A(pple) wie Anmaßung

05.07.1985

Es konnte nicht gutgehen. Bereits Ende vergangenen Jahres zeichnete sich eine Flaute im Mikrocomputer-Markt ab, zuerst im Heimcomputerbereich, wenig später auch bei den sogenannten "Business Personal Computers". Die Läger füllten sich, da die Hersteller die Produktion nicht entsprechend heruntergefahren hatten. Gleichzeitig wurden - gegen alle wirtschaftliche Vernunft - die Mikropreise weiter gesenkt. So wird heute auf ein nur noch leicht steigendes Produktionsvolumen ein immer größerer Berg an Vertrieb und Verwaltung gehäuft. Das ist Harakiri, deren die Gewinne werden immer kleiner.

Bei einigen Anbietern hat sich die Lage inzwischen dramatisch zugespitzt. Wir denken hier nicht an die IBM, die im März 1985 die Produktion ihres Heimcomputers "PCjr." aufgab - überraschend für die Branche, folgerichtig aus der Sicht der blauen Finanzmanager. Gewiß stellte sich das Problem im "Junior"-Geschäft für Big Blue wie aufgezeigt - doch der Einbruch bei seinem Kleinsten tat dem Marktführer nicht weh, dazu blieb der Anteil der PCjr.-Verkäufe am Gesamterlös zu gering.

Auch Digital Equipment sollte man nicht in diesen Zusammenhang rücken. Das marketingintensive "Rainbow"-Geschäft entsprach nicht den Erwartungen des Mini-Marktführers. Heute konzentriert sich DEC auf den VAX-Park - eine marktpolitisch kluge Entscheidung.

Anders die Situation bei Apple - und damit hätten wir unseren Präzedenzfall: Der Mikro-Pionier hat neben dem PC-Geschäft kein zweites Bein, ist abhängig davon, daß der "Macintosh" ein Erfolg wird. Als de facto "Ein-Produkt-Unternehmen" steckt Apple wahrlich in der Klemme. Das von Präsident John Sculley angekündigte Sparprogramm hat zwei Schwerpunkte: Kostensenkung durch Personaleinsparungen und Betriebsstillegungen; ferner Neuerungen im Produktbereich, die auf eine Angebotsstraffung und -vereinheitlichung hinauslaufen (Stichwort: "Modulare Systeme"). Nachdem die "Lisa" eingestellt wurde, soll zwar das betagte Erfolgsprodukt "Apple II", immer noch die Butter-und-Brot-Maschine des Fruchthauses, reaktiviert und aufgemotzt werden, doch dürfte es Brücken (Gateways) zwischen beiden Apple-Familien geben.

Das akute Apple-Problem - die Wachstumsraten der Industrie und der "Lebensstandard" des Herstellers (Managerschulung auf Sylt!) passen nicht zusammen - wird durch die von Sculley verordnete Diät nicht entschärft. Zwar lacht das Herz des Apple-Kassierers, daß mit den Personal-Entlassungen die finanzpolitisch richtigen Entscheidungen getroffen wurden, doch bleibt die Frage der Marktpräsenz: Wie will die Apple-Rumpfmannschaft Stärke demonstrieren und - was viel wichtiger scheint - ihren Kunden den nötigen Support bieten? Beispiel: Es erscheint fast als eine Anmaßung, im "Büro" sein zu wollen, wie Sculley vorgibt, wenn die Produkte ("Mac-Office) noch nicht da sind. Wie will man so, etwa gegenüber gestandenen Großunternehmen, Seriosität als Computerhersteller auf die Beine bringen? Es geht hier immerhin gegen die IBM, die ihre Marktmacht bei den "Large Accounts" über Spezialisten in den zentralen DV-Shops ausübt.

Noch ist nicht zu sehen, daß Apple vom hohen Roß heruntersteigen will. So macht beispielsweise Deutschland-Chef Ralph Deja die schlechte Konjunktur im Computermarkt für die Apple-Schwäche verantwortlich. Diese Aussage ist, was die Bundesrepublik betrifft, schlichtweg falsch. Once again: Wie will Apple Seriosität auf die Beine bringen? Von der Beantwortung dieser Frage hängt es ab, wie heuer die "Apfel"-Ernte ausfällt.