Auf der Suche nach passenden Profis

15.11.2007
IT-Arbeitgeber lassen sich einiges einfallen, um gute Mitarbeiter zu gewinnen. Einfach ist es trotzdem nicht.

Weiterhin Mangelware sind IT-Fachkräfte. Das bestätigt die Herbstumfrage des IT-Verbandes Bitkom. 57 Prozent der Unternehmen wollen zusätzlich Mitarbeiter einstellen. Die Konsequenz: Unternehmen mit ihren IT-Abteilungen ebenso wie IT-Häuser müssen sich für die Personalakquise deutlich mehr einfallen lassen.

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wie Unternehmen für neue Mitarbeiter attraktiv sein wollen;

warum Trainee-Programme wieder in Mode kommen;

was Unternehmen tun können, um die Fluktuation zu reduzieren.

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553814: Fachkräftemangel;

527751: Attraktive Arbeitgeber;

552967: Flexible Arbeitsmöglichkeiten.

Mit einem höheren Grundgehalt locken die wenigsten. So sind nach einer gemeinsamen Studie der computerwoche und der Vergütungsberatung Personalmarkt die Gehälter für IT-Personal ohne Führungsverantwortung gegenüber dem Vorjahr im Schnitt um lediglich 0,5 Prozent gestiegen. Auch für das künftige Jahr gehen IT-Manager wie Torsten Straß, Country Manager von Logica CMG in Deutschland, nur von einer "marginalen Steigerung bei den Grundgehältern" aus. "Gute Spezialisten verdienen kräftig mit Boni und Prämien hinzu", verweist er auf variable Bezahlungsbestandteile, die sich an der persönlichen Leistung und am Geschäftsergebnis des Unternehmens orientieren. "Wir sind auf dem besten Wege, unser Ziel von 400 Neueinstellungen 2007 zu erreichen. Und wir gehen davon aus, im Zuge des weiteren Geschäftswachstums im Jahr 2008 eine ähnliche Zahl von IT-Experten einzustellen.

Auf der Suche nach neuen, erfahrenen IT-Mitarbeitern schütten Firmen bis zur Hälfte der Gesamtbezüge als Provisionen und Prämien aus, berichtet der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW). Kienbaum stellt in seiner Vergütungsstudie "Spezialisten in IT-Funktionen" fest, dass 57 Prozent aller Führungskräfte in der IT-Wirtschaft mittlerweile variable Bezüge erhalten. Richtig profitabel sind die flexiblen Ergänzungen aber nur für Leistungsträger mit langjähriger Erfahrung in ihrem Gebiet. Doch genau die sind Mangelware.

"Wir erwarten von neuen Mitarbeitern profundes Wissen und viel Engagement", betont Robert Heinrich, Partner und Head of Advisory Services bei Ernst & Young. "Und wir gehen davon aus, dass sie hohe Leistungen konstant erbringen können. Denn das erwarten auch unsere Unternehmenskunden." Alle Kanäle aktiviert Allein in Deutschland sucht die Beratungssparte von Ernst & Young bis 30. Juni 2008 (Ende des Geschäftsjahrs) 200 bis 250 neue Mitarbeiter, die dieser Erwartungshaltung entsprechen. Heiß begehrt sind vor allem Betriebswirte mit IT-Spezialisierung, die sich gut mit Controlling, Reporting, IT-Organisation, IT-Prozessen und Compliance auskennen. "Aber auch Wirtschaftsingenieure und Informatiker sind willkommen", signalisiert Heinrich. Für die Akquise neuer Spezialisten werden alle verfügbaren Mittel und Kanäle ausgereizt: Mund-zu-Mund-Propaganda durch eigene Mitarbeiter, Anzeigen in Stellenbörsen, Beauftragung von Personalvermittlern, Recruiting-Events, enge Zusammenarbeit mit Universitäten und Fachhochschulen bis zu einer offensiven Recruiting-Kampagne im Web. Neuankömmlinge werden über ein in unterschiedliche Erfahrungsstufen gestaffeltes Trainingsprogramm mit dem Beratungsalltag vertraut gemacht, inklusive Training on the Job von Anfang an.

Die Liste der stark gefragten IT-Spezialisten lässt sich nahezu beliebig fortsetzen. Ausgesprochen gute Chancen haben Fachleute, die sich mit Java, C-Varianten, HTML, XML, daneben mit Web-Services, SOA, IT-Management und Datenbanken fundiert auskennen. Und der Nachschub aus deutschen Universitäten? Er fällt weiterhin schwach aus. Seit dem Boomjahr 2000 ist die Zahl der Studienanfänger in der Informatik rückläufig.

"Aus dem klassischen Arbeitgebermarkt ist ein Bewerbermarkt geworden", räumt Straß ein. Überzeugende Kandidaten hätten somit nahezu die freie Wahl des Arbeitgebers. Genau deshalb biete Logica CMG ein lukratives Vergütungsmodell und gute Karrieremöglichkeiten an. Beides habe man, um für Mitarbeiter langfristig als Arbeitgeber attraktiv zu sein, in der Firmenphilosophie "Logica-CMG-Way" fest verankert, so der Country Manager. Parallel intensiviert das Unternehmen die Zusammenarbeit mit Hochschulen. Straß: "Wir vergeben Diplomarbeiten und Praktika, um auf diese Weise neue Mitarbeiter frühzeitig in unser Beratungsgeschäft und unsere Unternehmenskultur zu integrieren."

"Die IT-Anbieter stehen im harten Wettbewerb um geeignete IT-Fachkräfte", pflichtet Winfried Materna, Geschäftsführer der Materna GmbH und Ehrenpräsident der IHK in Dortmund, bei. "Zumal der Markt technische und prozessuale Innovationen und höhere Qualifikationen fordert." Deshalb seien Unternehmen gezwungen, deutlich mehr als in der Vergangenheit für neues IT-Fachpersonal zu tun. Eine wichtige Maßnahme der Dortmunder ist die Einrichtung eines Trainee-Programms mit Fokus auf die Ausbildung von Sozialkompetenzen, vorwiegend für das Einsatzgebiet Service-Management. Denn hier sei die Kommunikation mit dem Kunden besonders intensiv. Das Programm ist auf drei Monate ausgelegt und modular aufgebaut. So können Neuankömmlinge flexibel in laufende Trainings einsteigen. Das Trainee-Programm wurde nicht nur für die Neuen geschaffen: "Langjährige Mitarbeiter nehmen ebenso daran teil, um mit der schnellen Entwicklung im Service-Management Schritt zu halten", sagt Materna.

Begleitend zu den Trainings finden interne Schulungen statt sowie ein Rahmenprogramm für die Vernetzung der Teilnehmer. Daneben intensiviert der IT-Anbieter die Zusammenarbeit mit Hochschulen und Fachhochschulen bis hin zu gemeinsamen Forschungsprojekten. Denn eines helfe keinesfalls weiter, so der Geschäftsführer: "Über die Standortbedingungen in Deutschland, die Abwanderung qualifizierter Fachkräfte und zu viel Bürokratie zu klagen." Die IT-Branche müsse selbst das Beste aus den herrschenden Rahmenbedingungen machen.

Keine Hauruck-Aktionen

"Die IT entwickelt sich in den Unternehmen vom Hilfsmittel hin zum innovativen Gestaltungsmittel für das Geschäft", registriert Henning Kagermann, Vorstandssprecher der SAP AG. Dafür gibt es noch ein anderes Beispiel: Hewlett-Packards Sparte für Unternehmenslösungen, Technology Solutions Group, hat sich unter dem Banner von "Business Technology", gestützt durch Firmenzukäufe, neu ausgerichtet. "Technologieeinsatz und strategische Unternehmensziele rücken näher zusammen", sagt Jutta Schneider, Director Consulting & Intergration (C&I) bei HP in Deutschland. "Unsere Berater diskutieren mit CIOs und CEOs über die Rolle der IT für ihr Geschäftsmodell. In den HP Labs entwickeln wir Technologien für IT-gestützte Geschäftsmodelle der Zukunft." Was damit zwangsläufig wachse, seien die Anforderungen an die künftigen Spezialisten. "Sie sollten nicht nur IT-Know-how und betriebswirtschaftliches Fachwissen mitbringen.

Sie müssen auch das richtige Verständnis im Sinne von Kunden- und Geschäftsorientierung haben", so Schneider. HP sucht derzeit über hundert Berater, die im Idealfall diesem Steckbrief entsprechen. Mit Blick für das im Personalmarkt Machbare werden neben den Professionals auch Absolventen von Hochschulen und Semi-Professionals in die engere Wahl gezogen. Vor allem Spezialisten für SAP-Software, Business Intelligence, Service Management, Geschäftsprozess-Management und Change-Management sind bei HP gefragt. Speziell für Hochschulabsolventen hat das IT-Unternehmen ein Graduate-Ausbildungsprogramm aufgelegt. Darüber werden die neuen mit erfahrenen Beratern zusammengebracht, außerdem frühzeitig in die Projektrealität eingebunden. Die Beratermannschaft wird durch Weiterbildungsmaßnahmen auf dem neuesten Stand gehalten.

Zwar hat man bei Siemens IT Solutions and Services das Personal im Bereich Recruiting verdoppelt und die Suche nach Fachkräften intensiviert. Andreas Ziegenhain, Deutschland-Chef des Siemens-Bereichs, hält dennoch wenig von übereilten Maßnahmen, um neue Mitarbeiter zu werben. "Vor allem diejenigen Unternehmen bekommen den IT-Fachkräftemangel zu spüren, die sich bisher wenig Gedanken über ihre eigene Personalkultur gemacht haben", stellt er fest. (hk)