AOL vermutet Quersubventionierung

AOL vermutet Quersubventionierung Gericht zwingt T-Online zum Splitten des Pauschaltarifs

19.03.1999
HAMBURG (CW) - Der Online-Dienst T-Online muß laut einem Beschluß des Hamburger Landgerichts seinen für April 1999 geplanten Internet-Pauschaltarif von sechs Pfennig pro Minute in die Kosten für Telefonverbindung und Online-Nutzung aufsplitten.

Der Konkurrent AOL Deutschland konnte sich damit gegen die Telekom-Tochter vor Gericht durchsetzen. Vollmundig sprach Andreas Schmidt, Chef von AOL Europe, von "einem Sieg für Millionen Internet-Nutzer in Deutschland." Tatsächlich wurde T-Online jedoch nicht verboten, den umstrittenen Pauschaltarif einzuführen. Das Unternehmen muß lediglich seinen Dienst anders vermarkten. So darf T-Online nicht mehr mit einer Pauschale für Telefonnetz- und Internet-Nutzung werben, sondern muß aufschlüsseln, wieviel Pfennig auf die jeweilige Dienstleistung entfallen. Grundlage des Gerichtsentscheides ist laut AOL der Paragraph 3 der Telekommunikationskunden-Schutzverordnung. Darin werde es marktbeherrschenden Diensteanbietern untersagt, gebündelte Preise anzubieten. Der Vorwurf AOLs, die Telekom subventioniere seinen Online-Dienst quer, wurde dadurch indes nicht ausgeräumt (siehe Seite 48 und CW 8/99, Seite 6).

Deshalb wollen AOL und andere deutsche Internet-Service-Provider mit einem offenen Brief an den Präsidenten der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, Klaus-Dieter Scheurle, auf angebliche Quersubventionierung aufmerksam machen (siehe CW 8/99, Seite 6). Zu den Mitunterzeichnern zählen unter anderem Compuserve, Germany.net, Primus-Online, Nacamar und IS Internet Service. Branchengrößen wie Uunet Deutschland, Mannesmann Arcor sowie Viag Interkom beteiligten sich jedoch nicht an der Aktion. Uunet habe laut "Handelsblatt" bereits früher mitgeteilt, nicht von der Tiefpreisaktion von T-Online berührt zu sein. Viag Interkom und Mannesmann Arcor gingen unterdessen in die Offensive und kündigten ebenfalls einen Pauschaltarif von sechs Pfennig für den Internet-Zugang an. Bei Arcor gilt das Angebot wie bei der Telekom ab April, Viag Interkom stellt sein Preismodell im Mai um. Zudem ließ Arcor verlauten, daß es ab Mai dieses Jahres den Web- Zugang unter der Bezeichnung "Yahoo Online" über den Internet- Navigationsdienst Yahoo Deutschland vertreiben werde.

Da weder Viag Interkom noch Arcor eine marktbeherrschende Stellung im Telekommunikationsmarkt innehaben, dürften sie nach Ansicht von Viag-Interkom-Sprecher Michael Rebstock nicht unter die vom Hamburger Gericht gegen T-Online verhängten Auflagen fallen.

AOL möchte auf der CeBIT ''99 ebenfalls ein neues Tarifmodell vorstellen. Branchenbeobachter vermuten, daß der Anbieter einen Monatspauschaltarif einführen will, wie er es in Frankreich, Großbritannien und den USA bereits getan hat. AOL geht hierzulande offenbar in die Offensive.