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Großrazzia bei Infineon - Vorstandsmitglied tritt zurück

18.07.2005
Der für die Speicherchips zuständige Infineon-Vorstand Andreas von Zitzewitz ist am Wochenende wegen Korruptionsverdacht zurückgetreten.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Das Vorstandsmitglied der Infineon Technologies AG, Andreas von Zitzewitz, hat mit sofortiger Wirkung seinen Rücktritt erklärt. Dies habe er dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Max Dietrich Kley mitgeteilt, gab das Unternehmen am Samstag in München bekannt.

Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem gegen Zitzewitz wegen Korruptionsverdachts. Bei einer Großrazzia durchsuchten etwa 100 Staatsanwälte, Polizeibeamte und Steuerfahnder am Freitag die Münchner Konzernzentrale sowie 14 Büros und Privathäuser in Deutschland und der Schweiz.

Dem für die Speicherchipsparte zuständigen Zitzewitz sowie dem früheren Infineon-Manager Harald Eggers, der zur Zeit das Schweizer Technologieunternehmen Unaxis leitet, und dem Betreiber der Schweizer Sponsoring-Agentur BF Consulting, Udo Schneider, werden Untreue, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung vorgeworfen. Zitzewitz soll gegen Zahlung sechsstelliger Bestechungsgelder Schneiders Firma Co- Sponsoring-Verträge mit Infineons Zulieferfirmen vermittelt haben. Auch der 2004 bei Infineon ausgeschiedene Eggers soll ähnliche Verträge gegen Zahlungen eingefädelt haben, heißt es.

Anstoß für die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft war eine Äußerung Schneiders vor dem Münchner Landgericht während der Verhandlung eines Rechtsstreits zwischen Schneiders Firma BF Consulting und Infineon. Dabei erwähnte er Zahlungen von 300.000 Euro an von Zitzewitz. Auf Grund dieser Bemerkung begann die Staatsanwaltschaft erste Ermittlungen.

Auch Infineon bestätigte am Samstag auf dpa-Anfrage die Durchsuchung. Das Unternehmen habe ein Auskunftsersuchen der Staatsanwaltschaft erhalten, sagte ein Sprecher. Es gehe um Ermittlungen gegen einzelne Personen und nicht gegen Infineon. Von Zitzewitz galt bislang als Favorit für den Vorstandsvorsitz bei einem möglichen Börsengang der Speicherchipsparte von Infineon.

Der Name Infineon lässt so manchen Kleinaktionär immer noch die Fäuste ballen: Vom Spitzenkurs von mehr als 90 Euro auf dem Höhepunkt der New-Economy-Blase im Jahr 2000 ist die Aktie unter zehn Euro abgeschmiert. Doch messen kann man Infineon allein daran nicht. Der 1999 gegründete ehemalige Siemens-Ableger ist einer der führenden Spieler im globalen Chip-Geschäft und sieht sich zum Beispiel als Weltmarktführer bei Halbleitern für herkömmliche Telekom-Infrastruktur.

Das Geschäft in der Branche - zum Beispiel mit Speicherchips, für die der unter dem Druck von Korruptionsermittlungen zurückgetretene Andreas von Zitzewitz verantwortlich zeichnete - ist jedoch von extremen Schwankungen und Preisverfall geprägt. Im vergangenen Geschäftsjahr (30. September) erwirtschaftete Infineon mit mehr als sieben Milliarden Euro Umsatz gerade einmal 61 Millionen Euro Gewinn. Schon das wurde als Erfolg gefeiert: In den drei vorherigen Geschäftsjahren hatte Infineon Verluste von rund 2,5 Milliarden Euro angehäuft und tausende Jobs gestrichen.

In ruhigem Fahrwasser ist das Unternehmen auch jetzt noch nicht: Im zweiten Geschäftsquartal fiel wegen der Nachfrageschwäche bei Handy-Chips und Umbaukosten für die Kommunikationssparte wieder ein Verlust von 114 Millionen Euro an, der Umsatz schrumpfte um zwölf Prozent. Es laufen weitere Sparprogramme. (dpa/tc)