Arbeitslosen Datenverarbeitern stehen harte Zeiten bevor Vater Staat geht das Geld fuer DV-Umschulungen aus

18.06.1993

MUENCHEN (hk) - DV-Weiterbildungsinstituten steht das Wasser bis zum Hals, und auch arbeitslosen DV-Profis drohen grosse Schwierigkeiten. Die Bundesanstalt fuer Arbeit (BA) genehmigt nur noch in Einzelfaellen eine staatlich gefoerderte Fortbildung; in einigen Staedten wie Muenchen wurden die Gelder sogar komplett gesperrt.

Als vor wenigen Tagen die Verantwortlichen von Muenchner Bildungstraegern ins Arbeitsamt geladen wurden, ahnten sie nicht, mit welcher Ueberraschung die Berater sie konfrontieren wuerden, ging es doch nur um die Erlaeuterung der "Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt fuer Arbeit ueber die individuelle Foerderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung".

Nach eingehender Eroerterung der Anordnung erfuhren die Weiterbilder dann, dass es bis auf weiteres keine Fortbildungs- und Umschulungsprogramme mehr auf Staatskosten gebe. Die Bildungstraeger muessten zunaechst davon ausgehen, dass aus Geldmangel ein halbes Jahr lang keine Massnahmen genehmigt wuerden. Ueber aehnliche Beschluesse denke man auch in anderen Staedten nach.

Der groesste DV-Schulungsanbieter, das Computer Data Institut (CDI), reagierte prompt und versuchte noch in letzter Minute per Annonce, Bildungswillige von seinem Angebot zu ueberzeugen. "Letzte Chance in 93! Im zweiten Halbjahr koennen Sie nirgends mehr starten, weil keine Foerderungsmittel mehr da sind."

CDI-Marketing-Leiter Klaus Schmits ist sich des Ernstes der Lage bewusst, meint aber, dass sich nun endgueltig die Spreu vom Weizen auf dem Markt fuer Bildungsanbieter trennen werde, wobei die Kleinen es schwer haben wuerden, ueberhaupt zu ueberleben. Schmits ist jedoch zuversichtlich, dass sich die Lage bald bessern wird - vor allem auch im Hinblick auf die Bundestagswahlen im naechsten Jahr.

Grundsaetzlich sieht die vorlaeufig letzte Novelle des Arbeitsfoerderungsgesetzes (AFG) vor, dass sich die Teilnehmer einer Umschulung mit 30 Prozent an den Kursgebuehren beteiligen muessen. 100-Prozent-Massnahmen gibt es mehr auf dem Papier als in der Praxis, wie ein Arbeitsamtberater gegenueber der CW bestaetigte.

Hochgeschraubt hat die Nuernberger Anstalt die Anforderungen an die Kurse. So will sie keine Seminare mehr foerdern, die kuerzer sind als zwei Monate, Umschulungen sollten maximal zwei Jahre dauern und Fortbildungsprogramme ohne anerkannten Abschluss hoechstens ein Jahr.

Selbst das Unterhaltsgeld, das waehrend der Ausbildung gezahlt wird, auf das es bisher einen Rechtsanspruch gab und das der Staat nicht antastete, soll durch eine in Vorbereitung befindliche Novelle gekuerzt und mit einer Kann-Bestimmung geregelt werden.

Fragt man nach den Gruenden dieser radikalen Kuerzungen im BA- Haushalt, hoert man nur die stereotype Antwort vom nichtvorhandenen Geld. Insider vermuten dagegen, dass die Nuernberger Beamten den zahllosen Schulungsanbietern, die sie nicht kontrollieren koennen, auf administrativem Wege den Garaus bereiten wollen. Allein in Dresden sollen sich zum Beispiel etwa 600 solcher Bildungsfirmen niedergelassen haben.