Außer Kosteneinsparungen auch ein verbessertes Management-Konzept

05.11.1976

Mit John L. Hughes, Vice-President für die Datenverarbeitung im Bereich Securities and Government Services Group bei der First National City Bank, New York, sprach CW-Chefredakteur Dr. Gerhard Maurer

- Sie hatten bisher bei der Citibank zwei Systeme 370/165, die nun verkauft wurden. Für die Datenverarbeitung in den Bereichen Securities and Government Services Group - das ist im wesentlichen Wertpapierverwaltung und Mitarbeiter-Aktienkaufpläne für große Firmen und vieles mehr - haben Sie jetzt acht Interdata Megaminis installiert. Kann man wirklich sagen, daß sie einen Großrechner ersetzen?

Wir waren bisher der größte Kunde in unserem zentralen Rechenzentrum, wo wir etwa 25 Prozent der Gesamtlast belegten. Vor zwei Jahren starteten wir bei der Citibank, was wir "Operation Paradise" nennen. Das war ein Projekt systematischer Dezentralisierung. Statt der zwei Großrechner haben wir jetzt mehrere kleinere Systeme, darunter auch viele 370-Rechner. Für die Datenverarbeitung in unserem Bereich wählten wir die acht Megaminis. Als Alternative hätten wir wahrscheinlich eine und mit Hinblick auf kommende Aufgaben zwei IBM 370/158-Rechner gebraucht.

- Also war es kein richtiges Auswechseln?

Nein, aber im Endeffekt war es das gleiche. Wir haben ja auch die gleichen Programmierer übernommen, die jetzt nicht für die Großrechner, sondern für die Megaminis Programme schreiben, ebenso haben wir anteilig Operating-Personal für unsere dezentralen Systeme weiterbeschäftigt. Man kann wohl doch von einem Ersatz der Großrechner-Lösung durch ein Minicomputer-Konzept sprechen.

- Der Hauptgrund war wohl, Kosten zu sparen?

Nicht allein das. Bei der Citibank arbeiten die unterschiedlichen Unternehmensbereiche alle als Profit-Center. Die Lösung mit den Megaminis weist jedem Manager eines solchen Profit-Centers eine eigene Maschine zu, für deren effizienten Einsatz er nunmehr verantwortlich ist und die er auch überschauen kann. Er selber muß entscheiden, welche zusätzlichen Anwendungen künftig für seinen Bereich wirtschaftlich sind. Dezentralisation verbessert die Wirtschaftlichkeit des DV-Einsatzes.

- Sie machten also aus Linien-Managern EDV-Manager?

Die Datenverarbeitung ist heute viel näher an das Management herangekommen und entspricht damit auch viel mehr den tatsächlichen Bedürfnissen der Kunden, weil dafür jetzt die operierenden Ebenen sorgen.

Das waren Aufgaben, die sie zusätzlich zu übernehmen hatten, unterstützt natürlich durch die zu diesen Systemen gehörigen EDV-Abteilungen. Das war zwar schwierig, und viele haben sich zu Anfang gewehrt, aber das Top-Management hatte dieses Konzept nun einmal beschlossen, und wir haben dann ein systematisches Trainings-Programm für diese Leute realisiert.

- Wie haben die DV-Spezialisten reagiert, die den Wechsel vom Jumbo zum Mini doch wie eine Art Degradierung empfinden mußten?

Die Anwenderprogrammierer arbeiten weiter mit Cobol, und zwar so, daß es kaum eine Änderung gab, denn das Interdata-Cobol ist dem IBM-Cobol bis auf sehr wenige Dinge ähnlich. Was Sie überraschen wird, die Operator haben mehr Freude an ihrer Arbeit - sie bedienen nicht einen großen schwarzen Kasten, wo sie die Zusammenhänge nicht mehr überschauen. Auf den Minicomputersystemen sehen sie richtig, wie ihre Arbeiten abgewickelt und fertiggestellt werden. Im übrigen sind unsere Minicomputer ja auch nicht so klein, daß man bei der Anwendungsprogrammierung Beschränkungen unterworfen wäre. Die acht Systeme haben alle 524-K-Bytes-Hauptspeicher, zudem jeweils drei 300 Megabyte-Platteneinheiten und reichlich weitere Peripherie dazu. An je zwei Doppelsysteme sind etwa 20 Bildschirme angeschlossen.

- Kann man denn da noch von Minicomputern sprechen?

Es sind Systeme, die historisch aus diesem DV-Bereich kommen und - wenn man den Preis betrachtet - sicherlich Minicomputer sind.

- Wie groß sind Ihre Einsparungen?

Zunächst einmal hatten wir einmalige Anlaufkosten von 750 000 Dollar. Aber das lohnt sich. Denn während wir bisher an das Großrechenzentrum jährlich 2,8 Millionen Dollar zahlten, werden wir mit der neuen Lösung nur EDV-Kosten in Höhe von jährlich 1,4 Millionen Dollar haben. Dabei werden wir auf diesen Systemen aber sehr viel mehr Leistung fahren. Unsere IBM-Alternative wären wohl zwei Systeme 370/158 gewesen, die drei Millionen Dollar gekostet hätten. Unsere acht kompletten Megamini-Systeme kosten etwa 2,4 Millionen Dollar, ermöglichen aber den sechsfachen Durchsatz.

- Wie hat IBM auf Ihre Pläne reagiert?

Nun, von der Auflösung des zweimal 370/165-Rechenzentrums hat IBM ja durchaus profitiert, denn wir haben heute in der Bank zahlreiche IBM 370-Systeme. Unsere spezielle Anwendung mögen sie natürlich weniger. Das ging sogar so weit, daß der IBM-Chairman Frank T. Cary sich einschaltete, was mich aber nur darin bestärkte, unseren Weg weiter zu gehen. Wir setzen heute in der Bank - gerade wegen der genannten Management-Konsequenzen - auf verteilte Rechnerleistung, und im letzten Jahr wurden insgesamt mehr als 50 Minicomputer, zum Teil recht kleine, in der Citibank installiert.

- Welche Systeme kamen für Ihre Lösung in die engere Auswahl?

Wir haben neben Interdatas 8/32 auch die PDP 11/70 von Digital Equipment, die Eclipse 300 von Data General und die SPC 16/44 von General Automation eingehend geprüft. Entscheidend für die Wahl der Megamini war seine 32-Bit-Systemarchitektur, die es erlaubt, bis zu 1 MB-Hauptspeicher direkt und ohne Software-Tricks zu adressieren. Zudem war das Cobol dem von IBM am ähnlichsten.

- Was waren Ihre Bedingungen für die Betriebssicherheit?

Ich bin hier für die acht Megamini-Systeme zuständig, die - jeweils zwei arbeiten zusammen - in vier Rechenzentren über zwei Stockwerke verteilt sind, direkt dort, wo die gebraucht werden. Für diese Systeme haben wir acht Interdata-Techniker im Hause, die von Montag bis Freitag täglich 24 Stunden Service-Bereitschaft garantiere. Wir haben übrigens sehr, sehr niedrige Down-Zeiten.

- Sollen die jetzt Stand-Alone arbeitenden Systeme später einmal miteinander vernetzt werden?

Nein, das ist nicht vorgesehen, weil das auch nicht nötig ist. Jedes System bearbeitet einen bestimmten Kundenkreis, beispielsweise alle Firmen aus dem Einzelhandel oder alle Maklerfirmen, und die zu diesem Kundenkreis gehörigen Daten haben nichts mit denen in anderen Systemen zu tun. Vielleicht werden wir später eine Verbindung zu unserem Management-Informationssystem-Rechner schaffen, aber auch dafür besteht keine Dringlichkeit.