Auf die Methode kommt es an

05.09.1980

Dieter Ganguin Mitarbeiter der IBM Deutschland GmbH

Um Konfliktsituationen zu vermeiden, die in der Fertigungsplanung und -steuerung durch die Vielzahl der beteiligten innerbetrieblichen Funktionen bedingt sind, ist es sinnvoll, die erwarteten Ergebnisse möglichst genau zu beschreiben. Die exakte Methodenauswahl hängt natürlich ebenfalls davon ab, ob Klarheit über mögliche Ergebnisse besteht.

Es muß zu Schwierigkeiten führen, wenn in einem Planungssystem die Verkürzung der Durchlaufzeit erreicht werden soll, die Fertigungssteuerung aber weiterhin eine 100-prozentige Auslastung der Maschinenkapazität anstrebt.

Planungsbasis: Drei Informationsquellen

Die heute gebräuchlichen Methoden gehen davon aus, daß als Planungsbasis drei Informationsquellen zur Verfügung stehen:

- Ein Produktionsplan, der vom Inhalt her eine realistische Ableitung des Material- und Kapazitätsbedarfs ermöglicht;

- eine Stückliste, die nach Fertigungsstufen gegliedert ist und in ihrer untersten Stufe das Ausgangsmaterial beinhaltet;

- Ein Arbeitsplan, der als Basis für eine Durchlaufzeitermittlung ausreichende Informationen enthält.

Die in diesem Aufgabengebiet benutzten Verfahren sind:

Durchlaufzeit ermitteln;

Kapazitätsbedarf errechnen;

Kapazität abgleichen (glätten);

Reihenfolge ermitteln.

Untersuchungen weisen aus, daß, wenn in einem Fertigungsbetrieb, die Durchlaufzeit mit 100 Prozent angenommen wird, sie sich zu 80 bis 90 Prozent aus Übergangszeit und nur zu 10 bis 20 Prozent aus der Gesamtvorgabe aller Arbeitsfolgen zusammensetzt.

Damit ist zwangsläufig daß das Ziel, die Durchlaufzeit zu verkürzen, nur erreicht werden kann, wenn die Übergangszeit planbar und dadurch beeinflußt gemacht wird.

Die Berechnung ermittelt die Durchlaufzeit in Tagen. Diese Zeit wird der verfügbaren Zeitspanne für den entsprechenden Auftrag gegenübergestellt. Drei Resultate sind möglich: Die Durchlaufzeit ist kleiner, gleich oder größer als die zur Verfügung stehende Zeit.

Für die sich anschließende Kapazitätsbedarfsrechnung sind diese Ergebnisse von großer Bedeutung, weil Durchlaufzeiten, die zu einem hohen Prozentsatz größer sind als die zur Verfügung stehenden Zeitspannen zu einem unrealistischen Kapazitätsbedarf führen.

Bestimmte Glättungen können errechnet werden. Wie bereits erwähnt, ist dafür allerdings Voraussetzung, daß über die Durchlaufzeitenermittlung durch Puffer diese Möglichkeiten überhaupt genutzt werden können. Eine weitere Möglichkeit der Glättung besteht darin, durch die Angabe von Ausweichmaschinengruppen Kapazitätsüberhänge zu verringern. Dies setzt allerdings voraus, daß die Maschinengruppen von austauschbar sind, was im Normalfall nur selten zutrifft.

Vielfalt erschwert den Handbetrieb

Um eine unnötig hohe Durchlaufzeitenverlängerung zu vermeiden, gehen die Verfahren häufig davon aus, bei Kapazitätsengpässen einen Auftrag als Ganzes in die Zukunft zu verschieben und nicht nur einzelne Arbeitsgänge herauszuzögern. Dieses Vorgehen ist deswegen sinnvoll weil die Berücksichtigung einzelner Arbeitsgänge zur Folge hätte, daß ein Auftrag in seiner Gesamtdurchlaufzeit erhöht würde. Die mit Verschiebungen verknüpften Nachteile lassen sich auch hier nur vermeiden, wenn im Rahmen der Durchlaufzeitermittlung entsprechend ausreichende Puffer zwischen Frühstart und Spätstart ermittelt wurden.

Die Aufgabe der Arbeitsgangreihenfolgebestimmung ist dadurch gekennzeichnet, daß eine Vielzahl von Kriterien, kombiniert mit einer Vielzahl von Arbeitsgängen, die miteinzubeziehen sind, unter Anwendung manueller Steuerungsverfahren selten zu einem richtigen Ergebnis führt. Dabei muß an dieser Stelle gesagt werden, daß selbst wenn Verfahren benutzt werden, die in der Lage sind, eine Reihe quantifizierbarer Kriterien zu verarbeiten, immer noch bestimmte nicht quantifizierbare Kriterien (wie beispielsweise die Personalqualität) offenbleiben, so daß über den Einsatz datenverarbeitungsunterstützter Verfahren hinaus, manuell die Steuerungsergebnisse nachträglich beeinflußbar sein müssen.

Die sachlichen Kriterien, die bei der Bestimmung der Arbeitsgangreihenfolge eine Rolle spielen, sind Dinge wie Verfügbarkeit von Werkzeug und Material; Planbarkeit von Splittung; Überlappung; Ähnlichkeit von Arbeitsgängen.

Einführungsrisiken in den Voraussatzungen

Erfahrungsberichte enden häufig mit der Feststellung, daß die eingesetzten Methoden und Verfahren zwar als solche anwendbar und widerspruchsfrei sind, und daß der leider festgestellte Mißerfolg darauf zurückzuführen ist, daß man nicht in der Lage war, alle damit in Zusammenhang stehenden Voraussetzungen zu schaffen.

An erster Stelle ist dabei die Aktualität der Fertigungspläne zu nennen, und zwar im Hinblick auf die Gültigkeit der Reihenfolge der einzelnen Arbeitsschritte, der Gültigkeit der Starttermine, der Höhe der Verzüge und der Verteilung der Prioritäten. Ein methodisch richtig gerechnetes Ergebnis ist eben trotzdem nicht benutzbar, wenn mehr als 80 Prozent der herangezogenen Werkstattaufträge mit Verzügen von 30 und mehr Tagen belastet waren und daraus dann ein Kapazitätsbedarf in der Gegenwart von mehr als 300 Prozent ermittelt wird.

Weitere Kriterien sind die Aktualität des Rückmeldeverfahrens sowie de Akualität der Lagerbestandsverwaltung. Ebenfalls muß rechtzeitig daran gedacht werden, ein Konzept für de Bereinigung von Kapazitätsengpässen zu entwickeln.

Positive Möglichkeiten in meßbarer Form

Wenn schon die Risiken genannt werden, so sollen auch die positiven Möglichkeiten in de Form meßbarer Ergebnisse angesprochen werden. Je nach Schwerpunkt wurden im einzelnen folgende Ergebnisse erzielt:

- Verbesserung des Verhältnisses zwischen Übergangszeit und Gesamtvorgabe;

- Erhöhung des Produktionsausstoßes und Kapazitätserhöhung;

- Verminderung der Terminvorzüge;

- Senkung der Werkstattbestände.

Zum Schluß sei nochmals darauf hingewiesen, daß der häufig angetroffene Zweifel, mit Hilfe entsprechender Methoden und Verfahren Planung und Steuerung eines Fertigungsbetriebes mit Unterstützung der Datenverarbeitung betreiben zu können, nicht in dem Mangel und der Unzulänglichkeit der betroffenen Methoden liegt, sondern häufig auf Unkenntnis beruht und in der Vielfalt der zu berücksichtigenden Kriterien begründet ist.