Behörden bestellen "reflexartig" in Armonk

Ausschuß findet keine Beweise für unfaire Praktiken der IBM

02.11.1990

WASHINGTON (CW) - Freispruch für IBM. Ein Ausschuß, der die Beschaffungspraxis der US-Navy untersucht hatte, fand keine Beweise für eine unfaire Beeinflussung der Entscheidungsprozesse durch die Armonker. Ausschußvorsitzender John Conyers befand, daß dennoch von echtem Wettbewerb bei Regierungsaufträgen keine Rede sein könne.

Daß über 70 Prozent der Navy-Mainframes ein IBM-Etikett tragen - bei anderen Regierungsstellen sind es sogar mehr als 80 Prozent - ist nicht auf unerlaubte "Landschaftspflege" durch die Armonker Vertriebsmannschaft zurückzuführen, sondern allein auf die "Blauäugigkeit" der Entscheider. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung, die Anfang dieses Jahres eingeleitet worden war, nachdem Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bei der Großrechner-Beschaffung der US-Marine aufgetaucht waren (siehe CW Nr. 2 vom 12. Januar 1990, Seite 1).

Weil aber die Beschaffungsstellen gleichsam reflexartig bei IBM orderten, so Conyers, sei trotz einer Unzahl entsprechender Vorschriften echter Wettbewerb bei den Regierungsaufträgen eine Legende: Vier Regierungsstellen - das Gesundheits-, Schatz- und Landwirtschaftsministerium und die NASA - sind derart von IBM beherrscht, daß Konkurrenten entmutigt werden, es dort auch nur zu versuchen.

In Armonk sieht man das ganz anders: Gerade bei Regierungsaufträgen sei die Konkurrenz schärfer als irgendwo sonst. Während man weltweit einen Marktanteil von 70 Prozent bei den großen Systemen habe, seien von den großen Regierungsorders gerade 47 Prozent an den Marktführer gegangen. Oberstes Kriterium sei dabei nämlich der Preis - wobei die Kompatiblen-Hersteller besser dastanden - und nicht Service und technisches Niveau. "Wenn man nur das berücksichtigt, was die anderen schon kopiert haben, können zwar viele mitbieten, aber die Regierung hinkt dann eben 12 bis 18 Monate hinter dem Stand der Technik her", mahnte ein IBM-Sprecher.