Anwender setzt sich gegen Firmengeflecht durch:

Absage an verdecktes Herstellerleasing

13.05.1983

FRANKFURT (CW) - Gegen das "verdeckte Herstellerleasing" sprach sich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einer Berufungsverhandlung aus. Die Klage eines Leasingunternehmens auf Fortsetzung der Mietzahlungen, die der Anwender wegen Hard- und Softwaremängeln eingestellt hatte, blieb erfolglos. Die komplizierten Geschäftsverflechtungen zwischen Hardwarehersteller, Hardwareanbieter und Leasinggesellschaft veranlaßten das Gericht, in der Urteilsbegründung auf die Abgrenzung zwischen Finanzierungs-, Hersteller-, und "verdecktem Herstellerleasing" einzugehen.

Der Anwender hatte sich wegen Beschaffung einer DV-Anlage an eine Vertriebsgesellschaft gewandt, die Tochter des DV-Herstellers war. Die Vertriebsgesellschaft schlug eine Finanzierung der Anlage über eine Leasinggesellschaft vor, die gleichfalls Tochter des Herstellers war. Der Anwender schloß alle notwendigen Verträge und bezahlte die ersten Mietraten.

Wegen Mängeln an Hard- und Software trat der Kunde von seinem Vertrag mit der Vertriebsgesellschaft zurück und stellte gleichzeitig die Mietzahlungen an die Leasinggesellschaft ein. Letztere kündigte daraufhin den Vertrag fristlos und klagte auf Kostenerstattung. Die Leasinggesellschaft, so die Argumentation, stehe nicht für Mängel des Mietgegenstandes oder der Software ein. Auch könnten ihr gegenüber nicht Mängel der Software geltend gemacht werden, da sie in dieser Hinsicht nicht Vertragspartner des Anwender sei.

Das Gericht kam nun zu dem Schluß, daß aufgrund der Beteiligungsverhältnisse unter den drei Firmen (Hersteller, Anbieter, Leasinggeber) kein Finanzierungs-, sondern ein verdecktes Herstellerleasing vorlag. Damit sei der Rücktritt vom Vertrag rechtmäßig und die fristlose Kündigung durch die Leasinggesellschaft unwirksam.

Im folgenden ein Auszug aus der Urteilsbegründung, die sich mit den verschiedenen Leasingverfahren befaßt: Dem Urteilsspruch zufolge ist für den Finanzierungsvertrag der Gewährleistungsausschluß typisch: Der Leasinggeber lehnt in der Regel jede Gewähr dafür ab, daß die Leasingsache dem vertragsmäßig vorausgesetzten Gebrauch entspricht und nicht mit Fehlern behaftet ist. Dies ist auch gerechtfertigt und folgt aus der reinen Finanzierungsfunktion des Leasinggebers, dem in aller Regel die notwendige Sachkunde zur Beurteilung der Frage fehlt, ob die Leasingsache mit Fehlern behaftet ist.

Es entspricht daher herrschender Meinung, daß der Leasinggeber bis zur begründeten Wandlungserklärung des Leasingnehmers (beziehnungsweise seinem Rücktritt oder seiner Kündigung) seinen Anspruch auf die Leasingraten behält und es Sache des Leasingnehmers ist, sich mit dem Lieferanten auseinanderzusetzen. Solange die Gewährleistungsansprüche und verwandte Ansprüche zwischen dem Leasingnehmer und dem Lieferanten nicht abschließend geklärt sind, hat der Mieter (Leasingnehmer) kein Recht, den Mietvertrag zu kündigen oder Mietzahlungen zurückzubehalten.

Erst wenn die Klage des Leasingnehmers endgültig erfolgreich ist, ergeben sich Konsequenzen für den Leasingvertrag (Urteil des Senats vom 12. Oktober 1976 in 5 U 6/76, DB 1976, 2104). Auch bei Mängeln der Anlage ist daher bis zur abschließenden Klärung zwischen Lieferant beziehungsweise Hersteller und Leasingnehmer grundsätzlich der Mietzins weiter zu entrichten (BGH, Urteil vom 23. Februar 1977, BGHZ 68, 118 ff., S.127).

Handelt es sich dagegen um ein sogenanntes Herstellerleasing - bei dem der Hersteller (Lieferant) selbst zugleich Leasinggeber ist und bei dem es daher an dem typischen Dreiecksverhältnis fehlt (vergleiche Hiddemann, a.a.O., WM 1978,834) -, so ist die Rechtslage anders. Es ist dann nicht so, daß dem Leasinggeber reine Finanzierungsfunktion zukommt und die notwendige Sachkunde fehlt.

Der Ausschuß der Haftung für Mängel des Mietgegenstandes wäre mit dem Gerechtigkeitsgehalt des dispositiven Rechts nicht vereinbar und daher rechtsmißbräuchlich (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 23. Februar 1977 in 21 U 117/76). Lieferant und Leasinggeber sind in den Fällen der geschilderten Art als eine Gesellschaft anzusehen. "Entgegenstehende Klauseln in den Formularverträgen sind unwirksam, wenn sie zu einer Weiterzahlung der Leasingraten durch den Leasingnehmer führen, obwohl dieser endgültig kein dem Vertragszweck entsprechendes Leasingobjekt erhält".

Die Rechtslage beim "verdeckten" Herstellerleasing entsprechend kann es keinen Unterschied ausmachen, ob ein Unternehmen Herstellung und Leasing unter einer Firma betreibt oder die betreffenden Geschäftszweige rechtlich verselbständigt werden, im Ergebnis aber unter einheitlicher Disposition bleiben. Andernfalls könnte ein Unternehmen den Folgen des Herstellerleasings immer dadurch entgehen, daß es den Betrieb in verschiedene rechtlich selbständige Firmen aufgliedert.