A.T. Kearney: Handlungsbedarf für Green IT ist dringend

11.02.2008
Für 31 Millionen Tonnen CO2 wird die IT allein in Deutschland verantwortlich sein, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Das geht aus einer Studie der Management-Beratung A.T.Kearney hervor.

In der A.T. Kearney-Studie "Von Green-IT zu Green Business – CO2-Reduktion innerhalb und außerhalb des Rechenzentrums" stellt die Management-Beratung fest, dass IT ein wesentlicher Energiekonsument ist und im Jahr 2007 nach Angaben der Unternehmensberatung und Marktforschungsfirma Gartner weltweit pro Jahr etwa 600 Millionen Tonnen an CO2-Emissionen produzierte. Das sind zwei Prozent der gesamten Kohlendioxid-Emissionen und entspricht dem jährlichen CO2-Ausstoß von knapp 320 Millionen Kleinwagen. Um das zu kompensieren, benötigte es ungefähr 60 Milliarden Bäume. In Deutschland wird der durch die Unternehmens-IT verursachte CO2-Ausstoß pro Jahr ohne entsprechende Gegenmaßnahmen bis zum Jahr 2020 um 60 Prozent auf 31 Millionen Tonnen ansteigen.

Insbesondere die IT-Industrie sei gefordert, mit innovativen Konzepten und Lösungen den Energieverbrauch zu senken, sagte Marcus Eul vonA.T.Kearney anlässlich der Vorstellung der Studie vor der Presse in München. Sowohl durch einen energieeffizienteren Betrieb der IT selbst, viel mehr aber noch durch den intelligenten Einsatz von IT in den Geschäftsprozessen könnte die Energiebilanz von Unternehmen erheblich verbessert werden. Dies gelte ganz besonders für die Produktion und Logistik energieintensiver Branchen wie beispielsweise Energie, Stahl und Chemie.

Internet-Nutzung verantwortlich für Anstieg des Stromverbrauchs

Wichtigster Treiber für den rapiden Anstieg des weltweiten Stromverbrauchs von Rechenzentren ist vor allem die rasant steigende Nutzung Internet-basierter Dienste. Die jährlichen Wachstumsraten beispielsweise für den Warenhandel und -verkauf sowie für die Kommunikation und Informationsgewinnung betragen laut Eul 34 Prozent. Hinzu kommen die Zunahme der IT-unterstützten Zusammenarbeit von weltweit verteilten Expertenteams und die Steuerung globaler Unternehmensnetze auf Basis von Internet-Technologien. Ganz konkret bedeutet das einen immer höheren Stromverbrauch für den Betrieb von Hardware und vor allem deren Kühlung.

Energiesparen mit Haken

Durch konsequente Umsetzung von bereits bekannten Energiesparkonzepten könne die IT ihren eigenen CO2-Ausstoß in Summe etwa halbieren, sagte der A.T. Kearney-Mann. Eine der wesentlichen Optionen hierbei sei die Reduktion der physischen Server durch die Virtualisierung und Harmonisierung von Anwendungen. Da Server erfahrungsgemäß durchschnittlich nur weniger als ein Drittel ausgelastet sind, würde dies allein in Deutschland den CO2-Ausstoß um etwa fünf Millionen Tonnen pro Jahr reduzieren.

Durch energieeffiziente Kühllösungen für bestehende Systeme und ein optimiertes Gebäudedesign für zukünftige Rechenzentren könnte etwa eine Million Tonnen CO2 eingespart werden. Green IT bedeutet zudem den Einsatz energieeffizienter Hardware und unter Umständen auch, Hardware und deren Betrieb an energieeffiziente Dienstleister auszulagern, die Leerkapazitäten besser auslasten können. Durch diese Maßnahmen ließe sich der CO2-Ausstoß um weitere vier Millionen Tonnen pro Jahr reduzieren.

Bekannt ist allerdings, dass etwa der Einsatz von Blade-Systemen zwar zu einer Reduktion von Servern führt, weil in Industriegehäusen via Blades eine starke Komprimierung von Hardware stattfindet. Allerdings ist der Aufwand, solche hochintegrierten Blade-Systeme zu kühlen, um einiges höher als bei herkömmlichen Servern.

Forderung nach Energieeffizienklassen auch in der IT

A.T. Kearney fordert, künftig IT-Komponenten ähnlich wie bei Haushaltsgeräte mit Angaben zum Energieverbrauch zu versehen. Daneben müssten die IT-Nutzer beispielsweise durch regelmäßige Energiemessungen und Energietransparenz für einen stromsparenden Umgang mit Notebooks und PCs sensibilisiert werden. Hierbei könnten Initiativen wie etwa ein im Internet verfügbares Electronic Product Environmental Assessment Tool (EPEAT) helfen. Es setzt auf dem IEEE-Standard 1680 auf, wendet sich allerdings bisher nur an amerikanische Käufer. Die können sich vor dem Kauf von IT-Gerätschaft auf eine Website begeben und dort Vergleiche anstellen, welche PCs, Notebooks und Bildschirme besonders stromsparend sind.

Kerngeschäft ist der wesentliche Emissionstreiber

Eul wies darauf hin, dass der Betrieb der IT selbst je nach Branche lediglich zu ein bis drei Prozent zu der gesamten Kohlendioxid-Emission eines Unternehmens beiträgt. Allerdings könne die IT geeignete Hard- und Softwarewerkzeuge zur Verfügung stellen, um auch ein emissionsreduziertes Kerngeschäft des gesamten Unternehmens zu verwirklichen. "So wird die IT zum Klimaretter", sagt Röder. "Da durchschnittlich mehr als 97 Prozent der CO2-Emission eines Unternehmens durch das Kerngeschäft verursacht werden, haben entsprechende Maßnahmen in diesem Bereich auch eine sehr viel höhere Wirkung."

Finanzdienstleister erzeugen durch die weitere Forcierung des Online-Bankings schon heute weniger Kundenverkehr und reduzieren den Papierverbrauch. Bargeldloser Zahlungsverkehr bedeutet auch geringere Produktion von Bargeld und weniger Bargeldtransporte. Telekommunikationsunternehmen sollten, so A.T. Kearney, vermehrt auf die Nutzung zentraler Dienste setzen wie beispielsweise die T-Net-Box. Hierbei handelt es sich um einen kostenpflichtigen Anrufbeantworter für Telefonanrufe und Faxe im Telefonnetz und auf Servern der Deutschen Telekom. Dieser virtuelle Anrufbeantworter in den Vermittlungsstellen speichert bis zu 30 Nachrichten. Mit solchen Optionen würde viel weniger Hardware gebraucht.

Für Autohersteller lohnt sich der Einsatz softwarebasierter Energiesparfunktionen in Autos, zum Beispiel durch Auto-Start-Stop-Funktionen. Computerunterstütztes Design und Simulation in der Produktion sowie eine klimaeffiziente Steuerung der Wertschöpfungskette in den Bereichen Kapazitätsauslastung, Netzwerkdesign und Transporte mittels Best-Practice-PPS-Systeme würden den CO2-Ausstoß nachhaltig verringern, heißt es in der Studie.

Im Handel würde eine effektive Steuerung der Filial- und Zentrallagerbelieferung und der lokalen Beschaffung für weniger Verkehr sorgen und damit für weniger Schadstoffausstoß. Zudem kann die IT mit der Bereitstellung von Handelsplattformen nachhaltig dazu beitragen, die vorhandenen Frachtkapazitäten besser auszulasten. (jm)