Britisches Systemhaus erstellte arabisches Redaktionssystem

Al Nashir Al Sahafi sorgt für DTP in Saudi-Arabien

06.03.1992

LONDON (pi) - Beinahe schon exotisch wirkt eine Variante des Electronic publishing, die vom britischen Systemhaus Diwan zur Zeit installiert wird: Es handelt sich dabei um ein komplettes Satz-9 Layout- und Drucksystem für eine Reihe arabischer Zeitungen und Zeitschriften.

Rund 300 Millionen Menschen sprechen arabische Sprachen, einige der auflagenstärksten Zeitungen erscheinen in diesem Sprach- und Kulturkreis, Dennoch wurde der Bereich arabischer Text- und Publishing-Software bislang eher vernachlässigt. Die Gründe sind naheliegend: Im Gegensatz zur lateinischen oder kyrillischen Schrift wird die arabische von rechts nach links geschrieben. Zwar handelt es sich nicht um eine Zeichenschrift wie beim Chinesischen, dafür haben die Zeichen verschiedene Schreibweisen, je nachdem, ob sie am Anfang, in der Mitte oder am Ende eines Wortes stehen. Und schließlich sehen die Araber, deren Religion bildliche Darstellungen eigentlich verbietet, in der Schrift eine besonders ästhetische Ausdrucksform.

Als erstes arabisches Verlagshaus entschied sich im vergangenen Jahr die Saudi Research and Publishing Company mit Sitz im saudi-arabischen Dschiddah, sein Verlagsprogramm komplett auf Electronic publishing umzurüsten. Mit der Realisierung des Atiftrages wurde das britische Systemhaus Diwan, ein Spezialist sowohl für Electronic publishing als auch für arabische Software, beauftragt. Die Araber orderten als Hardware zunächst ein Netzwerk mit mehr als 100 Macintosh-Rechnern. Die Software wurde von Diwan auf Basis marktüblicher Mac-Software für die Belange der arabischen Schriftsprache erstellt.

Bei der Herstellung der Software war auch zu bedenken, daß neben der arabischen auch die lateinische Schrift im System vorhanden sein muß, da einige der Zeitungen in arabisch und englisch erscheinen. Überdies muß die Möglichkeit gegeben sein, englischen Text mit Schriftlauf von links nach rechts in arabischen Text mit Schriftlauf von rechts nach links wortoder satzweise einzufügen. Als Basis für das Layout-Programm "Al Nashir" haben die Diwan-Entwickler sich für "Design Studio 2.O" von Letraset entschieden. Speziell hierfür wurde auch eine Reihe arabischer Schriften entwickelt.

Für die Praxis der Zeitungsherstellung in Saudi-Arabien bedeutet dieses System einige wesentliche Neuerungen. Zunächst einmal müssen sich die Redakteure daran gewöhnen, am Computer zu arbeiten. Das fällt ihnen um so schwerer, als sie bisher nicht einmal auf Schreibmaschinen tippten, sondern ihre Texte zumeist handschriftlich erstellten. Die Gründe hierfür liegen in der komplizierten Schrift. Allein zwei Jahre Schulungszeit wurde für die Redakteure eingeplant, bis sie das Text- und DTP-System "Al Nashir Al Sahafi" beherrschen.

Mit dem Diwan-System sollen in Dschiddah vier , Zeitungen und ein wöchentliches Sportmagazin produziert werden. Langfristig sollen alle fünf Objekte in Farbe erscheinen. Das stellt hohe Anforderungen an die Hardware: Bilder werden mittels eines 800-dpi-Scanners von Agfa eingelesen und auf einem Mac Quadra 700 mit einer 1-GB, Festplatte gespeichert. Auf einem weiteren Quadra werden die separat eingelesenen Texte gespeichert.

Als Datei- und Kompressionsstandard hat Diwan sich für JPEG entschieden. Die Bearbeitung und endgültige Berechnung des Layouts erfolgt auf einer Sparc-Workstation Ergebnis ist eine Postscript-Datei, die belichtet oder per Modern an weitere Druckorte übermittelt werden kann.

Im Oktober 1991 wurde mit der Installation des Systems in Saudi-Arabien begonnen, bereits ab Februar dieses Jahres soll es in Betrieb gehen. Die Kosten für das Redaktionssystem Al Nashir Al Sahafi liegen bei etwa einer Million Mark für die Software und etwa drei Millionen Mark für die Hardware.