Pauschaltarif für Dauer-Surfer bevorzugt mit DSL-Zugang oder von Vollanschlussanbietern

Auf T-Online-Ausstieg folgt Flatrate-Sterben

02.03.2001
MÜNCHEN (mo) - Die Flatrate für den Internet-Zugang per Telefonleitung steht vor dem endgültigen Aus. Die meisten Telekommunikationsunternehmen ziehen ihre entsprechenden Tarife zurück. Anders beim DSL-Zugang: Hier gibt es eine breite Angebotspalette.

Immer mehr TK-Unternehmen geben ihre Flatrate-Angebote für den Internet-Zugang per Telefonleitung auf. Nachdem T-Online den Pauschaltarif nur noch für T-DSL-Nutzer aufrechterhält, haben auch andere Anbieter ihre Dialin-Angebote zurückgezogen - obwohl diese zum Teil sehr viel hochpreisiger angelegt waren. Zu ihnen gehörten unter anderem Canaletto mit einer 99-Mark-ISDN-Flatrate, Digital Transfers verlangte 249 Mark für Analog- oder ISDN-Einwahl und Synnet 111 Mark. Einzig Muchmoretele.com hält sein Angebot aufrecht: 199 Mark für ISDN-Kanalbündelungs-Zugang, also eine 128-Kbit-Verbindung. AOL hat sich dagegen noch nicht entschieden, wie es künftig mit den Pauschaltarifen weitergehen soll. AOL-Chef Uwe Heddendorp fordert weiterhin Nachbesserungen bei der Großhandels-Flatrate und hält sich andernfalls die Einstellung des Tarifs offen.

"Bei den zurzeit sehr günstigen Internet-by-Call-Tarifen haben Durchschnitts-Surfer kein Interesse an einem Flatrate-Tarif", erläutert Branchenkenner Kai Petzke, Betreiber von Teltarif, einem Web-Angebot für Telekommunikations-Tarifvergleiche, "daher sehe ich dafür im Moment nur geringe Chancen - zumal eine Flatrate immer auf einer Mischkalkulation aus Power- und Durchschnitts-Benutzern basiert." Ein Durchschnitts-Surfer kommt auf zehn bis 20 Online-Stunden im Monat, für die er zwischen zehn und 40 Mark bezahlen muss - deutlich weniger als die 78 Mark, die bei AOL Flat im Monat fällig sind.

Alternativen durch DSLDoch Viel-Surfer brauchen sich trotzdem nicht zu grämen. Ihnen bieten sich verschiedene Alternativen - durch Vollanschlussanbieter, DSL-Technik und Kabelbetreiber. So bietet Arcor seit kurzem eine ISDN-Flatrate für 69,90 Mark im Monat, während die schon seit längerem im Portfolio befindliche DSL-Flatrate mit 39 Mark für einen 128-Kbit-Connect zu Buche schlägt. Voraussetzung ist aber der Vollanschluss bei der Telefongesellschaft. "Da die Internet-Connectivity bei DSL über eine paketvermittelnde Leitung hergestellt wird, können wir die Preise für eine Flatrate ganz anders kalkulieren als zum Beispiel bei ISDN, wo bei einer Internet-Verbindung immer ein ganzer Kanal reserviert wird - unabhängig davon, ob gerade Daten übermittelt werden oder nicht", löst Heiko Witzke, Pressesprecher bei Arcor, die paradoxe Situation auf, dass für höhere Übertragungsleistung weniger gezahlt werden muss. Das ist bei Mobilcom anders. Für die Analog-Flatrate zahlen Anwender 39 Mark, beim ISDN-Anschluss 59 Mark und mit DSL-Zugang 99 Mark im Monat. Die Angebote sollen auch weiterhin Bestand haben, stellt Torsten Kollande, Pressesprecher bei Mobilcom, klar: "Wir werden die Internet-Flatrate-Angebote für unsere Ortsnetzanschluss-Kunden in vollem Umfang beibehalten und im DSL-Bereich sogar ausbauen."

Wer seinen Telefonanschluss bei der Telekom belässt und deren T-DSL-Angebot nutzt, kann neben der T-Online-Flatrate für 49 Mark im Monat auch das Angebot von Synnet für 99 Mark im Monat nutzen. "DSL hat mittelfristig gute Chancen, sich als Standardtechnologie für den Internet-Zugang zu etablieren", prognostiziert Petzke.

Eine weitere Alternative für Privatanwender ist der Internet-Zugang via Fernsehkabel. Da die Anwender sich die Bandbreite im Kabel teilen, ist diese Technologie für Firmen wenig attraktiv, da bei ihr kein Mindestdurchsatz garantiert werden kann. Aber auch Privatanwender haben zurzeit nur selten die Möglichkeit, diese Zugangstechnik zu nutzen. Weil die Telekom die Umrüstung ihres Kabelnetzes für diesen Dienst zögerlich angeht, gibt es nur wenige regionale Kabelanbieter, die entsprechende Angebote vorhalten.

Typischerweise zahlt der Anwender für eine 128-Kilobit-Leitung rund 50 Mark im Monat pauschal ohne Zeit- oder Volumenbegrenzung, so zum Beispiel in verschiedenen Ruhrgebietsstädten, Berlin, München und der Region Neubrandenburg. 768 Kbit für den Download sind in der Regel für weniger als 100 Mark zu haben.

Gerade Power-Surfern dürfte auf Dauer ein Analog- oder ISDN-Anschluss nicht reichen. Da DSL und Fernsehkabel technisch überlegen sind, dürften die Internet-Freaks das Sterben der Telefon-Flatrates nur wenig bedauern. Die Flatrate als Tarifmodell steht jedenfalls nicht zur Disposition, sondern sie wird nur auf andere Access-Techniken verlagert.

KommentarUngeschickte Trennung

Jetzt ist es raus: Interessante Flatrate-Angebote für den Internet-Zugang via Telefonleitung können nur noch diejenigen vorhalten, die auch Ortszugänge anbieten - also ein eigenes Netz bis zum Endkunden betreiben. Dann lassen sich leichter Mischpreise kalkulieren, als wenn jede Gesprächsminute einzeln mit dem Telefonnetzbetreiber abgerechnet wird. Unter diesem Aspekt muss sich die Deutsche Telekom fragen lassen, ob es ein geschickter Schachzug war, mit T-Online auch das Internet-Infrastrukturgeschäft auszugliedern - obwohl T-Online keine eigene Infrastruktur hat, sondern diese von der Telekom mieten muss. T-Online kann so keine günstigen Zugangsangebote machen und verliert daher Kunden. Obwohl DSL die Zugangstechnik der Zukunft ist: Das Neukundengeschäft läuft weiterhin über den Telefonanschluss - weil es billig und einfach ist, sich so an das Internet anzuschließen. Den kurzfristigen Gewinn durch den T-Online-Börsengang vor Augen, hat Ron Sommer also eine strategische Fehlentscheidung getroffen, die ihn langfristig viele Kunden und damit viel Geld kosten wird.

Martin Ottomeier

Redakteur CW