerechnet.

Die Lizenzierungsmodelle sehen einen Preisnachlass auf rund fuenf Prozent ueber dem Strassenpreis sowie eine flexiblere Gestaltung vor. Zudem gibt es ein

"Master-License-Agreement"-Programm fuer die Fortune-100-Kunden von Novell und damit eine Zweiklassenteilung, kritisieren Anwender und Analysten. Kunden befuerchten ausserdem, dass die neuen Verfahren weiterhin die Haendler bevorzugen, denen wiederum der Anreiz fehlt, einen guten Support zu liefern.

Einwaende kommen jedoch nicht nur von den Anwendern, sondern auch von Wiederverkaeufern. Mit dem neu organisierten Kundendienst bricht Novell mit einer alten Tradition. Bisher ueberliess der LAN- Marktfuehrer den Haendlern anstandslos den Support und konkurrierte somit nicht mit ihnen um die Service-Dollars. Mit der Uebernahme von Wordperfect hat sich Novell jedoch einen Kundendienst ins Haus geholt, der vor allem in den USA, wo das gleichnamige Textverarbeitungssystem weit verbreitet ist, einen sehr guten Ruf hatte.

Um die um diesen Service besorgte Kundschaft zu beruhigen, hat sich Novell die umstrittenen Vorhaben ausgedacht. Den Wiederverkaeufern liess das in Provo ansaessige Unternehmen eine Hintertuer offen. Sie koennen sich dem neuen Konzept anschliessen oder aber wie gewohnt ihren eigenen Support offerieren. "Wir versuchen nur, eine Balance zwischen dem Wunsch der Grosskunden nach engen Beziehungen zum Hersteller und den Haendler-Kanaelen zu finden", verteidigte John Lewis, Senior Vice-President of Support bei Novell, die Plaene. Jeff Kaplan, Director der Dataquest Worldwide Service Group in Framingham, aeusserte sich jedoch skeptisch. Zwar verstehe er die prekaere Lage, in der sich das Unternehmen befinde, "aber Novell hatte in der Vergangenheit Erfolg, weil der Erfolg der Haendler gesichert wurde". Diesen Mechanismus nun umzukehren, koennte gefaehrlich werden.