Internet-Company macht bisher kaum Umsatz, doch

Anleger geraten bei Emission von Yahoo wieder in Kaufwut

26.04.1996

Es war alles schon einmal da - im August letzten Jahres, als die Netscape Communications Corp. ihre Aktien an die Boerse brachte. Der Kurs schoss in irreale Hoehen und hievte das Unternehmen bereits am ersten Handelstag auf einen Boersenwert von ueber 2,2 Milliarden Dollar.

Kurzfristig wurde Netscape 1995 mit ueber sechs Milliarden Dollar bewertet, war also mehr Wert als manch' etablierter Computerhersteller. Mittlerweile hat sich die Euphorie etwas gelegt, der Kurs bewegt sich um die 50 Dollar. Damit ist Netscape aber immer noch ueber drei Milliarden Dollar schwer - ein Unternehmen, das 1995 etwa 80 Millionen Mark Umsatz machte und einen Verlust auswies.

Ganz so hohe Wellen wie bei Netscape schlug der Aktienkurs bei Yahoo bislang nicht. Dennoch wurde am ersten Handelstag ueber das Dreifache des Ausgabekurses von 13 Dollar pro Titel bezahlt. Am Boersenschluss notierte die Yahoo-Aktie bei 33 Dollar. Das Unternehmen hatte damit einen Wert von 848,1 Millionen Dollar. Demgegenueber steht ein Umsatz von 1,36 Millionen Dollar sowie ein Verlust von 600000 Dollar im Geschaeftsjahr 1995.

Wie die hohe Zahl der gehandelten Aktien (rund 17 Millionen) zeigt, trieben Spekulanten den Kurs nach oben. Analysten rechnen bei Yahoo denn auch bald wieder mit einem sinkenden Wert. Am Dienstag darauf schloss die Yahoo-Aktie mit 28 Dollar und naeherte sich wieder dem Eroeffnungskurs des ersten Boersentages, der bei 24,50 Dollar lag.

Auch wenn die Verbindung zum Internet die Anleger zu Investitionen verleitet, ist die Situation im Vergleich zu Netscape doch eine andere. Der Hersteller des Web-Browsers "Netscape Navigator" und anderer Internet-Programme verfuegt ueber vermarktbare Softwareprodukte und aufgrund seines etwa 70prozentigen Marktanteils bei den Browsern ueber eine breite potentielle Kaeuferschicht.

Das Kernstueck von Yahoo ist hingegen eine kostenlose Dienstleistung. Wie der Netscape Navigator ist auch Yahoo, die gleichnamige Internet-Navigationsloesung, studentischen Ursprungs.

Im letzten Jahr stieg Venture-Kapitalfirma ein

Die beiden Stanford-Kommilitonen David Filo und Jerry Yang entwickelten das System 1994 zu ihrem persoenlichen Gebrauch, bauten Yahoo aber bald zur Search-Engine und zum umfangreichen Directory-Service aus und stellten es der gesamten Internet- Gemeinde zur Verfuegung. Yahoo selbst lief auf Yangs Workstation "Akebono", waehrend sich die Search-Engine auf Filos Computer namens "Konishiki" befand. Fruehe Yahoo-User werden sich auch noch an die URL www.akebono.stanford.edu/Yahoo erinnern.

Anfang 1995 bot Netscape-Mitgruender Marc Andreessen den beiden Studenten an, Yahoo auf Netscape-Rechner zu verlagern. Die Suchmaschine wurde zu einer der beliebtesten Anlaufstelle der Internet-Surfer. Im letzten Jahr stieg die kalifornische Venture- Kapitalfirma Sequoia Capital bei Yahoo ein und das Unternehmen aus Sunnyvale, Kalifornien, begann mit der Vermarktung seiner Dienstleistung. Die Suche nach Dokumenten im Internet ist fuer die Nutzer immer noch kostenlos. Bezahlen muessen allerdings Firmen, die ihre Werbebotschaft vermitteln wollen. Yahoo verkauft sozusagen Online-Anzeigen. Zu den Kunden gehoeren American Express, AT&T, Honda etc.

Als positiv beurteilen Analysten die Popularitaet des Systems. Allerdings ist Yahoo damit nicht allein in der Internet-Welt. So gibt es weitere Search-Engines wie Lycos, Infoseek, WebCrawler oder das beliebte Alta Vista von der Digital Equipment Corp., die sich allesamt grossen Zuspruchs erfreuen.

Auch die beiden Wettbewerber Lycos Inc. und Excite Inc. gingen wie Yahoo vor rund vierzehn Tagen an die Boerse. Am ersten Handelstag stiegen zwar auch deren Kurse zwischenboerslich auf 21 Dollar beziehungsweise 20 Dollar, schlossen aber bei 17 Dollar beziehungsweise 14 Dollar. Lycos fiel die Woche darauf sogar noch auf 16 Dollar. Yahoo unterscheidet sich von der Konkurrenz vor allem durch die bessere Strategie, urteilt Tony Perkins im "Wall Street Journal". "Daraus geht hervor, dass ein diversifiziertes Medienunternehmen mit verschiedenen Produkten entstehen soll", erklaert der Publisher des US-Finanzmagazins Red Herring.

Wenngleich die Yahoo-Entwickler nicht zu Multimilliardaeren wurden wie die beiden Net- scape-Gruender Andreessen und Jim Clark, brachte die Boerseneinfuehrung den beiden doch ein erkleckliches Vermoegen. Filo und Yang besitzen je fuenf Millionen Aktien, die nach dem ersten Handelstag insgesamt jeweils 165 Millionen Dollar Wert waren. Der groesste Aktionaer ist mit 9,52 Millionen Aktien Softbank Corp., Japans groesster Softwaredistributor und Eigner der Ziff-Davis Publishing Co. Von den 25,7 Millionen Yahoo-Aktien gingen 2,6 Millionen Stueck in den freien Handel.