Control Data GmbH:

Astronomisches im fliegenden Klassenzimmer

28.10.1983

MÜNCHEN (bi) - Von "astronomischen Leistungen", einer 100-Millionen-Dollar-Investition für eine Fertigungsstraße für Speichermedien in Dünnfilmkopftechnologie, "fliegenden Klassenzimmern" und der Neugründung einer "kleinen Firma für große Computer" berichtete Dieter Porzel, Geschäftsführer der Control Data GmbH, Frankfurt.

Zur Systems kündigte Control Data unter dem Namen Cyberplus unter anderem ein Multi-Parallel-Prozessor-System an, welches "astronomische" Rechenleistungen von maximal 16 Milliarden Rechenoperationen pro Sekunde leisten soll.

Dieser neue Prozessor ist vor allem gedacht für rechenintensive Aufgaben aus der Simulation, der Strukturanalyse, der Ölexploration, der Luft- und Raumfahrt, der Meteorologie und der Bild- und Signalverarbeitung.

Jeder einzelne Cyberplus-Prozessor leistet in Verbindung mit einem Cyber-800-Hauptprozessor 250 Millionen Rechenoperationen pro Sekunde. Maximal können 64 Cyberplus-Prozessoren an eine Cyber-800 angeschlossen werden.

Die ersten Anwendungserfahrungen sollen auf dem Gebiet der Bilddatenverarbeitung und Musterkennung vorliegen. Nach Aussage von Control Data konnten bei diesen extrem rechenintensiven Programmen durch Benchmarks Leistungsverbesserungen um den Faktor 100 gegenüber der CDC 7600 nachgewiesen werden.

Control Data sieht sich nach wie vor als den Marktführer im Bereich Magnetplattensysteme. Vorübergehende Umsatzrückgänge in den drei ersten Quartalen dieses Jahres begründete Porzel mit Schwierigkeiten in der Umstellung auf serienreife Dünnfilmkopftechnologie. Steigender Bestelleingang habe diese Umstellung jedoch gerechtfertigt.

Dem Trend vom Mini- zum Mikrocomputer folgend, habe das Unternehmen ein Mikrolaufwerk in Dünnfilmtechnologie entwickelt, das mittelfristig auf 48 MB ausgebaut werden könne. An erste Auslieferungen denkt CDC für das zweite Quartal 1984. Name des leistungsfähigen Kleinen: "Cricket".

Das entsprechende größere System, ein IBM/3380-kompatibles Plattenlaufwerk sei bereits ab Januar 1984 in größeren Stückzahlen verfügbar. Das CDC 33800 war auf der Systems zum erstenmal ausgestellt, seine Kapazität beträgt 2,5 Gigabyte.

Im traditionell starken CAE-Bereich von Control Data präsentierten die Frankfurter für den deutschen Markt als besonders notwendig, Systeme mit integrierter, aber variabler Benutzerführung in Deutsch. Auf einer beziehungsweise mehreren Floppies ist die Software für diesen Computerunterstützten Unterricht untergebracht. Die Neuerung soll sich in Zukunft "wie ein roter Faden" durch alle Produkte ziehen.

Im Bereich Großcomputer hat CDC schon lange eine wieder verstärkte Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie festgestellt.

Eine Firmenneugründung in den USA im Sommer 1983 soll den Großrechnerexperten weiterhin ihre Position auf dem Vektorrechnermarkt erhalten; damit käme der Spruch der Corporation wieder zu Ehren: "Nur kleine Firmen können große Computer bauen." Ab 1986 werde man bei CDC in "Gips" (Milliarden Instruktionen pro Sekunde) rechnen, denn Ziel der Entwicklung sei es, dann die zehnfache Leistung der heutigen Cyber 205 anbieten zu können.

Mit dem "fliegenden Klassenzimmer" umschrieb Porzel eine neue Aktivität im Schulungssektor, der nach seinen Worten in den vergangenen drei Quartalen immerhin eine Umsatzsteigerung von 30 Prozent zu verzeichnen hatte. Im Frühjahr wird eine spezielle CAD Schule gegründet: In den Räumen des Frankfurter Control-Data-Instituts sollen individuelle Lerneinheiten angeboten werden, zeitunabhängig und später dann auch ortsunabhängig, eben "fliegend". Hintergrund dieser Aktivität ist die Prognose, respektive Feststellung der CDC-Mannschaft, daß es in der Bundesrepublik zirka 250 000 Ingenieure gibt, die auf CAD/CAM umgeschult werden oder sogar eine ganze Ausbildung erhalten müßten. Die Dauer eines Kurses werde zirka fünf bis sechs Wochen betragen. Der zeitliche Aufwand für eine Umschulung von einem System auf ein anderes, etwa von CDC-Systemen auf Computervision und umgekehrt, betrage höchstens zwei Tage. Wie beim bisherigen Control-Data-Institut werde man herstellerneutral ausbilden. Das CAD-Förderprogramm der Bundesregierung übernehme zirka 40 Prozent der Ausbildungskosten.

Befragt auf Initiativen im Personal-Computer-Markt, verwies Porzel auf die bewährte OEM-Strategie des Unternehmens. Als Beispiel nannte er ein Plattenlaufwerk mit 80 MB für den IBM-PC.

Auch werde man Arbeitsplatzcomputer auf OEM-Basis komponieren aus guter Hard- und Software, entsprechender Peripherie und Software.

Vorgezeigt wurde ein CAE-Arbeitsplatzsystem für unter 100 000 Mark.