Arbeitsaemter stellen sich auf Wettbewerb ein Ende des Vermittlungsmonopols bringt Beraterszene in Bewegung

06.05.1994

MUENCHEN (hk) - Ab 1. Juli 1994 soll das Vermittlungsmonopol der Bundesanstalt fuer Arbeit endgueltig wegfallen. Die privaten Agenturen stehen in den Start- loechern, aber auch die Arbeitsaemter ruesten sich fuer den Wettbewerb. In Bonn bastelt man allerdings noch an der endgueltigen Fassung des neuen Gesetzes.

Bereits ueber 500 Bewerber haben ihr Interesse bei den Arbeitsaemtern bekundet, eine private Jobagentur zu eroeffnen. Noch fliessen die Informationen aus den Amtsstuben allerdings spaerlich. Von der Bundesanstalt fuer Arbeit in Nuernberg ist zu erfahren, dass man erst mit der endgueltigen Verabschiedung des Gesetzes aktiv werden wolle.

Die regionalen Arbeitsaemter indes ruesten sich fuer den Wett- bewerb und beabsichtigen, selbst eigene Vermittlungsagenturen zu gruenden. Ausgewaehlte Mitarbeiter sollten sich nur noch mit Vermittlungstaetigkeiten befassen muessen.

Will ein Arbeitgeber eine Stelle besetzen, so moechte man diesem noch am gleichen Tag die geeigneten Kandidaten praesentieren koennen. Ein Sprecher der Muenchner Behoerde schaetzt die Chancen der Privaten skeptisch ein: Um die Schwervermittelbaren wird sich keine Agentur kuemmern wollen, "und wenn wenig Jobs vorhanden sind, gibt es kaum etwas zu vermitteln".

Renate Schuh-Eder, geschaeftsfuehrende Gesellschafterin der Wirth- Beratungsgruppe in Muenchen, hat sich um eine private Lizenz beworben. Sie ist zuversichtlich, was ihre kuenftige Vermittlungstaetigkeit angeht, da sie den Staatsangestellten und Beamten die Wandlung zu agilen Beratern nicht so recht zutraut.

Zunaechst befuerchtet sie allerdings ein Chaos: "Jeder, der zu Hause einen PC hat, wird sich als Vermittler bewerben." Die Voraussetzungen lassen sich, soweit bisher bekannt ist, leicht erfuellen. Der Vermittler soll zuverlaessig sein, ueber geeignete Bueroraeume verfuegen und duerfe nicht im Sinne des Gesetzes zur Arbeitnehmerueberlassung taetig sein.

In Zukunft, so die Horrorvision von Frau Schuh-Eder, bewerben sich dann auf eine Anzeige zahlreiche Bewerber sowie Agenturen mit den Profilen derselben Kandidaten, die bereits individuell das Unternehmen angeschrieben haben. Sie hofft aber, dass sich sehr bald "die Spreu vom Weizen trennt".

Auch Ralf Karabasz, Geschaeftsfuehrer der Synergie GmbH in Troisdorf, denkt ueber den Erwerb einer Lizenz nach. Der Organisationsberater, der bisher mit dem Thema Personalberatung nichts am Hut hatte, glaubt naemlich, dass es nicht ausreicht, einem Unternehmen nur Re-Engineering-Konzepte zu verkaufen und ihm zu sagen, welche Mitarbeiter zu entlassen sind: "Zu einer ganzheitlichen Betrachtungsweise gehoert die Qualifizierung und wenn noetig die Vermittlung der Beschaeftigten in neue Jobs."

Auf bessere Zeiten hoffen die Personalberater mit der Verabschiedung des Gesetzes. Der Bundestag hat ihre Taetigkeit nicht als Arbeitsvermittlung eingestuft, sondern als "die im alleinigen Interesse und Auftrag eines Arbeitgebers erfolgende Unterstuetzung bei der Selbstsuche nach Arbeitskraeften". Dadurch brauchen sich die Headhunter nicht um eine Lizenz zu bemuehen und sind nicht der Aufsicht der Bundesanstalt fuer Arbeit unterstellt.

BDU-Vorstandsmitglied Bernd Blasberg glaubt, dass die klare Trennung von Arbeitsvermittlung und Personalberatung fuer eine Marktbereinigung sorgen werde. Er forderte in einer Erklaerung diejenigen Vermittler auf, die sich bisher als Berater bezeichneten, "Farbe zu bekennen und sich eindeutig zu positio- nieren".

Karabasz: Jobsuche mit Qualifizierung kombinieren.