Telekom auf dem MWC 2022

Automatisch Parken mit 5G

02.03.2022
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Globale virtuelle 5G-Netze für Unternehmenskunden, das will die Telekom mit 5G Network-Slicing realisieren. Welches Potenzial Slicing hat, demonstrieren die Bonner anhand von zwei Use Cases.
Per Network-Slicing sollen virtuelle 5G.Netze realisiert werden.
Per Network-Slicing sollen virtuelle 5G.Netze realisiert werden.
Foto: Deutsche Telekom

Wie bei vielen anderen Ausstellern auch, dreht sich der Messeauftritt der Telekom auf dem MWC 2022 in Barcelona ganz um 5G. Die Bonner zeigen, wie 5G selbstparkende Autos ermöglicht, oder die Übertragungswagen der TV-Sender durch einen Rucksack ersetzt werden. Technisch stehen dahinter virtuelle 5G-Netze auf Basis von Network-Slicing. Gemeinsam mit Ericsson hat die Telekom jetzt in einer Machbarkeitsstudie ein länderübergreifendes Network-Slicing realisiert. Ziel ist ein globales 5G Network-Slicing mit garantierter Servicequalität.

Parken mit 5G

Gemeinsam mit der BMW Group und Valeo hat die Telekom eine Machbarkeitsstudie im Bereich des automatisierten Parkens durchgeführt. Die Idee des automatisierten Parkens ist allerdings nicht ganz neu. So zeigte etwa Audi zur CES 2013 in Las Vegas in einem Hotel eine Machbarkeitsstudie und 2015 starteten Bosch und Daimler ein entsprechendes Pilotprojekt.

In einem Pilotversuch mit BMW und Valeo testet die Telekom das automatisierte Parken per 5G.
In einem Pilotversuch mit BMW und Valeo testet die Telekom das automatisierte Parken per 5G.

Neu an dem jetzigen Pilotversuch, der in einem öffentlichen Parkhaus in München durchgeführt wurde, ist jedoch, dass keine spezielle Infrastruktur benötig wird, sondern das öffentliche 5G-Netz genügt. Der fahrer stellt dabei sein Auto an der Einfahrt eines Parkhauses ab. Das Auto wird dann automatisch und ohne menschliche Interaktion zum nächsten freien Parkplatz gefahren. Gesteuert wird der BMW im Piloten durch ein System von Valeo, das über das öffentliche 5G-Netz der Deutschen Telekom mit dem Auto verbunden ist.

Die Studie umfasst die Nutzung von global vereinheitlichten Schnittstellen (APIs). Die Schnittstellen wurden im internationalen CAMARA-Projekt definiert und sind im öffentlichen 5G-Netz verfügbar und ermöglichen es so dem Betreiber, spezifische und programmierbare Funktionen anzubieten. Die Deutsche Telekom stellt diese Netzfunktionalität nun nach eigenen Angaben ihren Kunden erstmals über offene APIs zur Verfügung. Die Schnittstellen seien für die Kunden einfach zu nutzen und auf bestimmte Anwendungsfälle zugeschnitten.

5G ersetzt Übertragungswagen

Ebenfalls auf Network-Slicing und 5G Standalone basiert ein anderer Use Case, den die Telekom mit RTL derzeit in Berlin testet. TV-Journalisten sollen künftig Live-Videos per Mobilfunk übertragen. Damit dies auch in stark ausgelasteten Mobilfunkzellen funktioniert, kommt Network-Slicing zum Einsatz, um ein virtuelles Netz, getrennt von den anderen Teilnehmern, bereitzustellen. "Dank 5G Standalone passt die gesamte Fernseh-Technik für eine Live-Schalte künftig in die Hosentasche. Diese 5G-Lösung wird mobilen Journalismus revolutionieren", schwärmt Claudia Nemat, die den Vorstandsbereich Technologie und Innovation der Deutschen Telekom verantwortet.

Video-Rucksack statt TV-Übertragungswagen - 5G soll es ermöglichen.
Video-Rucksack statt TV-Übertragungswagen - 5G soll es ermöglichen.
Foto: Deutsche Telekom

Damit könnten die oft bis zu 3,5 Tonnen schweren TV-Übertragungswagen - in der Branche auch als SNG-Fahrzeuge (Satellite News Gathering) bekannt - bald Geschichte sein. Zwar gibt es bereits heute mobile Rucksack-Lösungen für die TV-Übertragung, doch hierzu müssen mehrere SIM-Karten genutzt werden, um genügend Bandbreite zu erhalten. Zudem kommen die bisherigen Rucksack-Lösungen in stark ausgelasteten Funkzellen schnell an qualitative Grenzen, da ihnen nicht wie beim Slicing eine dedizierte Bandbreite und entsprechende Quality of Services (QoS) zugesichert sind.

Globale 5G-Dienste mit QoS

Deshalb wird die Telekom auf dem MWC nicht müde, die Vorteile eines End-to-End 5G-Network-Slicings zu betonen. Das Verfahren sei quasi die Basis für maßgeschneiderte Unternehmensnetzwerke. "Vollständiges 5G-Network-Slicing wird unseren Unternehmenskunden völlig neue Möglichkeiten eröffnen. Wir wollen Kunden in die Lage versetzen, verschiedene Anwendungsfälle mit unterschiedlichen Anforderungen an das Netz gleichzeitig zu betreiben", erklärt Alex Jinsung Choi, SVP Strategy & Technology Innovation bei der Deutschen Telekom. Pro Slice sollen künftig je nach Kundenbedarf unterschiedliche Dienstmerkmale und Qualitätsparameter bereitgestellt werden.

Das Potenzial der Technologie haben Telekom und Ericsson in einer Machbarkeitsstudie demonstriert. In dem 5G-Slicing-Versuch wurde eine Datenverbindung mit garantierten Quality of Services über Ländergrenzen hinweg realisiert. Zudem kam ein SD-WAN mit einer automatisierten Ende-zu-Ende Service-Orchestrierung zum Einsatz.

SD-WAN für 5G

Der 5G-Slicing-Aufbau basierte auf einer 5G Standalone (SA) Funk- und Kernnetzinfrastruktur von Ericsson und einer kommerziellen SD-WAN-Lösung der Deutschen Telekom. Die SD-WAN-Lösung wird von einem Ericsson-Orchestrator verwaltet, der über offene Schnittstellen (APIs) in ein Kundenportal der Deutschen Telekom integriert wurde. Die Kombination von 5G-Slicing und SD-WAN-Technologie ermögliche so eine flexible Verbindungsherstellung und -steuerung. Die lokale Übergabe des Datenverkehrs an den Anwendungsserver ermögliche ferner niedrige Latenzzeiten.

Überzeugt von den Ergebnissen des Versuchs propagiert die Telekom bereits ein globales 5G-Network-Slcing, das maßgeschneiderte Datenanbindungen für international tätige Unternehmen bereitstelle. Dies werde, so die Telekom, neue Geschäftsmodelle und Anwendungen für die Industrie ermöglichen, da die Technologie eine flexible Zuteilung spezifischer Netzressourcen und unterschiedlicher Serviceparameter über Ländergrenzen hinweg erlaube.