"Service aus einer Hand" als Argument bei Third-Party-Maintenance:

Auch Hersteller setzen auf Konfrontation

30.01.1987

Der TPM-Markt ist noch völlig offen. Neben "herstellerunabhängigen" Serviceanbietern kämpfen auch renommierte HW-Produzenten teils mit harten Bandagen um die Gunst der Anwender. Im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE nimmt Max Berchtenbreiter, Bereichs- und Marketingleiter im technischen Kundendienst der NCR GmbH, Augsburg, zu Vorteilen und Risiken der Dritt-Wartung Stellung.

* Herr Berchtenbreiter, parallel zum eigenen klassischen Kundendienst wartet und betreut NCR auch Produkte anderer Hersteller. Wie kam es zu diesem zweiten Bein der NCR-Serviceorganisation?

Die heutige Konzeption elektronischer Datenverarbeitungsanlagen erlaubt es, auch Peripheriegeräte anderer Hersteller anzuschließen. Viele unserer Kunden haben deshalb in den vergangenen Jahren auch Geschäfte über Dritt-Anbieter getätigt; bei Personal Computern, bei Minis und vor allem bei der Peripherie. So kam vom Anwender immer häufiger die Forderung an NCR, als Lieferant der CPU auch die Pflege der peripheren Einheiten mit zu übernehmen. Dabei brauchte der Deal gar nicht über uns gelaufen zu sein, sondern der Kunde konnte sich die Geräte ja auch direkt von einem anderen Hersteller oder Händler geholt haben. Und jetzt betreuen wir eben über unsere eigenen Systeme hinaus auch die Peripherie, die beim Kunden an NCR-Maschinen zum Einsatz kommt.

* Dazu brauchen Ihre Techniker ein detailliertes Wissen über die "fremden" Geräte. Wie stellen Sie dieses Know-how sicher?

Wir belegen Lehrgänge, zum Beispiel bei Mannesmann für die Drucker. Im Einvernehmen mit dem jeweiligen Hersteller erfolgt die Schulung und auch der Erwerb der technischen Dokumentation - wir müssen natürlich alles bezahlen, das ist klar.

* Wie schnell sind Ihre Service-Leute zur Stelle, wenn ein Kunde einen Störfall meldet?

Wir haben Response-Zeiten, die im Normalfall zwischen zwei und vier Stunden liegen. Das ist aber abhängig von der Größe der jeweiligen Anlage und der Art der Anwendung. Es wird Fälle geben, in denen diese Zeit nicht eingehalten wird; andererseits werden solche Fristen auch nicht von jedem Anwender gefordert. Wir verfügen pro Distrikt über ein Dispatching-System, also eine Techniker-Leitstelle. Hier wird der Kunde bereits im Vorfeld telefonisch nach Art und Auswirkung der Störung genau befragt. Die Einstufung erfolgt also nach der Dringlichkeit.

* Wie reagieren denn die Produzenten von peripheren Geräten auf das Engagement der NCR? Die werden sich doch kaum das Wartungsgeschäft als sichere Einnahmequelle so ohne weiteres aus der Hand nehmen lassen.

Ja und nein. Der eine sagt, ich möchte mich mit dem Aufbau einer Kundendienstorganisation nicht mehr auseinandersetzen oder gar belasten. Die haben schon Interesse daran, einen renommierten Hersteller für den Service zu gewinnen. Ein typisches Beispiel dafür ist die Firma Ampex als Produzent von Terminals und Streamer-Tapes. Andere dagegen sagen, wenn der Kundendienst richtig aufgezogen ist, läßt sich gutes Geld damit verdienen - die halten den Service natürlich in den eigenen Reihen. Da erleben wir in der Branche die unterschiedlichsten Reaktionen.

* Ist NCR auch an IBM herangetreten?

Wir haben unter dem Gesichtspunkt PC-Betreuung auch mit IBM Gespräche geführt. Die IBM sagt, ihr könnt alles haben, einschließlich Schulung. Aber insgesamt ist der Preis dafür so hoch angesiedelt ... da denkt man schon ernsthaft nach.

* Also eigentlich ein klares "Nein" seitens der IBM.

Wenn Sie so wollen - eine definitive Zusage über den Preis zu einem "Nein" umzufunktionieren - Ja. Allerdings ist von Fall zu Fall zu kalkulieren, ob der Preis dem in Aussicht stehenden Auftrag gerecht wird.

* Branchenanalysten sagen dem Geschäft mit der Third-Party-Maintenance rosige Zuwachsraten voraus. Da ist das Gerangel zwischen TPM-Anbietern und Herstellern um die besten Plätze geradezu vorprogrammiert.

Ja, sicherlich. Wenn der eine oder andere Hersteller sagt, ich gebe für die Dritt-Wartung keine entsprechende Unterstützung, sprich: keine Ersatzteile, dann fahren die TPM-Anbieter eben klaren Konfrontationskurs. Ein Hersteller ist nämlich in Deutschland nicht verpflichtet, einem Konkurrenten Ersatzteile zu verkaufen.

* Sie sprachen von Konfrontationskurs - gilt das auch für NCR?

Ja, in so einem Fall nutzen wir unsere internationalen Verbindungen für die Eindeckung mit Ersatzteilen technischer Dokumentation oder für die notwendige Schulung der Techniker. Das ist überhaupt die Ausgangsbasis, um einen qualifizierten Service bieten zu können. Dazu gehört auch ein eigenes Repair-Center. Letztendlich entscheidet aber der Anwender das Rennen - er macht eine Kosten/Nutzen-Analyse und trifft seine Wahl.

* Sind Sie gegenüber den Herstellern, für die NCR ihren Kunden eine Betreuung der "fremden" Geräte garantiert, durch entsprechende Verträge abgesichert?

Jein ... wir haben mit einer Reihe von Herstellern Agreements getroffen - Gentlemen's Agreements - ich denke da an Unternehmen wie beispielsweise Tandberg, Epson, Oki Data, Tandon oder NEC. Abkommen mit dem Hinweis, daß wir die Ersatzteile, die technische Schulung und die Dokumentation erwerben können.

* Ist ein Gentlemen's Agreement zur Sicherung eines funktionstüchtigen Third-Party-Services nicht etwas vage? Ich denke da beispielsweise an Streitigkeiten, bei denen sich der "Partner" eventuell gar nicht mehr gentlemanlike verhält.

Wenn von uns beim Kunden ein Gerät unter Servicevertrag genommen wird, liegt die Verantwortung für die technische Betreuung ganz klar bei NCR. Gut, es mag in dem einen oder anderen Fall sein, daß da mal Streitigkeiten aufkommen. Wir sind jedenfalls bis heute noch nicht mit solchen Dingen konfrontiert worden.