Neuer Kommunikationskanal

Aids-Aufklärung läuft in Südafrika per SMS

28.10.2008
Von pte pte
In Südafrika ist es ein Tabu, offen über Aids zu reden. Daher greifen Hilfsorganisationen auf die SMS zurück, um Betroffene anonym zu erreichen.

Obwohl es zu den Ländern gehört, die weltweit am schwersten von der Aids-Epidemie betroffen sind, ist in Südafrika das Sprechen über die Krankheit weiterhin ein großes Tabu. Eine landesweite Aufklärungs- und Behandlungskampagne will deshalb mit neuen Kommunikationsformen täglich eine Million Menschen erreichen. Dazu sollen SMS-Nachrichten versandt werden, die den Zugang zu Gesundheits- und Beratungszentren erleichtern und zu einem HIV-Test einladen. Die Kampagne trägt die Zulu-Bezeichnung "Masiluleke" für "Hoffnung und Rat" und bildet eine der bisher größten Mobiltelefon-Aktionen im Gesundheitsbereich.

Durch die SMS-Kampagne sollen Kontaktängste gemindert werden.
Durch die SMS-Kampagne sollen Kontaktängste gemindert werden.
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Zinhle Thabethe, Mitbegründerin einer am Projekt beteiligten Organisation zur Aidsaufklärung, bezeichnet Südafrika als "Epizentrum der HIV-Epidemie". Etwa jeder Achte der 47 Millionen Südafrikaner trägt das HIV-Virus in sich und hat oft mit mehreren sozialen Stigmata zu kämpfen, die mit der Krankheit verbunden sind. Besonders männliche Patienten sind von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen. Ein überbelastetes öffentliches Gesundheitssystem und überfüllte medizinische Einrichtungen, in denen auch Tuberkulose weiter verbreitet wird, spitzen die Lage zu. Obwohl HIV-Tests landesweit verfügbar sind und die Behandlung meist kostenlos ist, seien bisher erst fünf Prozent der Bevölkerung getestet, sagte Thabethe. Selbst dieser Anteil der Bevölkerung würde jedoch in der Regel erst kurz vor dem Sterben Hilfe suchen.

Das Mobiltelefon könnte in dieser Situation Abhilfe schaffen, denn fast 90 Prozent der Bevölkerung Südafrikas besitzt ein Gerät. Die "Masiluleke"-Projektentwickler vereinbarten mit der südafrikanischen Mobiltelefongesellschaft MTN, im nächsten Jahr täglich eine Million "Bitte um Rückruf"-Nachrichten zu versenden, die von den weit verbreiteten Prepaid-Geräten empfangen werden können. Nachrichten dafür lauten etwa: "HIV und misshandelt von deiner Familie oder Freunden? Wende dich für vertrauliche Beratung an die Aids-Helpline", oder "Du bist oft krank, müde, verlierst Gewicht und hast Angst, HIV-positiv zu sein? Ruf die Aids-Helpline an". Eine beigefügte kostenlose Telefonnummer verweist an Telefonzentralen, von denen die Anrufer anonym zu Testlaboren oder Medizinern weitervermittelt werden. Aufgabe des Personals sei es außerdem, Hilfe bei Depressionen zu bieten, indem Medikamente vorgeschlagen werden, sagt Thabethe.

Alphonsine Kayinamura-Ihunge von der Aidshilfe Bonn bestätigt gegenüber pressetext die Notwendigkeit, neue Kommunikationskanäle für die Aufklärung zu suchen. "Alle Projekte müssen sich die Frage stellen: Wie können wir uns an die Situation anpassen und die Menschen erreichen?" Online-Beratung oder das Telefon seien auch in Europa Schlüssel für den Zugang Betroffener zu Beratungsangeboten, die Wahrung von Anonymität sei dabei oberstes Prinzip. "Wer HIV-infiziert ist, versucht das zu verheimlichen", so die aus Ruanda stammende Beraterin. (pte)