Abnahme in den Verträgen klar regeln:Funktionsprüfung verlagert Konkursrisiko

14.10.1983

Konkurse, ob bei Hersteller oder Anwender, erhöhen die Risiken bei der Abwicklung von Computerverträgen. Die Abnahme des Equipments, ein anwenderfreundliches Regulativ, das meist als Funktionsprüfung genauer definiert wird, wendet sich im Konkurs leicht gegen den Anwender. Eine relativ kleine, aber rechtzeitig vorzunehmende Vertragsumgestaltung kann in vielen Fällen verhindern, daß Anlagen oder Programme nicht geliefert werden und beispielsweise eine geplante Betriebsumstellung im letzten Moment mit großen Folgeschäden platzt.

Gehen wir vom Fall des Konkurses eines Hardwarelieferanten aus. Wurde die Hardware bereits abgenommen, muß der Anwender den Kaufpreis zu Händen des Konkursverwalters bezahlen. Getroffene Ratenzahlungsvereinbarungen bleiben unberührt. Hat der Hersteller seine Lieferungsverpflichtung noch nicht erfüllt, so kann der Konkursverwalter wählen, ob geliefert werden soll oder nicht (° 17 KO).

Im letzteren Fall kann der Anwender nicht vom Vertrag zurücktreten, sondern hat nur einen Schadensersatzanspruch in der Höhe des entgangenen Gewinns. Dieser Anspruch richtet sich gegen die Konkursmasse. Wie alle anderen derartigen Forderungen wird er nur anteilig gekürzt befriedigt - oft erst nach Monaten oder Jahren-, wenn die meist umständliche Prozedur der Forderungsfeststellung abgeschlossen ist.

Da eine solche heruntergequotelte Forderung dem Anwender kaum das nicht gelieferte hochwertige Equipment oder speziell zugeschnittene Programm ersetzen kann, wird er zwangsläufig ein Interesse haben, festzustellen, ab welchem Zeitpunkt der Konkursverwalter kein Wahlrecht mehr hat. Entscheidend hierfür ist, wann das Equipment überlassen wurde: Dem Anwender muß die tatsächliche Gebrauchsmöglichkeit vom Hersteller verschafft worden sein.

Hier tritt eine besondere Problematik bei Computerverträgen zu Tage: In Gebrauch nehmen kann der Anwender eine Anlage erst nach erfolgreichem Abschluß der Furlktionsprüfung. Folglich hat der Hersteller beziehungsweise an seiner Stelle der Konkursverwalter bis zu diesem Zeitpunkt das erwähnte Wahlrecht. Er kann die Herausgabe der Anlage verlangen, obwohl sie schon übergeben wurde.

Was zunächst als Vorteil des Anwenders gedacht war - die zusätzliche ausführliche Funktionsprüfung - wendet sich so zum Gegenteil: Zwar läuft vor dem Abschluß der Funktionsprüfung die Gewährleistungsfrist nicht an, doch ist der Anwender sich seiner Anlage bis zu diesem Zeitpunkt nicht sicher.

Um einiges komplizierter wird die Rechtssituation bei Leasing-Verträgen. Hier erhält der Leasinggeber vom Hersteller die Geräte übereignet und der Leasingnehmer vom Leasinggeber die Hersteller in Konkurs und führt die Funktionsprüfung nicht zu Ende, so muß der Leasingnehmer bei Erfüllungsablehnung durch den Konkursverwalter des Herstellers das Equipment an diesen herausgeben. (Diese Verpflichtung besteht gegenüber dem Leasinggeber, der wiederum der Konkursmasse zur Herausgabe verpflichtet ist.)

Der Leasinggeber erfüllt zwangsläufig seinen Vertrag gegenüber dem Leasingnehmer nicht, da er mangels Abschluß der Funktionsprüfung kein Besitzrecht vermitteln kann. Der Leasingnehmer kann deshalb vom Leasingvertrag zurücktreten und den Leasinggeber für den entstandenen Schaden haftbar machen, während der Leasinggeber aus der Konkursmasse nur einen Teil des ihm entstandenen Schadens ersetzt erhält.

Abnahme in Wartungsvertrag legen

Welche Auswege gibt es? Banken werden nur in wenigen Fällen Bürgschaften für die Erfüllung von Leistungen übernehmen. Auch Sicherungseinbehalte in der Höhe eines Teils des Kaufpreises durch den Leasinggeber bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er ein System nutzen (lassen) kann decken allenfalls geringe Teile möglicherweise entstehender Schäden ab.

Der Konkursverwalter hat das Wahlrecht solange, wie die vertraglich vereinbarte Leistung beiderseitig nicht vollständig erbracht ist. Vorzeitige Restzahlung muß vom Konkursverwalter nicht angenommen werden, sofern Fälligkeit nicht gegeben ist. Auch wenn die Vertragsparteien vereinbaren, daß das Eigentum bereits mit Lieferung beziehungsweise Installation übergehen soll, bleibt andererseits doch noch die Funktionsprüfung zu erbringen. Der Konkursverwalter kann vor Ende der Funktionsprüfung immer noch Erfüllung ablehnen.

Der Anwender kann sich jedoch in vielen Fällen dadurch absichern, daß er im Rahmen des Erwerbsvertrages keine Funktionsprüfung vereinbart, sondern die Verkäuferleistung als mit Installation erbracht ansieht. Zugleich kann er - in notwendiger Ergänzung zu dem Erwerbsvertrag- mit dem Anbieter einen Wartungsvertrag abschließen, der mit einer umfassenden Funktionsprüfung beginnt und in dem während der Laufzeit der kaufvertraglichen Gewährleistung diejenigen Leistungen nicht berechnet werden, die eigentlich kaufvertragliche Gewährleistungen (Nachbesserungen) darstellen.

Keine Wartungsleistung

Fällt der Anbieter nach Lieferung beziehungsweise Installation in Konkurs, hat er seine kaufvertragliche Leistung erfüllt. Der Anwender kann das Equipment behalten und der Konkursverwalter nur für den (erweiterten) Wartungsvertrag Erfüllung ablehnen. Der Anwender erhält dann zwar keine Wartungsleistungen mehr, findet vielfach jedoch leichter ein neues Wartungsunternehmen als etwa einen neuen Lieferanten eines speziell konzipierten Systems.

Bei der verbreiteten Miete von Programmen, Anlagen und Systemen kommt es ebenfalls entscheidend auf die Überlassung des Vertragsgegenstandes an, zu der in Computerverträgen in der Regel Installation und Funktionsprüfung gehören. Wurde das Equipment zur Miete oder auch zum Leasing überlassen, ist der Anbieter (beziehungsweise Leasinggeber) zur Vertragserfüllung verpflichtet und der Konkursverwalter hat nur diejenigen Kündigungsmöglichkeiten, die der Anbieter auch ohne Konkurs hätte.

Spiegelbildlich hierzu verhält es sich in den Fällen des Anwenderkonkurses. Hat der Anwender den Kaufpreis noch nicht voll bezahlt, kann der Konkursverwalter für ihn Erfüllungsablehnung dann wählen, wenn auch zumindest die vertraglich vereinbarte Funktionsprüfung noch nicht abgeschlossen ist. Vom Mietvertrag kann der Anbieter dann zurücktreten, wenn dem in Konkurs gefallenen Mieter die Mietsache noch nicht überlassen worden ist. Erklärt der Vermieter nicht unverzüglich den Rücktritt, kann der Konkursverwalter des Mieters Vertragserfüllung verlangen.

Lehnt der Konkursverwalter die Erfüllung (Mietratenzahlung) ab, hat der Vermieter Schadensersatzansprüche (° 19 Satz 3 KO). Praktischerweise wird der Konkursverwalter also abwarten, ob der Vermieter den Rücktritt vom Vertrag erklärt und damit seinen eventuellen Schadensersatzanspruch verliert oder am Vertrag festhält, um die Konkursmasse nicht unnötig Schadensersatzsprüchen des Anbieters auszusetzen.

Rückgabe der installierten Anlage

War die Mietsache im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bereits überlassen, bleibt der Mietvertrag vom Konkurs unberührt. Allerdings können beide Seiten im Rahmen der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen (° 19 Satz 1KO). Einen Schadensersatzanspruch hat der Vermieter nur, wenn der Mieter (durch den Konkursverwalter) gekündigt hat. Forderungen auf rückständige Mietzins beziehungsweise Leasingraten richten sich gegen die Konkursmasse und begründen für innerhalb von zwölf Monaten rückständigen Mietzins und für Mietzinsforderungen des laufenden und folgenden Jahres Absonderungsrechte auf vorzugsweise Befriedigung.

Bei Leasingverträgen muß schließlich der Anwender nicht nur mit dem Konkurs des Anbieters, sondern auch dem des Leasinggebers rechnen. War hier das Leasinggut noch nicht abgenommen und lehnt der Konkursverwalter des Leasinggebers gegenüber dem Hersteller ab, kann dieser vom Anwender die bereits installierte Anlage ausgesondert verlangen (° 43 KO), wobei sich dieser Anspruch gegen die Konkursmasse des Leasingsgebers richtet, die Wiederung einen Herausgabeanspruch gegen den Leasingnehmer hat. Dem Leasingnehmer verbleibt nur ein Schadensersatzanspruch gegen die Konkursmasse.

Nach Abnahme kann der Leasingnehmer das Leasinggut behalten (° 21 Abs. 1 KO). Die Kaufpreisforderung des Herstellers richtet sich als Konkursforderung gegen die Konkursmasse des Leasinggebers. Hier wird sich der Hersteller grundsätzlich das Eigentum bis zur vollständigen Bezahlung vorbehalten und damit sein Aussonderungsrecht erhalten. An die Stelle des Besitzes des Leasinggutes ist in der Konkursmasse aufgrund Abnahme durch den Leasingnehmer nur ein vertraglicher Rückgabeanspruch getreten.

Risiko beim Hersteller

War diese Verfügung im Vertragsverhältnis Hersteller - Leasinggeber zulässig, ist der Hersteller an sie gebunden. Er kann weder geliefertes Equipment an sich herausverlangen noch die Abtretung von Leasingratenzahlungen, die an die Konkursmasse des Leasinggebers geleistet werden, sondern nur die Verteilung der verbleibenden Masse nach der festzulegenden Quote.

Diese Aufstellung möglicher Fallkonstellationen ließe sich beliebig fortsetzen. Sie zeigt, daß die Abnahme eine wesentliche Rolle in der Verteilung der Konkursrisiken spielt. Im Interesse aller Beteiligten muß deshalb in Computerverträgen klar und eindeutig geregelt werden, ob die Funktionsprüfung Teil der Abnahme ist und erst ihre (erfolgreiche) Beendigung die Gewährleistungsfrist in Lauf setzt und ab wann vor allem Ingebrauchnahme vertraglich zu Recht erfolgen dar. Faustregel: Mit Abnahme geht das Konkursrisiko auf den Hersteller beziehungsweise den Leasinggeber über.