US-Anbieter geht mit konservativer Strategie neue Kommunikationsmärkte an:

Ameritech will mit digitalen Netzen glänzen

06.04.1984

LEIMEN (hr) - American Information Technologies (Ameritech) bietet Telekommunikations-Dienstleistungen in den fünf amerikanischen Bundesstaaten an den großen Seen an. Als ehemalige regionale Betriebsgesellschaft von AT&T war das Unternehmen früher im wesentlichen im traditionellen Fernsprechbereich tätig. Nun rechnet man aber bei Ameritech damit, daß das Leitungsnetz der Gesellschaft bis zum Ende des Jahrzehnts mehr der Datenübertragung als der Übermittlung von Sprache Dienen wird.

Die Bevölkerungsdichte und der attraktive Markt für Datenübertragung dürften Ameritech betriebliche Vorteile und ein gutes Potential für das Angebot neuer Netzwerk-Dienstleistungen bieten. Allerdings bestehe auch die Gefahr, daß große Unternehmen das öffentliche Netz durch die Einrichtung eigener privater Netze umgehen, meinen die Analytiker von Prudential Bache Securities.

In der Unternehmenspolitik haben Angesichts der vergleichsweise stabilen Bevölkerungsentwicklung im Versorgungsgebiet technologische Verbesserungen des bestehenden Netzes Vorrang vor einer weiteren Ausweitung. So soll das gesamte Netz firmeneigenen Prognosen zufolge bis zum Jahr 1992 auf digitale beziehungsweise analoge Vermittlung umgestellt worden sein. Damit dürften die Betriebskosten beträchtlich verringert werden können. Bis Ende des Jahres 1984 will Ameritech das System Local Area Data Transport einführen, das es dem Kunden gestatten wird, über den Bildschirm von zu Hause aus Reisen zu buchen, Einkäufe zu tätigen oder ähnliches. Im Rahmen dieses Systems besteht die Möglichkeit, sowohl Daten als auch Sprache gleichzeitig über normale Telefonleitungen zu übertragen.

Zu den vielversprechenderen Tätigkeiten des Unternehmens zählt nach Ansicht des Brokerhauses Dean Witter Reynolds das Engagement im Bereich der "Zelltelefone". Im Oktober 1983 wurde in Chicago das erste Netz für mobile Telefone in den Vereinigten Staaten eingerichtet. Die Nachfrage übertrifft derzeit die vorsichtigen Schätzungen, die Ameritech zu Beginn abgegeben hatte, bei weitem. Nach Firmenangaben wird die Tochter Ameritech Mobile Communications bis Ende 1984 auch in den Gebieten Cincinnati, Detroit und Milwaukee diesen Dienst einrichten. Bis zum Jahr 1990 rechnet man vorsichtig mit 55 000 Teilnehmer, damit dürfte dieser Geschäftsbereich einen Ertrag von 50 Millionen Dollar erbringen. Neben diesem Geschäftsbereich wird aber auch der Qualitätsverbesserung des Centrex-Netzes Große Bedeutung beigemessen. In den nächsten zwei Jahren sollen zu diesem Zweck Investitionen in Höhe von 250 Millionen Dollar vorgenommen werden.

Darüber hinaus soll künftig auch der Verkauf von Telekommunikationseinrichtungen über eigene Vertriebsorganisationen aufgenommen werden. Die Produktpalette wird von einfachen Telefonen bis zu elektronischen Bürosystemen reichen.

Im Vergleich zu den anderen regionalen Betriebsgesellschaften werden die Diversifikationsvorhaben von Ameritech von Marktbeobachtern jedoch trotz vielversprechender Aussichten eher als konservativ bezeichnet. In Verbindung mit dem erwarteten schleppenden Zuwachs bei Neuanschlüssen aufgrund der weitgehenden Vollversorgung rät das Brokerhaus Dean Witter Reynolds daher derzeit nur zum Halten der Position in diesem Titel. Man erwartet nämlich, daß die Entwicklung der Aktie von Ameritech in den nächsten 12 bis 18 Monaten nur in etwa dem Marktdurchschnitt entsprechen wird. Die Gewinnwachstumsrate soll in den nächsten Jahren bei vier bis fünf Prozent liegen. Gegenüber den anderen Betriebsgesellschaften sei dies nur als durchschnittlich zu bewerten. Die Dividende wird wohl mit einer Rate von 4 Prozent wachsen.