Elektronische Akte

Aus dem Keller ins Licht

06.09.2004
Von 
Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.

Bei der DB-Magnetbahn GmbH ist seit Anfang des Jahres ein DMS von Docuware in Betrieb. „Wir scannen jetzt alle Belege ein, Briefe wie Faxe. Jeder im Unternehmen hat dann Zugriff darauf“, sagt Friedel Megerle, EDV-Leiter der 100-prozentigen DB-Tochter, die auf die Standorte München, Berlin und Lathen im Emsland verteilt ist. „Früher haben wir eine riesige Menge an Faxen hin- und hergeschickt, damit immer alle Mitarbeiter auf dem neuesten Stand sind. Das ist jetzt nicht mehr nötig.“Mehr als 16 000 Dokumente hat die DB-Tochter zurzeit im Archiv gespeichert. „Wir können auch so genannte Content-Folder zusammenstellen, so dass alle Dokumente zu einemVorgang oder Projekt gemeinsam angezeigt werden“, sagt Megerle. Zusätzlich kann sich jeder Mitarbeiter beliebige eigene Ordner erstellen und die für seinen Aufgabenbereich wichtigen Dokumente darin speichern. Neben der eingescannten Korrespondenz sind es technische Dokumentationen, E-Mails, Office-Dokumente und Faxdateien, die das Unternehmen im Archiv speichert. Zusätzlich ist das System an einen Microsoft-Sharepoint- Server angeschlossen, die Mitarbeiter können auch auf die dort gespeicherten Dateien zugreifen. Alle 30 Angestellten der DB-Magnetbahn nutzen das System, weitere 20 Mitarbeiter der Mutter Deutsche Bahn sind per Browser-basiertem Fernzugriff angeschlossen.

„Die Einführung Ende vorigen Jahres dauerte nur etwa vier Wochen“, sagt Megerle. Heute bringe das System nicht nur mehr Transparenz, sondern verringere auch die Suchzeiten. „Bis Ende des vergangenen Jahres haben wir nur mit Papier gearbeitet, da wurden natürlich viele Kopiengemacht, und trotzdem hatte man nicht immer gleichdas richtige Dokument zur Hand“, blickt Megerle zurück. Mit dem neuen Archivsystem ist der IT-Chef äußerst zufrieden: „Einer internen Umfrage zufolge ist das System ein voller Erfolg. Alle Mitarbeiter sehen die Vorteile für ihre Arbeit und nutzen es täglich.“ Insbesondere die Möglichkeit, jederzeit die gesamte Korrespondenz auf einen Blick einsehen zu können, und das gemeinsame Arbeiten an Projekten hebt er hervor.

Andere Erfahrungen hat Projektleiter Jeurink bei der Kampmann GmbH gemacht: „In der Anfangszeit haben viele Mitarbeiter die Papier-Akte noch sehr vermisst und alle möglichen Dokumente ausgedruckt, obwohl das für ihre Arbeit gar nicht nötig war. Aber das wird jetzt langsam besser. “Wie bei allen Neuerungen ist auch bei der Einführung der Elektronischen Akte erfolgreiches Change-Management unabdingbar. „Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren bei der Einführung ist, die Mitarbeiter von der Sache zu überzeugen“, bestätigt Jeurink.

Gute Vorbereitung ist deswegen unerlässlich. „Die Elektronische Akte greift erheblich in die Arbeitsprozesse ein. Es müssen neue Rollen definiert werden: Wer erfasst und verwaltet die Daten, wie werden die Daten geordnet, wer darf was sehen, welche Schulung ist für welche Mitarbeiter nötig?“, sagt Kampffmeyer. „Dafür muss vorher eine Systematik erarbeitet werden. Ein häufiger Fehler bei DMS-Projekten ist, dass der Organisationsaufwand unterschätzt wird. Der erste Schritt ist, das Bewusstsein dafür zu schaffen, dass es sich überhaupt um ein organisatorisches Problem handelt.“

Projektleiter Jeurink hat deshalb besonderen Wert darauf gelegt, die Mitarbeiter zu überzeugen und gründlich in die neuen Prozesse einzuarbeiten. Mit einem Projektstufenplan, Pilotphasen und gründlicher Schulung hat er auf eine sanfte Einführung gesetzt.Auf diese Weise sind rund acht Monate zwischen Projektstart und Produktivbetrieb vergangen. Über den Erfolg des Projekts hat er noch keine verlässlichen statistischen Daten. „Wir fertigen nur projektbezogen. Jeder Auftrag ist anders, deshalb gibt es keine Standard-Durchlaufzeit für Aufträge. Aber nach meiner Einschätzung und allem, was ich von denKollegen höre, ist dieAuftragsabwicklung merklich schneller geworden.“ Über die Kosten des Projekts will Jeurink keine Aussage treffen.

„Die Frage nach dem Preis eines DMS ist so ähnlich wie die Frage: Was kostet ein Auto?“, sagt Marktkenner Kampffmeyer. „Lösungen für kleine Mittelständler beginnen schon bei etwa 5000 Euro. Es kann aber - je nach Funktionsumfang - auch beim Mittelständler bis zu mehreren Hunderttausend Euro gehen.“ Die Lizenzkosten für die Software machen dabei nur einen kleinen Teil aus; der größere Posten entsteht in der Regel durch Beratung, Implementation, organisatorischen Aufwand und Schulung.