Keine Verbindung zu Netscapes Mozilla-Projekt

America Online tritt der Open-Source-Bewegung bei

16.07.1999
MÜNCHEN (CW) - America Online (AOL) mischt neuerdings auch in der Open-Source-Szene mit. Der Online-Dienst gab die selbstentwickelten Web-Server "Aolserver" als Open-Source-Software frei.

Den Quellcode einer Betaversion des Aolserver 3.0 stellte der Online-Dienst jüngst auf der Homepage "www.aolserver.com" zur Verfügung. Zudem rief AOL gemeinsam mit dem Lab for Computer Science des Massachusetts Institute of Technology (MIT) ein Entwicklerforum auf der Website "Aolserver.lcs.mit. edu/" ins Leben.

Der Server bildet das Rückgrat des Web-Portals www.aol.com, einer der meistbesuchten Websites weltweit. Zudem verwenden einige andere Site-Betreiber das Programm. Die Grundlage des Aolserver lieferte die Softwareschmiede Navisoft, die AOL 1995 übernahm. Schon vorher konnten Interessierte den Server kostenlos beziehen, nun gibt AOL auch den Sourcecode frei.

Offenbar will der Online-Dienst damit an den Erfolg von Open-Source-Software anknüpfen. Positive Vorbilder sind beispielsweise das Betriebssystem Linux sowie der Web-Server "Apache Server". So basieren laut dem britischen Marktforschungsunternehmen Netcraft (www. netcraft.com) mehr als die Hälfte der von ihm untersuchten Websites auf Apache. Etwa 22 Prozent dieser Sites arbeiten mit Microsofts kostenlos erhältlichen "Internet Information Server".

Netscape auf Platz drei

Erst an dritter Stelle steht mit Netscapes Webserver das erste kommerzielle Produkt, doch die Software der AOL-Tochter hat einen Anteil von nicht einmal sechs Prozent. Diese Zahlen lassen jedoch kaum Rückschlüsse auf die Qualität der Server zu, da die Marktbeobachter bei Netcraft kleine und große Websites über einen Kamm scheren.

Warum AOL seine Open- Source-Ambitionen nicht mit dem Mozilla-Projekt kombiniert, konnte bis Redaktionsschluß nicht geklärt werden. Die Firmentochter Netscape betreibt seit der Freigabe des Quellcodes ihres Web-Clients mit Mozilla.org bereits ein Open-Source-Projekt, das die zukünftigen Versionen des Browsers "Communicator" entwickelt. Kürzlich äußerte sich ein hochrangiger Manager des AOL-Kooperationspartners Sun Microsystems kritisch über die Arbeitsweise des Browser-Projekts und stellte dessen bisherige Ausrichtung in Frage (siehe CW 27/99, Seite 5).