Anwenderberatung im Vorfeld reduziert das Investitionsrisiko\: Die Kriterien des PC-Einsatzes in Unternehmen sind ambivalent

09.11.1990

Der PC als Instrument zur Datenverarbeitung im Unternehmen ist zur Selbstverständlichkeit geworden. Eine Beurteilung des PC-Einsatzes nach wirtschaftlichen Kriterien und damit die Notwendigkeit einer problemorientierten Anwenderberatung kristallisieren sich immer mehr als unverzichtbare Parameter für Investitionsentscheidungen heraus.

Das Problem ist bekannt: Ein Mitarbeiter beantragt einen PC mit mehreren Standardprogrammen für Textverarbeitung Grafikerstellung, Kalkulation, Datenbankanwendungen sowie Peripheriekomponenten wie Laser-Drucker und Plotter. Überdies soll unter Umständen eine Anbindung an hausinterne und/oder externe Netze erfolgen. Rechnerleistung und Einzelkomponenten kosten partiell betrachtet zwar immer weniger die "Problemlösungs-Konfiguration" des PCs wird jedoch durch erweiterte Kapazitäten und ,Anwendungsoptionen immer teurer. Die Entwicklung des PCs vom "Schreibtisch-Utensil" zu einer "strategischen Komponente" erfordert einen professionellen und für das Unternehmen effizienten Einsatz. Analyse und Vorbereitung der Investition können daher nicht mehr nur dem Anwender und seinem Vorgesetzten überlassen bleiben.

Für und wider der Investitionsentscheidung

Solche Investitionen bewegen sich meist in einer fünfstelligen Größenordnung. Hinzu kommt, daß in Großunternehmen Investitionsentscheidungen dieses Ausmaßes fast zum Alltag gehören. Anschaffung und Bereitstellung von Sachmitteln müssen begründet und genehmigt werden, der Return on Investment hat in absehbarer Zeit zu erfolgen, die Investitionskosten sollen sich im Laufe der Abschreibungsdauer amortisieren . Soweit die betriebswirtschaftliche Seite der Entscheidung.

Schwieriger wird es, wenn die Anwendung und deren Effektivität, also Faktoren, die mit betriebswirtschaftlichen Kriterien nicht zumessen sind, zu bestimmen sind. Die Argumente des potentiellen PC-Nutzers für den Einsatz des PCs werfen in der Regel eine Reihe von Fragen

auf. Dies ist für alle Beteiligten unbefriedigend, zudem wird in nicht wenigen Fällen die Lösung ungeklärter Aspekte durch die Genehmigung des Antrages herbeigeführt.

Die Parteien, die sich bei der Frage des PC-Einsatzes zunächst gegenüberstehen, sind der vermeintliche PC-Nutzer, der den PC beantragt, sowie der oder die Vorgesetzten, die die Anschaffung genehmigen und verantworten müssen. Als dritte Partei fungiert schließlich die unternehmensinterne Informatikabteilung, die zu den anwendungsbezogenen Aspekten Stellung nimmt.

Der PC-Anwender hat in seiner Antragstellung detailliert nachzuweisen, daß die Arbeit mit dem PC die Effizienz seiner Tätigkeit erhöht. Es muß gewährleistet sein, daß ein gewisser Rationalisierungsfaktor greift, indem einzelne Vorgänge bei gleicher oder gesteigerter Qualität schneller ablaufen und der PC-Anwender freie Kapazitäten für zusätzliche Aufgabenbereiche bekommt. Genau an diesem Punkt liegt das zentrale Problem des Für und Wider der Investitionsentscheidung.

Es gibt keine Erfahrungswerte

Erstens bewegt sich der Antragsteller in seiner Argumentation im Bereich der Opportunitätskostenbetrachtung, er stellt also dar, um wieviel auf wendiger und kostenintensiver der gegenwärtige, konventionelle Tätigkeitsablauf im Vergleich zum PC-gestützten Ablauf ist der Vorteil des PC-Einsatzes kann allerdings kaum mit aussagekräftigem Zahlenmaterial untermauert werden, weil entsprechende Erfahrungswerte fehlen, ja fehlen müssen.

Zweitens muß der Anwender nachweisen, daß er den PC tatsächlich für jene Vorgänge in seinem Arbeitsbereich einsetzt deren Effizienzsteigerung und Rationalisierung notwendig ist und gewünscht wird. Dies ist aber oft nicht gewährleistet und führt im Extremfall, sei es durch mangelnde Kenntnisse oder durch anderweitigen Einsatz des PCs, zu einer bewußten Vernachlässigkeit des eigentlichen Verwendungszweckes.

Drittens müssen die in der Begründung des Antrages aufgeführten Argumente für die Entscheidungsträger im Unternehmen nachvollziehbar sein. Derjenige, der den PC-Einsatz zu bewilligen hat, kommt bei der Abwägung der Pro-Argumente stets in Schwierigkeiten, weil diese statistisch meist nicht unterlegt sind. Zudem trifft er in der Regel seine Entscheidung aus einer hinsichtlich der zur Disposition stehenden Vorgangsabläufe distanzierten Position. Der Antragsteller wiederum kennt dieses Dilemma, was Den Aufbau seiner Argumentationskette zusätzlich erschwert.

Viertens bewirken Argumente im Hinblick auf eine Effizienzsteigerung nach erfolgter Investitionsentscheidung die Frage nach der Nutzung der freigewordenen Kapazitäten des PC- Anwenders. Dies ist ein Problem, das in der Form einer Einzelbetrachtung nicht gelöst werden kann, sondern eine zumindest fachbereichsbezogene arbeits-, ablauf- und aufbauorganisatorische Analyse erfordert.

Betriebswirtschaftlich kaum meßbares Terrain

Wenn also vom Nutzen und der Wirtschaftlichkeit des PC-Einsatzes die Rede ist, bewegt man sich auf betriebswirtschaftlich kaum meßbarem Terrain. Die Prognosen für die Effektivität des PC-Einsatzes sind manchmal rein Spekulation, zumindest aber von einer nicht begründbaren Erwartungshaltung gekennzeichnet, der letztlich der PC-Anwender durch seine persönliche Leistung gerecht werden muß.

Dieses Raster bei der Beurteilung des Investitionsrisikos würde eigentlich ausreichen und wäre für jeden Entscheidungsträger nachvollziehbar Allerdings ist zu berücksichtigen daß der Einsatz des PCs in erster Linie individuelle Informationsverarbeitung bedeutet. Informationsverarbeitung ist daher nicht nur eine Frage der Unternehmensorganisation sondern auch des Personal-Managements. Ein Nutzen für das Unternehmen stellt sich ohne weitergehende Maßnahmen nur in den Fällen ein, in denen die PC- Anwender diesen Zusammenhang erkannt haben und bereit sind, dementsprechend zu handeln und zu arbeiten.

Interne oder externe Beratung gibt Sicherheit

Wo dies nicht erkennbar der Fall ist, muß im Vorfeld der Investitionsentscheidung eine Anwender- und Nutzerberatung erfolgen. Diese Beratungsleistung kann intern durch die Informatikabteilung oder durch externe Berater erbracht werden und sollte folgenden Kriterienkatalog umfassen:

- Die Beratung muß zunächst beim Wunsch des Mitarbeiters nach einer PC-Installation anzusetzen und diesen kritisch nach Zweck, Effizienz und Auslastung hinterfragen.

- Im Falle einer positiven Stellungnahme gilt es dann, die Entscheidung mitzutragen und insbesondere dem jeweiligen Entscheidungsträger nachvollziehbare Argumente, aber auch Kontrollmöglichkeiten an die Hand zu geben. Dies bleibt allerdings vom Ansatz her problematisch, da die Stellungnahme im wesentlichen auf dem Input des zukünftigen Anwenders beruht.

- Eine Ablehnung oder zeitliche Verschiebung der PC-Investition sollte stichhaltig begründet werden. Der Anwender muß hinreichend informiert werden, welche Kriterien für die Ablehnung maßgebend waren.

- Stellt sich die Antragstellung aus Beratersicht trotz fehlender Genehmigung durch den Vorgesetzten als gerechtfertigt heraus, ist es Aufgabe des Beraters, verstärkt Überzeugungsarbeit zu leisten und die Bewilligung letztlich durchzusetzen.

- Bei einer geringen Anwendungsneigung des Mitarbeiters trotz nachweisbarer Effizienzsteigerung des Arbeitsablaufes durch den PC muß die Beratung die existierenden Akzeptanzbarrieren abbauen. Mittels Schulungen und persönlichen Beratungsgesprächen sind vorhandene Kenntnisdefizite zu beseitigen und eine entsprechende Motivation herbeizuführen.

Generell läßt sich durch eine PC-Investitionsberatung aufgrund des "Mehr-Augen-Prinzips" sowie durch die Kompetenz der Beratergruppe die Wahrscheinlichkeit einer Fehlentscheidung reduzieren, auszuschließen ist sie jedoch nicht. Die erfolgreiche Anwendung des PCs hängt letztlich immer auch entscheidend vom jeweiligen PC-Nutzer ab. Nutzen stiftet niemals der PC als Arbeitsmittel, sondern immer die Person, die ihn entsprechend einsetzt.

Dipl.-Volkswirt Franz C. Bürger ist leitender Berater bei der Consulting GmbH (FCC) in Stein/Nürnberg.