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Apple verkauft erstmals mehr iPods als Macs

15.04.2004
Apple hat im zweiten Fiskalquartal 29 Prozent mehr Umsatz gemacht und seinen Gewinn pro Aktie verdreifacht. Dabei profitierte der Mac-Hersteller von seiner Expansion in Richtung digitale Unterhaltung und Lifestyle.

Dass Apple längst mehr ist als ein PC-Hersteller, verdeutlichen die gestern nach US-Börsenschluss vorgelegten Zahlen zum zweiten Fiskalquartal. In diesem verkaufte der Hersteller aus Cupertino erstmals mehr "iPod"-Audioplayer (807.000, plus 909 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum) als Macintosh-Rechner (749.000, plus fünf Prozent).

Die Bilanz kann sich wahrlich sehen lassen: Apple weist für den Dreimonatszeitraum einen Nettogewinn von 46 Millionen Dollar oder zwölf Cent pro Aktie aus im Vergleich zu 14 Millionen Dollar oder vier Cent je Anteilschein ein Jahr zuvor. Das aktuelle Ergebnis enthält Restrukturierungskosten in Höhe von sieben Millionen Dollar, ohne die sich ein Pro-forma-Ergebnis von 53 Millionen Dollar oder 14 Cent pro Aktie ergibt. Damit übertraf Apple seine eigene Prognose von acht bis zehn Cent pro Aktie deutlich. Den Quartalsumsatz steigerte Apple im Jahresvergleich um 29 Prozent auf 1,909 Milliarden Dollar.

Firmenchef Steve Jobs sprach angesichts dessen von einem "hervorragenden Quartal", in dem Apple in "nahezu allen Geschäftsbereichen Wachstum erzielt" habe. Der scheidende Finanzchef Fred Anderson stellte für das laufende Quartal 1,925 Milliarden Dollar Umsatz sowie zwölf bis 13 Cent pro Aktie Gewinn in Aussicht. Die von Thomson First Call befragten Analysten hatten Einnahmen von 1,83 Milliarden Dollar sowie neun Cent je Anteilschein Profit prognostiziert. Apples Bestand an liquiden Mitteln bezifferte der CFO mit 4,6 Milliarden Dollar.

Einige interessante Details zum Geschäft finden sich auf Apples Website. Schwachstellen im aktuellen Produktportfolio sind demnach der langsam in die Jahre kommende "iMac", bei dem Stückzahlen und Umsatz gegenüber dem Vorjahresquartal um 15 und 17 Prozent sanken, sowie die "Powerbook"-Linie mit im Jahresvergleich je fünf Prozent weniger Units und Erlösen. Für das inzwischen mit G4-Prozessor bestückte "iBook" ging es hingegen um 48 und 51 Prozent aufwärts, und im Bereich "Power Mac" (der auch die "Xserve"-Server enthält) stiegen Stückzahlen und Umsatz um zwölf und 19 Prozent. 48 Prozent aller im Quartalsverlauf verkauften Macs waren Notebooks.

Regional betrachtet konnte Apple in den USA (Stückzahlen plus sieben, Umsatz plus 29 Prozent) sowie in Europa (Units plus vier, Einnahmen plus 33 Prozent) deutlich zulegen. Dafür schwächelte der Absatz in Japan, wo das Unternehmen 29 Prozent weniger Einheiten verkaufte als ein Jahr zuvor und in der Folge 21 Prozent weniger einnahm. Erfreulich entwickelte sich das Retail-Geschäft mit den "Applestore"-Läden, deren verkaufte Stückzahlen gegenüber dem Berichtszeitraum des Vorjahres um 67 und der erzielte Umsatz sogar um 97 Prozent stiegen.

Die Anleger freuten sich über das runde Ergebnis, im nachbörslichen Handel stieg der Apple-Kurs gestern um 9,5 Prozent auf 29,16 Dollar, nachdem die Aktie zum Nasdaq-Fixing zuvor 29 Cent leichter bei 26,64 Dollar notiert hatte.

Apple teilte außerdem mit, es werde seine bislang eigene Fertigung in Sacramento, Nordkalifornien, einstellen und an einen Contract Manufacturer im Süden des Bundesstaats auslagern. Wie viele Arbeitskräfte davon betroffen sind, wollte die Firma nicht angeben. Laut "Sacramento Bee" wurden die örtlichen Behörden zuvor von der Absicht in Kenntnis gesetzt, 235 Stellen abzubauen.

Überdies berichtet die "New York Times", Real Networks, ein direkter Mitbewerber in den Bereichen Streaming-Media-Software und Online-Musikverkauf, sei an Apple herangetreten mit dem Vorschlag, im Geschäft mit digitaler Musik eine "taktische Allianz" gegen Microsoft zu bilden. In einer E-Mail an Steve Jobs vom 9. April habe Real-Chef Rob Glaser (übrigens ein früherer Microsoft-Manager) gleichzeitig anklingen lassen, falls eine Partnerschaft mit Apple nicht zustande komme, sehe er sich möglicherweise im Gegenzug zum Schulterschluss mit Microsoft gezwungen. Ein derartiger Sinneswandel wäre vor allem vor dem Hintergrund des Kartellverfahrens der Europäischen Kommission gegen Microsoft ausgesprochen pikant.

Glaser schlägt demnach Jobs vor, Apple möge doch sein DRM-System (Digital Rights Management) "Fairplay" an Real Networks lizenzieren. Real würde im Gegenzug den iPod zur primären Player-Hardware für seinen Online-Musikladen und seine "RealPlayer"-Software machen. Von Seiten Apples gibt es bislang keine Stellungnahme zu Glasers Avancen. Beobachter halten es indes für wenig wahrscheinlich, dass Steve Jobs auf das Angebot eingeht. "Apple schert sich nicht um Interoperabilität", zitiert die Zeitung anonym einen Branchenkenner. "Steve wettet darauf, dass er die Big Guys Sony und Microsoft mit besserem Marketing schlagen kann." (tc)