Es wird eng für den einstigen Pionier

Altavista: Konstant war nur die Veränderung

17.08.2001
MÜNCHEN (CW) - Altavista kämpft mit seinem Business-Modell. Seit Gründung des Unternehmens vor sechs Jahren pendelte das Angebot zwischen der reinen Suchfunktion zum Internet-Portal und wieder zurück. Nun versucht Altavista, die Kassen mit dem Verkauf seiner Technik aufzufüllen.

Die vorerst letzte Meldung über Entlassungen kam im Juni dieses Jahres. Aufgrund einer Umstrukturierung, so die offizielle Lesart, feuerte das Unternehmen fünf Länderchefs in Europa und schloss zwei Niederlassungen. Bereits im September 2000 sowie im Januar dieses Jahres wurden jeweils rund 200 Mitarbeiter gekündigt.

Altavista steht in zweifacher Hinsicht unter Druck. Mit dem ständigen Strategiewechsel gelang es der Firma nie, sich klar zu positionieren, geschweige denn eine feste Postion aufzubauen. Zum anderen befindet sich die Muttergesellschaft, die New Yorker Internet-Holding CMGI, selbst in Bedrängnis und versucht anscheinend, von Altavista zu retten, was noch zu retten ist.

Noch im Besitz des Hardwareanbieters Digital Equipment (DEC) startete man 1995 mit einem auf die bloßen Suchfunktionen ausgerichteten Angebot - mit Erfolg. Mit DEC übernahm Compaq 1998 auch Altavista und veräußerte kurz darauf über 80 Prozent der Anteile an CMGI. Die Holding schoss weitere 100 Millionen Dollar in die Beteiligung und weitete den Internet-Auftritt zu einem Informationsportal aus. Doch der Versuch, Marktführer Yahoo das Fürchten zu lehren, scheiterte.

Außerdem misslang es, Altavista an die Börse zu bringen. Weder Anfang 2000 noch Januar dieses Jahres wurde der angekündigte Schritt vollzogen. Damit zerschlugen sich auch die Hoffnungen von CMGI auf eine kräftige Rendite für ihre Beteiligung.

Hohe WertverlusteDie Gesellschaft musste allein im vergangenen Quartal über zwei Milliarden Dollar auf den Wertverlust ihrer Internet-Engagements abschreiben. Der Anteil von Altavista daran lässt sich nicht klar beziffern. Das Unternehmen fällt in der CMGI-Bilanz unter die Division "Suchdienste und Portale". Hier stand im vergangenen Quartal dem Umsatz von 37 Millionen Dollar ein Verlust von 72 Millionen Dollar gegenüber. Für das laufende Quartal erwartet die Holding einen Rückgang der Einnahmen auf zirka 28 bis 30 Millionen Dollar. Zum Vergleich: Im ersten Quartal 2000 hatte das Geschäftsfeld noch knapp 100 Millionen Dollar umgesetzt.

Während sich Altavista mit Umstrukturierungen und IPO-Vorbereitungen vom eigentlichen Geschäft ablenken ließ, etablierten sich mit Google und Goto.com andere Player erfolgreich auf dem Markt für Suchmaschinen. Mit ihrer präzisen Ausrichtung beweisen die Newcomer dem Pionier, wie sich hier Geld verdienen lässt. Die 1998 gegründete Suchmaschine Google erfreut sich vor allem durch ihren klar gestalteten Auftritt wachsender Beliebtheit und meldet mittlerweile Profitabilität im operativen Geschäft.

Ein anderes Modell verfolgt Goto.com mit seiner Versteigerung von Platzierungen. Statt Werbebanner zu schalten, erkaufen sich die Kunden von Goto eine Position in der Ergebnisliste der Suchanfragen. Im laufenden Geschäftsjahr will Goto über 300 Millionen Dollar umsetzen.

Die Suche geht weiterEin Grund für Altavista, nochmals umzuschwenken: In Google-Manier versuchte die Firma Mitte 2000 mit Raging Search, einer nüchtern gestalteten Website, wieder einen Platz in diesem stetig wachsenden Markt zu ergattern. Doch viel zu früh, als dass er sich erkennbar hätte etablieren können, wurde der Auftritt wieder aufgegeben. Die zweigleisig gefahrene Strategie "wurde in mancher Hinsicht überflüssig", lautete die nicht sehr aussagekräftige Erklärung von Altavista-Sprecher David Emanuel.

Der letzte Strohhalm, an den sich das Unternehmen nun klammert, ist der Verkauf seiner Technologie an Unternehmen. Für diese wird die Suche innerhalb immer größer werdender Datenpools zu einem entscheidenden Mittel des Informations-Managements. Jetzt muss Altavista allerdings Kunden gegen harte Konkurrenz von seiner Technik überzeugen: Dass sich auf diesem Weg der Umsatz ankurbeln lässt, haben auch Google und Co. bereits erkannt.