Wissenschaftler testen Arbeit am Bildschirm

Augenflimmern und rosa Farbempfinden

21.11.1975

WIEN - "Macht der Bildschirm krank?" fragte die CW Nr. 46 in einem Bericht über die Bemühungen des DGB, mögliche Zusammenhänge zwischen der Arbeit am Datensichtgerät und der Gefährdung der Gesundheit der Bedienungskräfte aufzuklären. In Wien ist man schon einen Schritt weiter: Das Institut für Umwelthygiene und die Augenklinik der Universität machten Anfang dieses Jahres einen Labortest mit 14 Versuchspersonen. Das Ergebnis des Untersuchungsberichtes, der jetzt vorliegt, ist eindeutig. Längere Arbeit am Bildschirm hat bei der Mehrzahl der Versuchspersonen signifikantes Nachlassen der Sehschärfe zur Folge. Das Farbempfinden wird gestört: die meisten Versuchspersonen

hatten - so der Untersuchungsbericht - "diffuse, rosa Farbempfindungen". Nach kurzer Erholungszeit allerdings waren Sehschärfe und Farbempfinden wieder normal, das heißt, sie entsprechen den Bedingungen vor dem Test.

Das Untersuchungsteam, geleitet von den Professoren Dr. M. Haider und Dr. H. Slezak, stellt auch fest, daß subjektive Angaben der Versuchspersonen über Augenflimmern, Kopfschmerzen und Augenschmerzen im Test objektiv nicht meßbar seien, sich aber mit Angaben aus der Praxis decken und durchaus glaubwürdig sind. Allerdings: die meßbaren Beeinträchtigungen der Sehschärfe und des Farbempfindens im Labortest lagen im natürlichen, physiologischen Schwankungsbereich und ließen noch nicht den Schluß zu, daß sie zu Krankheiten führen könnten. Größere Versuche seien nötig, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen.

Im Test waren 14 Personen, die auch beruflich am Bildschirm tätig sind (im Durchschnitt seit eineinhalb Jahren und täglich knapp vier Stunden). An einem Datensichtgerät Uniscope 100 Data Display arbeiten die Testpersonen je zweimal eine Stunde und einmal vier Stunden lang. Über ein Magnetbandkassettengerät wurde ein Testprogramm auf den Bildschirm gebracht, das reale Arbeitsbedingungen etwa am Datensammelsystem simulierte. Vor und nach dem Test wurden die Sehfunktionen der Testpersonen gemessen.

Mehr Pausen empfohlen

Trotz der vorläufigen Ergebnisse empfehlen die Wiener Wissenschaftler, Arbeit am Bildschirm solle im Interesse der Gesundheit öfter durch Pausen oder andersartige Tätigkeiten unterbrochen werden. Die Österreichische Gewerkschaft der Privatangestellten, die den Test in Auftrag gegeben hatte, zog Konsequenzen. In ihrem Aktionsprogramm "Menschengerechte Arbeitsplatzgestaltung" fordert sie für Beschäftigte am Datensichtgerät den Wechsel zu anderen Tätigkeiten im Turnus von einer Stunde. os